Tz. 125

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Bevor ein Unternehmen prüfen kann, ob es zur Ausbuchung eines finanziellen Vermögenswerts berechtigt ist, sind vorab zwei Aspekte zu klären: aus wessen Sicht und was soll ausgebucht werden? Die Frage nach dem "wer" bezieht sich auf die Abschlussperspektive, aus der die Ausbuchungsprüfung vorgenommen werden soll – Einzel- oder Konzernabschluss. Erfolgt die Prüfung für einen Konzern, sind zunächst sämtliche Tochtergesellschaften einschließlich aller Zweckgesellschaften zu konsolidieren und erst dann die Ausbuchungsprüfung vorzunehmen (vgl. IFRS 9.3.2.1 iVm. IFRS 10). Dahinter steht faktisch die Frage, an wen ein Unternehmen finanzielle Vermögenswerte übertragen hat: an ein beherrschtes Unternehmen des Konzerns oder an einen fremden Dritten. Nur dann, wenn der Vermögenswert die Konzernsphäre verlassen hat, kommt überhaupt eine Ausbuchung in Frage (vgl. IFRS 9.B3.2.3 und BCZ3.24).

 

Tz. 126

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Sodann ist das Bezugsobjekt der Ausbuchungsprüfung festzulegen: Soll ein einzelner finanzieller Vermögenswert ausgebucht werden oder lediglich ein Teil eines Vermögenswerts? Bezieht sich die Beurteilung auf einen einzelnen Vermögenswert oder auf mehrere Vermögenswerte? Gleichartige Vermögenswerte – dh. Posten mit vergleichbaren Zahlungsstrommerkmalen, Währungen, Zahlungsterminen etc. – können zu einem Portfolio zusammengefasst und diese dann gemeinschaftlich einer Evaluierung unterzogen werden, während für verschiedenartige Vermögenswerte getrennte Prüfungen vorzunehmen sind. Das IFRS Interpretations Committee wurde gefragt, wie "gleichartig" auszulegen sei. Das Gremium verwies den Sachverhalt infolge des anhängigen Agendaprojekts an den Board. Jener entschied, dass eine Beurteilung – abgesehen von der Prüfung auf die wesentlichen Ausstattungsmerkmale – von Kassainstrumenten und Derivaten getrennt zu erfolgen habe; ferner regelt er, dass Derivate, die sowohl die Ausprägung eines Vermögenswerts wie einer Schuld annehmen können (symmetrische Termingeschäfte wie bspw. Swapgeschäfte), sowohl die Ausbuchungsprüfung für Vermögenswerte als auch jene für Verbindlichkeiten bestehen müssten, um ausgebucht werden zu dürfen (vgl. IASB Update September 2006, S. 6 sowie IFRIC Update March 2009, S. 3). Der IASB bestimmt ferner in seinen Leitlinien, dass das Bezugsobjekt der Ausbuchungsprüfung grundsätzlich der finanzielle Vermögenswert in seiner Gesamtheit ist, es sei denn, es handelt sich um einen abgegrenzten Teil, der eine der folgenden drei Eigenschaften erfüllt (vgl. IFRS 9.3.2.2(a) iVm. BCZ3.13):

  • Bei dem Teil handelt es sich um speziell gekennzeichnete Zahlungsströme aus dem finanziellen Vermögenswert (resp. der Gruppe gleichartiger finanzieller Vermögenswerte). Als Beispiel führt der IASB Zinsstrips an, die ohne den Tilgungszahlungsstrom übertragen werden;
  • der Teil stellt einen vollends proportionalen Teil sämtlicher Zahlungsströme aus dem finanziellen Vermögenswert dar. Hier ließe sich als Beispiel die Weitergabe der Hälfte aller Zahlungen aus einer Schuldverschreibung anführen. Klarstellend gibt der IASB an, dass bei einer Weitergabe an mehrere Parteien nicht jeder Empfänger zwingend einen proportionalen Anteil erworben haben muss – entscheidend sei lediglich, dass der übertragene und der zurückbehaltene Teil an dem Vermögenswert vollends proportional sein müssen. Es wäre demnach möglich, dass ein Unternehmen die Hälfte aller Zahlungen aus einer Schuldverschreibung an zwei Unternehmen weiterleitet, von denen eines zum Empfang der Zinszahlungen und das andere zum Bezug der Tilgung berechtigt ist;
  • der übertragene Teil ist eine Kombination aus den beiden vorstehenden Alternativen, also ein vollends proportionaler Teil eines speziell gekennzeichneten Zahlungsstroms (bspw. die Weitergabe von 75 % aller Zinszahlungen aus einer Schuldverschreibung).
 

Tz. 127

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Das eigentliche Ausbuchungsprinzip findet sich in IFRS 9.3.2.3. Danach darf ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert nur in ganz eng umrissenen Umständen ausbuchen. Die gewählte Formulierung "nur dann, wenn" (when, and only when) deutet darauf hin, dass der IASB eine vergleichsweise hohe Hürde aufstellt. Im englischsprachigen Sprachraum wird dies mit dem anschaulichen Attribut "stickiness" belegt: Finanzielle Vermögenswerte "kleben" quasi an der Bilanz eines Unternehmens und lassen sich nur unter besonderen Umständen wieder loswerden (vgl. Deloitte LLP 2018, S. 599). Dies ist der Fall, wenn entweder

  1. die vertraglichen Rechte an den Zahlungsströmen aus dem Vermögenswert ausgelaufen sind oder
  2. das Unternehmen den finanziellen Vermögenswert auf einen Dritten überträgt (transfers) und bestimmte Bedingungen, die zur Ausbuchung berechtigen, erfüllt sind (vgl. IFRS 9.3.2.3; s. a. Kuhn/Scharpf 2006, Tz. 955ff.).
 

Tz. 128

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Finanzielle Vermögenswerte sind auf jeden Fall dann auszubuchen, wenn die Rechte an den Zahlungsströmen ausgelaufen sind. Dies kann sachlich auf zwei Umstände zurückzu...

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