Dr. Stefan Bischof, Prof. Dr. Sven Sterzenbach
Tz. 29
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Fremdkapitalkosten sind zu aktivieren, sobald kumulativ
- die ersten Ausgaben für die Anschaffung bzw. Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes angefallen sind und
- Fremdkapitalkosten entstanden sind und
- mit den Arbeiten begonnen wurde, die notwendig sind, um den Vermögenswert nutzungsfähig bzw. verkaufsfähig zu gestalten (IAS 23.17).
Tz. 30
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Hieraus folgt, dass der Beginn des Aktivierungszeitraumes nicht mit dem Beginn des technischen Beschaffungs- oder Herstellungsprozesses gleichzusetzen ist. Zu den notwendigen Arbeiten zählen nicht nur die eigentliche Beschaffung oder die physische Herstellung des Vermögenswertes, sondern auch Vorbereitungshandlungen, zB zurechenbare Konstruktions- und Verwaltungsarbeiten, auch dann, wenn diese bereits vor dem eigentlichen Beschaffungs- oder Herstellungsakt erfolgen, zB im Rahmen architektonischer Planungen oder im Laufe von Genehmigungsverfahren (IAS 23.19). Mit der physischen Herstellung des Vermögenswertes muss noch nicht begonnen worden sein. Für den Einbezug solcher Vorbereitungsmaßnahmen in den Aktivierungszeitraum ist jedoch grundsätzlich zu beachten, dass der betreffende qualifizierte Vermögenswert zum Zeitpunkt dieser Vorbereitungsmaßnahmen bereits hinreichend konkretisiert ist, etwa durch externe Aufträge oder betriebsinterne Vorgaben. Eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten vor Erteilung von erforderlichen Genehmigungen scheidet aus, wenn bzw. solange deren Erhalt nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Ändert sich im Genehmigungsprozess die ursprünglich positive Einschätzung dergestalt, dass nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Erhalt der Genehmigung gerechnet wird, ist die Aktivierung von Fremdkapitalkosten einzustellen, die aktivierten Zinsen sind gem. IAS 36 abzuschreiben und der zugrundeliegende Vermögenswert ist auf Wertberichtigungsbedarf hin zu überprüfen (vgl. Ernst & Young, 2021, Chapter 21.6.1). Aufgrund des idR langfristigen Charakters der qualifizierten Vermögenswerte werden häufig auftragsgebundene Planungen zu deren Erwerb oder Errichtung erforderlich sein. Der Beginn solcher Planungsarbeiten ist ein Signal dafür, dass mit den notwendigen Arbeiten begonnen wurde, um den qualifizierten Vermögenswert nutzungsfähig bzw. verkaufsfähig zu gestalten. Weitere Kennzeichen für den Beginn des Aktivierungszeitraumes sind solche Aktivitäten wie die Einrichtung der Baustelle, Abbruch und Beseitigung von Bauhindernissen (zB Gebäuden), Sanierung von Bodenflächen, Erstellung von Zufahrtswegen usw.
Fremdkapitalkosten können dagegen nicht aktiviert werden, wenn der Vermögenswert nur gehalten wird, aber keine Arbeiten daran stattfinden, dh. sich dessen Zustand nicht ändert (IAS 23.21). ZB dürfen Fremdkapitalkosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von zur Bebauung vorgesehenen Grundstücken entstehen, für den Zeitraum zwischen Erwerbsstichtag und Beginn der Erschließungstätigkeiten bzw. Herstellungstätigkeiten für das Gebäude nicht aktiviert werden (IAS 23.19). Dies gilt auch, wenn speziell Fremdmittel für ein Projekt aufgenommen wurden und entsprechend Zinsen anfallen, bevor mit den Arbeiten an dem Projekt angefangen und Ausgaben hierfür getätigt wurden. Demgegenüber sind Fremdkapitalkosten, die während der Erschließung von unbebauten Grundstücken anfallen, nach Maßgabe des IAS 23 zu aktivieren.
Tz. 31
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Aufgrund des Wortlauts in IAS 23.17 ist klargestellt, dass eine Aktivierung von Fremdkapitalkosten erst dann beginnen kann, wenn auch die ersten Ausgaben für den Vermögenswert angefallen sind. Die Aufnahme von Krediten und der Beginn des Anfalls von Zinszahlungen vor diesem Zeitpunkt sind für den Aktivierungsbeginn unbeachtlich. Gleiches gilt, wenn der Beginn der erforderlichen Arbeiten vor der ersten Ausgabe für den Vermögenswert liegt. Dh., vor diesem Zeitpunkt angefallene Zinsaufwendungen sind als Aufwendungen der Periode zu erfassen (vgl. IDW, 2016, Tz. 25f.).
Unerheblich für die Aktivierung der Fremdkapitalkosten ist es, ob der Bilanzierende den Vermögenswert selbst, unter Zuhilfenahme von Subunternehmern oder vollständig durch Dritte herstellen lässt. Leistet das Unternehmen an einen Dritten (An)Zahlungen, so determiniert diese Zahlung nicht ohne Weiteres den Aktivierungsbeginn. Dieser liegt erst vor, wenn auch die anderen Voraussetzungen des IAS 23.17, also Anfall von Fremdkapitalkosten für die Finanzierung der geleisteten Zahlung und Beginn der erforderlichen Arbeiten durch den Dritten, gegeben sind. Hierbei kann nicht pauschal angenommen werden, dass der Dritte mit der Zahlung gleichzeitig auch mit den Arbeiten begonnen hat (vgl. IDW, 2016, Tz. 27; Ernst & Young, 2021, Chapter 21.6.1).
Im September 2018 befasste sich das IFRS IC mit einer Anfrage zur Höhe der Fremdkapitalkosten, wenn das Unternehmen eine allgemeine Fremdfinanzierung zur Erstellung eines qualifizierten Vermögenswertes verwendet. In dem betrachteten Sachverhalt errichtet das Unternehmen ei...