Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 33
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Der beizulegende Zeitwert ist der Preis, der im Rahmen einer Veräußerung eines Vermögenswertes bzw. bei der Übertragung einer Schuld in einer gewöhnlichen Transaktion auf dem Hauptmarkt bzw. auf dem vorteilhaftesten Markt am Stichtag festgelegt würde. Hierbei ist der geforderte Stichtagsbezug stets streng auszulegen, sodass auch außergewöhnliche Ereignisse am Bewertungsstichtag (zB starke Kursschwankungen) keine Glättung des beizulegenden Zeitwertes und daran anknüpfender Ergebniswirkungen rechtfertigt (vgl. IDW RS HFA 47, Tz. 3; Zwirner/Boecker, IRZ 2014, S. 51).
Tz. 33a
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Der Fair Value stellt auf den am Absatzmarkt geltenden Preis ab. Bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes dürfen indes nicht nur direkt beobachtbare Transaktionspreise zur Bewertung eines Vermögenswertes bzw. einer Schuld herangezogen werden. Vielmehr ist es nicht als Widerspruch zur Veräußerungskonzeption zu werten, den Fair Value modellgestützt zu ermitteln, sofern keine direkt beobachtbaren Transaktionspreise zur Verfügung stehen (vgl. Wieland-Blöse/André, in: Internationales Bilanzrecht, IFRS 13, Tz. 144). Der IASB bezieht sich hierbei ausschließlich auf einen Veräußerungspreis, denn es wird nur der für einen Vermögenswert erzielbare bzw. der für die Übertragung einer Schuld zu entrichtende Preis betrachtet. Diese Sichtweise ist auch konsequent bei der Bestimmung der jeweiligen Inputparameter zu berücksichtigen (vgl. Tettenborn/Straub/Rogler, IRZ 2012, S. 484–487). Hierbei handelt es sich insofern um eine Änderung gegenüber den vormals geltenden Regelungen, als dass vor IFRS 13 kein ausdrücklicher Bezug zum Absatzmarkt vorgegeben war (IFRS 13.BC30 (a)). Folglich konnte der beizulegende Zeitwert sowohl ein Veräußerungspreis (exit price) als auch ein Zugangspreis (entry price) sein.
Tz. 34
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die Frage, ob der Preis des Absatz- oder des Beschaffungsmarktes als Inputparameter für die Bewertungsmodelle verwendet werden soll, wird bereits seit Jahren kontrovers diskutiert. Einerseits wird argumentiert, dass – bspw. falls betrieblich genutztes Vermögen aufgrund von individuellen Anpassungen nur mit Preisabschlägen veräußert werden kann – eine Absatzmarktorientierung nicht zweckgerecht sei. Auch entstehe zB bei Preissteigerungen auf dem Beschaffungsmarkt von innerbetrieblich verwendetem Vermögen ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, der bei der Relevanz des Absatzmarktes unberücksichtigt bliebe (vgl. Löw/Antonakopoulos/Weiland, WPg 2007, S. 737).
Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass der "potenzielle Glattstellungspreis (exit price) […] den am Markt erwarteten, einwertig verdichteten Nutzenbeitrag eines Vermögenswertes bzw. den mit einer Schuld verknüpften Nutzenabfluss reflektier[e]" (Hitz, WPg 2007, S. 365) und folglich im Einklang mit der Definition eines Vermögenswertes bzw. einer Schuld auf den Absatzmarkt rekurriere. Der IASB schließt sich dieser Sichtweise an. In IFRS 13.BC39 wird verdeutlicht, dass ein Unternehmen zwar die Absicht haben kann, den zu bewertenden Vermögenswert zu halten und innerbetrieblich zu nutzen. Nichtsdestotrotz repräsentiert der Veräußerungspreis die Erwartungen hinsichtlich der aus dem Vermögenswert resultierenden Zahlungsströme, da diese die Zahlungsbereitschaft der Marktteilnehmer bestimmen (analog für Schulden in IFRS 13.BC40). Hierfür ist es letztlich unerheblich, ob der Erwerber die künftigen Nutzenzuflüsse aus einer Veräußerung des Vermögenswertes oder aus dessen Einsatz in der Produktion generiert (vgl. Peemöller, in: Handbuch IFRS 2011, Abschn. 6, Tz. 47). Analog lässt sich diese Argumentation auf die nunmehr vertretene Abgangsfiktion für Schulden übertragen. Aus diesen Gründen ist nach IFRS 13.34 stets auf den Absatzmarkt und folglich im Rahmen der Fair-Value-Bewertung auf den Veräußerungspreis abzustellen.
Tz. 34a
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Nach Ansicht des Boards werden sich idR keine Unterschiede zwischen einem exit price und einem entry price ergeben (IFRS 13.BC33f.). Unterschiede zwischen den Zeitwerten auf der Basis eines exit price bzw. eines entry price wären in erster Linie aufgrund von Marktunvollkommenheiten zu erwarten. Dies kann trotz kontinuierlich effizienter werdenden Kapitalmärkten nicht negiert werden, va. wenn es um Bewertungsparameter geht, die nicht direkt beobachtbar sind. Bei einer perfekten Informationsversorgung der Marktteilnehmer wären jene Wertansätze hingegen identisch (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS-Kommentar, 16. Aufl., § 8a, Tz. 13).
Eine strukturelle Wertdifferenz zwischen dem exit price und dem entry price stellt sich jedoch für den Spezialfall der Auktion ein. Da das bilanzierende Unternehmen als Erwerber den Vermögenswert mit dem höchsten abgegebenen Gebot (entry price) ersteigert hat und folglich bei der iSd. Bewertungskonzeption des IFRS 13 unterstellten Veräußerungssicht lediglich der zweithöchste bei der Auktion gebotene Preis realisiert werden ka...