Gregor A. Bartle, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otto H. Jacobs
Tz. 85
Stand: EL 45 - ET: 11/2021
Bei Vorratsgegenständen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht durch eine Einzelbewertung ermittelt werden, können die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten mittels des Verbrauchsfolgeverfahrens First-in-first-out (Fifo) bestimmt werden. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass es sich um große Stückzahlen von idR austauschbaren Gütern handelt. Die Verwendung des Fifo-Verfahrens geht von der Annahme aus, dass die Vorratsgegenstände, die zuerst beschafft wurden, zuerst wieder verkauft oder verbraucht werden (IAS 2.27). Der verbleibende Bestand an Vorräten am Ende der Berichtsperiode setzt sich folglich aus den zuletzt beschafften bzw. produzierten Gütern zusammen.
Das in gleicher Weise in § 256 Satz 1 HGB genannte Verbrauchsfolgeverfahren führt zu einer Bestandsbewertung, die die aktuellen Wertverhältnisse auf den Beschaffungsmärkten widerspiegelt, da die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der zuletzt beschafften Güter für den Bilanzansatz maßgebend sind. Diese zeitnahe Darstellung der Vermögenslage kann zu Lasten einer korrekten Darstellung der Ertragslage erfolgen, da im Falle steigender Preise der Ausweis von Scheingewinnen möglich wird (bei fallenden Preisen kann sich entsprechend am Bilanzstichtag die Notwendigkeit einer Abschreibung nach dem strengen Niederstwertprinzip auf den niedrigeren beizulegenden Zeitwert ergeben; vgl. ADS, 6. Aufl., § 256 HGB, Tz. 11; Grottel/Huber, in: Beck Bil.-Komm., § 256 HGB, Tz. 59).
Beispiel:
Das Spezialchemieunternehmen A erwirbt zu verschiedenen Zeitpunkten und zu unterschiedlichen Preisen und Mengen Magnesium. Bei Anwendung des Fifo-Verfahrens ergibt sich die Vorratsbewertung zum Ende der Berichtsperiode wie folgt:
|
ME |
AK/ME |
Gesamtwert |
Anfangsbestand 1. Januar |
100 |
5 GE |
500 GE |
Zugang 1 |
20 |
6 GE |
+ 120 GE |
Zugang 2 |
30 |
7 GE |
+ 210 GE |
Abgang 1 |
– 140 |
100 à 5 GE, 20 à 6 GE, 20 à 7 GE |
– 760 GE |
Zugang 3 |
70 |
10 GE |
+ 700 GE |
Abgang 2 |
– 50 |
10 à 7 GE, 40 à 10 GE |
– 470 GE |
Endbestand 31. Dezember |
30 |
10 GE |
300 GE |
Tab. 3: Beispiel: First-in-First-out