Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 124
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Entsprechend der Definition von Vermögenswerten respektive immateriellen Vermögenswerten ist ihnen ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen inhärent. Im Laufe der Zeit kann dieser künftige Nutzen indes verbraucht werden, wenn die Nutzungsdauer begrenzt ist. Aufgabe der planmäßigen Abschreibung ist es, diesen Verbrauch an bewertetem wirtschaftlichem Nutzen eines immateriellen Vermögenswertes systematisch, dh. planmäßig, im Jahresabschluss des berichterstattenden Unternehmens abzubilden. Eine solche planmäßige Verteilung des bewerteten Nutzens eines (immateriellen) Vermögenswertes wird dadurch erreicht, dass die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (oder der Neubewertungsbetrag als Ersatzbetrag) vermindert um einen möglichen Restwert über die Nutzungsdauer des immateriellen Vermögenswertes verteilt werden (IAS 38.80). Der jährliche Abschreibungsbetrag ist daher unter Berücksichtigung der folgenden Komponenten zu berechnen:
1) |
historische Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (oder der Neubewertungsbetrag als Ersatzbetrag) (vgl. Tz. 77–105; zudem vgl. Tz. 115 für die Bestimmung des Neubewertungsbetrags); |
2) |
Nutzungsdauer (vgl. Tz. 128–136); |
3) |
Abschreibungsmethode (vgl. Tz. 137–138); |
4) |
Restwert (vgl. Tz. 139f.). |
Tz. 125
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Planmäßige Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte sind grundsätzlich als Aufwand in der GuV zu erfassen, unabhängig davon, ob der beizulegende Zeitwert, der Ertragswert oder der Wiederbeschaffungswert eines immateriellen Vermögenswertes möglicherweise gestiegen ist. Dh., die planmäßige Abschreibung ist sowohl bei Anwendung des Anschaffungskostenmodells als auch bei Anwendung des Neubewertungsmodells zu berechnen und als Aufwand in der GuV zu erfassen, sofern diese nicht nach einem anderen Standard zu aktivieren ist. Sofern die anteilige Abschreibung von immateriellen Vermögenswerten (zB von einem Quellprogramm) bspw. Bestandteil der Herstellungskosten von Vorräten (zB von vervielfältigten Software-CDs, die massenhaft vermarktet werden) ist, sind diese Herstellungskosten-Bestandteile, solange die Vorräte noch im Bestand sind, in den Buchwert der Vorräte einzubeziehen (IAS 38.99).
Tz. 126
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Im Rahmen der Überarbeitung des IAS 38 hat der IASB analog zur Bewertung eines derivativen Goodwills (IFRS 3.54) eingeführt, dass immaterielle Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer nicht planmäßig abzuschreiben sind (IAS 38.107). Für immaterielle Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer ist im Unterschied zu immateriellen Vermögenswerten mit begrenzter Nutzungsdauer trotz der Analyse aller relevanten Faktoren (hierzu vgl. Tz. 128) keine Begrenzung des Nutzenzuflusses erkennbar. Aufgrund der fehlenden planmäßigen Abschreibung von immateriellen Vermögenswerten mit unbestimmter Nutzungsdauer werden an die Prüfung einer möglichen außerplanmäßigen Wertminderung gem. IAS 38.108 höhere Anforderungen gestellt (hierzu vgl. Tz. 142). Zudem ist gem. IAS 38.109 jährlich zu prüfen, ob die Annahme der unbestimmten Nutzungsdauer weiterhin gerechtfertigt ist (hierzu vgl. Tz. 130).
Tz. 127
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Im Folgenden werden die einzelnen Komponenten zur Berechnung des Abschreibungsbetrags erläutert. Die historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und der Neubewertungsbetrag wurden bereits in Abschnitt C.II. (vgl. Tz. 77–100) bzw. Abschnitt C.IV.3.c) (vgl. Tz. 115) ausführlich erläutert. Die Bestimmung des Restbuchwertes wird in Abschnitt C.IV.4.d) (vgl. Tz. 139f.) und die Bestimmung der Abschreibungsmethode in Abschnitt C.IV.4.c) (vgl. Tz. 137–138) ausführlich erörtert. Zunächst werden indes im nachfolgenden Abschnitt die Vorschriften zur Bestimmung der Nutzungsdauer und damit die Abgrenzung von immateriellen Vermögenswerten mit begrenzter und solchen mit unbestimmter Nutzungsdauer erläutert (vgl. Tz. 128–136).