Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 18
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Mit dem Kriterium der Identifizierbarkeit sollen die immateriellen Vermögenswerte vom Geschäfts- oder Firmenwert bzw. von den Gütern, die dem Geschäfts- oder Firmenwert zuzuordnen sind, abgegrenzt werden (IAS 38.11 sowie Baetge/Kirsch/Thiele, 2019, S. 290). Ziel der Überarbeitung des IAS 38 in 2004 war es ua. dieses Kriterium zu präzisieren (IAS 38.BC9f.). Hierzu wurde vom IASB in IAS 38.12 klargestellt, dass das Kriterium der Identifizierbarkeit erfüllt ist, wenn ein immaterielles Gut separierbar ist oder aus vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten entsteht.
Ein immaterieller Vermögenswert ist separierbar wenn ein immaterieller Vermögenswert vom Unternehmen getrennt werden kann und somit separat verkauft, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden kann (IAS 38.12 (a)). Die Frage der Separierbarkeit ist dabei unabhängig von der Absicht des Managements, das immaterielle Gut tatsächlich separat zu verkaufen oÄ. Zur Erfüllung des Kriteriums der Separierbarkeit ist es mithin hinreichend, wenn das immaterielle Gut (ggf. in Verbindung mit einem Vertrag, einem Vermögenswert oder einer Schuld) potenziell verwertbar ist. Sofern das immaterielle Gut indes nur mit dem Unternehmen als Ganzes verwertbar ist, ist das Kriterium der Separierbarkeit nicht erfüllt.
Ein immaterieller Vermögenswert kann alternativ zum Kriterium der Separierbarkeit aus vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten entstehen, unabhängig davon, ob diese Rechte getrennt vom Unternehmen oder von anderen Rechten und Verpflichtungen übertragbar oder separierbar sind (IAS 38.12 (b)). Damit sind auch solche Rechte identifizierbar, die mit einer natürlichen oder juristischen Person verbunden sind. Dies betrifft zB Schankkonzessionen oder Softwarelizenzen, für die die Übertragung oder sonstige Verwertung vertraglich ausgeschlossen ist.
Da es für die Erfüllung des Kriteriums der Identifizierbarkeit hinreichend ist, wenn ein immaterielles Gut entweder separierbar ist oder alternativ ein Recht darstellt, sind immaterielle Vermögenswerte denkbar, die beide Identifizierbarkeits-Kriterien erfüllen (zB Patentrechte), solche die ein nicht separierbares Recht darstellen (zB einfache respektive nicht übertragbare Lizenzen) sowie solche, die zwar kein Recht verkörpern, aber separierbar sind (zB ungeschützte Erfindungen) (für weitere Beispiele zu den drei Fällen nach deutschem Recht vgl. von Keitz, 1997, S. 6f. sowie Küting/Dawo, BFuP 2003, S. 397–400). Immaterielle Güter, die, wie Standortvorteile, hingegen weder Rechte darstellen noch separierbar sind, sind keine immateriellen Vermögenswerte iSd. IAS 38 (vgl. Lüdenbach, 2019, S. 77; Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 142).