Tz. 67

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Das bilanzierende Unternehmen hat zunächst zu beurteilen, ob eine Leistungsverpflichtung zeitraum- oder zeitpunktbezogen erfüllt wird. Eine zeitraumbezogene Verpflichtungserfüllung, die zu einer leistungsproportionalen Umsatzerfassung führt, liegt annahmegemäß vor, wenn eines von drei in IFRS 15.35 aufgeführten Kriterien erfüllt ist. So vollzieht sich der Kontrollübergang mit fortschreitender Leistungserbringung, wenn der Kunde den Nutzen aus der unternehmerischen Leistung gleichzeitig erhält und konsumiert (IFRS 15.35(a)). Dies ist bei den meisten Dauerschuldverhältnissen bzw. Dienstleistungsverträgen über die Erbringung wiederkehrender oder routinemäßiger Leistungen gegeben, wie bspw. bei Reinigungsleistungen eines Gebäudes oder der Erstellung von Gehaltsabrechnungen (IFRS 15.B3; IFRS 15.IE 67 f.; vgl. Heintges et al., Erfahrungen aus der An­wendung, WPg 2015, S. 581).

 

Tz. 68

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die kontinuierliche Nutzenziehung kann für einige Dienstleistungsverträge, bspw. Transportverträge, jedoch nur subjektiv beurteilt werden, weshalb ein weiteres Hilfskriterium heranzuziehen ist (IFRS 15.BC126). Der Kunde zieht demnach aus der fortschreitenden Leistungserbringung einen Nutzen, wenn ein anderes Unternehmen den Vertrag übernehmen und ausstehende Vertragsleistungen erfüllen könnte, ohne bereits ausgeführte Leistungen noch einmal erbringen zu müssen (IFRS 15.B4; IFRS 15.BC126). Beispielhaft gilt dies für den Transport von Waren, die nur die Hälfte der Strecke geliefert werden; ein anderes Unternehmen müsste die Waren in diesem Fall nicht erneut den gesamten Weg transportieren, sondern könnte die Lieferung auf halber Strecke übernehmen (IFRS 15.BC126). Anders ist dies bspw. bei Beratungsleistungen, bei denen die Erstellung eines Gutachtens vereinbart wurde. Der Kunde erhält dabei den Nutzen erst aus dem fertigen Gutachten; sofern das Unternehmen seine Leistung nicht erfüllen kann und während der Gutachtenerstellung ein anderes Unternehmen beauftragt wird, müsste dieses die gesamte Leistung erneut erbringen (IFRS 15.IE69 f.). Bei der (hypothetischen) Beurteilung hat ein Unternehmen mögliche vertragliche oder praktische Einschränkungen, die es normalerweise daran hindern würde, ausstehende Leistungsverpflichtungen an ein anderes Unternehmen zu übertragen, nicht zu berücksichtigen (IFRS 15.B4(a); IFRS 15.BC127).

 

Tz. 69

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Das Kriterium der kontinuierlichen Nutzenziehung ist nach Ansicht des IASB nicht auf Verträge anzuwenden, bei denen der Kunde die Leistung nicht zeitgleich mit der unternehmerischen Leistungserbringung konsumiert (IFRS 15.BC128). Dies betrifft typischerweise Verträge über die Erstellung eines Vermögenswerts, wie bspw. Fertigungsaufträge (IFRS 15.BC128). Insbesondere Transportverträge, die im Rahmen eines Werkvertrags geschlossen werden, können daher nicht durch ein anderes Unternehmen (teilweise) ausgeführt werden – obwohl das Hilfskriterium gerade anhand von diesem Vertragstyp konkretisiert wird –, da nicht eine kontinuierliche Leistung, sondern das Ergebnis in Form eines Gesamtwerks geschuldet wird (vgl. Wüstemann/Wüstemann, WPg 2014, S. 934). Der Kontrollübergang bei dem Werkvertragsrecht zugehörigen Transportverträgen ist demnach entsprechend der beiden anderen Kriterien zu beurteilen (ferner vgl. IFRS 15.BC128).

 

Tz. 70

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Bei der Erfassung von Umsatzerlösen aus Rohstofflieferungen ("commodities"), bspw. Strom- oder Gaslieferungen, die kontinuierlich bereitgestellt werden, ist es vom zugrunde liegenden Leistungsversprechen abhängig, ob die Kontrolle zeitraumbezogen übergeht. Dabei sind alle relevanten Fakten und Umstände, wie spezielle vertragliche Vereinbarungen oder Informationen über die Infrastruktur bzw. Liefermöglichkeiten, einzubeziehen (vgl. TRG, Agenda Paper No. 43, 2015, Tz. 11 und 14; zur Zustimmung TRG, Agenda Paper No. 44, 2015, Tz. 50 f.). So kann der Kontrollübergang bspw. bei einer Gaslieferung, die als Dienstleistung oder Bereithaltungsverpflichtung regelmäßig auf Nachfrage des Kunden ausgeführt wird, zeitraumbezogen stattfinden, da der Kunde den Nutzen kontinuierlich aus den jeweiligen Gaslieferungen zieht; ein Leistungsversprechen des gleichen Unternehmens über die Lieferung von Gas in ein Zwischenlager wird hingegen vergleichbar mit dem Verkauf von Waren zeitpunktbezogen erfüllt (vgl. TRG, Agenda Paper No. 43, 2015, Tz. 15).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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