Prof. Dr. Andreas Barckow, Jens Berger
Tz. 209
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Wie bereits im Definitionsteil dieser Kommentierung ausgeführt (vgl. Tz. 108), legt der IASB dem Grunde nach fest, dass lediglich derivative Finanzinstrumente als Sicherungsinstrumente in Frage kommen. Abgesehen davon, dass Sicherungsmaßnahmen in der betrieblichen Risikosteuerung tatsächlich idR mittels Einsatz von Derivaten getätigt werden, dürfte der Hauptgrund für diese Beschränkung aus bilanzieller Sicht darin zu sehen sein, dass sich Ansatz und Bewertung dieser Finanzinstrumente bei einer Verwendung als Sicherungsinstrument nicht ändern: Derivate sind stets zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, unabhängig davon, ob sie zu Handels- oder Sicherungszwecken eingesetzt werden.
Tz. 210
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Der IASB lässt für die Sicherungsbilanzierung grundsätzlich jede Art derivativer Finanzinstrumente als Sicherungsinstrument zu, vorausgesetzt, es erfüllt die an diese gestellten allgemeinen Anforderungen (vgl. Tz. 241). Eine Ausnahme von einer unbeschränkten Verwendung besteht gleichwohl hinsichtlich der bilanziellen Nichtanerkennung (netto) geschriebener Optionen (vgl. IAS 39.72 und 77). Dies ist auch nachvollziehbar, da bei geschriebenen Optionen die Chance auf die erhaltene Prämie begrenzt ist, während das mit ihnen verbundene Risiko uU unbegrenzt hoch ist (das ist bei geschriebenen Kaufoptionen der Fall; vgl. IAS 39.AG94). Anders ausgedrückt: Ein Geschäft, das selbst ein unbegrenztes Risiko aufweist, taugt nicht zur Absicherung eines risikobehafteten Geschäfts. Wenn eine Sicherung bewirkt werden soll, dann muss das Geschäft geeignet sein, eine Risikominderung herbeizuführen, und das ist bei (netto) geschriebenen Optionen schlicht nicht der Fall. Die Betonung auf "netto" soll verdeutlichen, dass Optionskombinationen für die bilanzielle Abbildung einer Sicherungsbeziehung durchaus in Frage kommen, allerdings nur dann, wenn infolge des Zusammenwirkens verschiedener Optionen per Saldo nicht eine risikoerhöhende Wirkung von ihnen ausgeht, was bspw. darin zum Ausdruck käme, dass das Unternehmen aus der Gesamttransaktion eine Prämie erhält (vgl. IAS 39.AG94 und IG.F.1.3; so auch Kuhn/Scharpf, 2006, Tz. 2047).
Tz. 211
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Eine Rückausnahme vom Verbot des Einsatzes netto geschriebener Optionen sieht der Board indes in Fällen vor, in denen sie als "Sicherungsinstrument" für eine gekaufte Option eingesetzt werden (vgl. IAS 39.AG94 und IG.F.1.3). Gekaufte Optionen setzen das bilanzierende Unternehmen grundsätzlich nur einem sehr begrenzten Marktpreisrisiko aus (wohl aber einem Bonitätsrisiko, das sich aber durch den Einsatz der geschriebenen Option auch nicht mindern lässt): Die Option kann wertlos werden und ungenutzt verfallen; das "Risiko" besteht in diesem Fall lediglich im möglichen Verlust der bereits entrichteten Prämie, nicht aber im möglichen Hinnehmen eines darüber hinausgehenden Schadens. Damit aber wird die (netto) geschriebene Option(skombination), die das Risiko entfaltet, zu einem Sicherungsinstrument gewillkürt, das es realiter aber nicht ist. Zu hinterfragen ist in diesem Zusammenhang auch die beispielhafte Erläuterung "for example, a written call option used to hedge a callable liability" (IAS 39.AG94), weil man nun mal mit einem risikoverursachenden Geschäft finanzwirtschaftlich keine Risikominderung erzielen kann. Die Aussage kann daher wohl nur so verstanden werden, dass der IASB die insbesondere in der Zinssicherung verbreitete Praxis, eine Kombination aus gekauften und verkauften Optionen einzusetzen, auch für bilanzielle Zwecke zulassen wollte. Derartige Kombinationen werden häufig aus Kostengründen gewählt, um die Zahlung einer Optionsprämie zu umgehen (bspw. sog. Zero Cost Collar): Gegen den "Erlass" einer Prämie verzichtet das Unternehmen auf eine gewisse Chance, muss dafür im Gegenzug aber auch nicht unbegrenzt ins Risiko gehen.
Tz. 212
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Derivate kommen nur dann als Sicherungsinstrument einer bilanziellen Sicherungsbeziehung in Betracht, wenn sie mit einem fremden Dritten kontrahiert wurden. Das bedeutet, dass der Einsatz sog. interner Geschäfte nicht zu einer Abbildung im Abschluss berechtigt (vgl. IAS 39.73). Der IASB begründet das Verbot mit den allgemeinen Konsolidierungsgrundsätzen: Geschäfte, die konzernintern abgeschlossen würden, hätten im Konzernabschluss des Mutterunternehmens nichts zu suchen und seien entsprechend mit all ihren buchhalterischen Folgen zu eliminieren (vgl. diesbzgl. IFRS 10.B86 (c) sowie IAS 39.BC165 und 170f.). Entsprechendes gilt für den Einzelabschluss eines Unternehmens, wenn die Geschäfte zwischen zwei Abteilungen oder Bereichen abgeschlossen werden (vgl. IAS 39.IG.F.1.4). Zulässig ist indes die Designation eines konzernintern abgeschlossenen Derivats in den jeweiligen Einzelabschlüssen der Kontraktpartner, weil diese aus Unternehmenssicht wie fremde Dritte zu werten sind (vgl. IAS 39.73 und BC172). Von der apodiktischen Absage an eine Anerkennung interner Geschäfte für bi...