Prof. Dr. Peter Wollmert, Dr. Stefan Bischof
Tz. 8
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer (short-term employee benefits) sind Leistungen an Arbeitnehmer, bei denen erwartet wird, dass sie innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres, in dem die entsprechende Arbeitsleistung erbracht wurde, vollständig abgegolten werden. Ausgenommen sind Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (termination benefits; IAS 19.8).
Zu den kurzfristig fälligen Leistungen an Arbeitnehmer gehören gemäß IAS 19.9 typischerweise Löhne und Gehälter einschließlich der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge (zur Klassifizierung der Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland als Zahlungen in einen staatlichen Beitragsplan vgl. Tz. 21 und 27), Urlaubs- und Krankengeld, Tantieme- und Bonuszahlungen (sofern die Auszahlung innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres der Leistungserbringung erfolgt) sowie geldwerte Leistungen an aktive Arbeitnehmer (zB Dienstwagen, Deputate, medizinische Versorgung sowie kostenlose oder vergünstigte Waren oder Dienstleistungen (vgl. auch Tz. 60); werden die Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbracht, handelt es sich um post-employment benefits (vgl. Tz. 11)). Auch Guthaben aus Arbeitszeitkonten, die vollständig innerhalb von zwölf Monaten nach dem Geschäftsjahresende, in dem der Arbeitnehmer sich diese Freistellungsansprüche erdient hat, ausgeglichen werden sollen, zählen zu den kurzfristig fälligen Leistungen an Arbeitnehmer (vgl. Mühlberger/Gohdes/Stöckler, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 19, Tz. 122). Gleiches gilt für im Rahmen eines Alterszeitverhältnisses zu leistende Aufstockungsbeträge; bei der Abgrenzung zwischen lang- und kurzfristig sind bspw. auch etwaige Mindestbetriebszugehörigkeiten oder beim Blockmodell die Dauer der vorangehenden Aktivphase zu berücksichtigen. Regelmäßig werden die Aufstockungsbeträge in der Praxis als andere langfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer einzustufen sein (vgl. DRSC AH 1 (IFRS) Tz. 11 ff. sowie im Einzelnen vgl. Tz. 217).
Tz. 9
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Nach IAS 19 (2011) ist für die Klassifizierung als kurzfristig fällige Leistung an Arbeitnehmer der Zeitpunkt der erwarteten vollständigen Leistungserbringung entscheidend (timing of expected settlement; vgl. IAS 19.BC18), während bisher der Fokus darauf lag, ob der Arbeitnehmer innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres der Leistungserbringung einen Anspruch auf den vom Arbeitgeber zu erbringenden Vergütungsausgleich geltend machen konnte (due to be settled). Werden Teile der Vergütung voraussichtlich später als zwölf Monate nach Ende des Geschäftsjahres erfüllt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, handelt es sich bei der Verpflichtung insgesamt um eine andere langfristig fällige Leistung an den Arbeitnehmer (other long-term employee benefits; vgl. IAS 19.BC20(b)). Können zB Urlaubsansprüche länger vorgetragen werden, und werden diese von den Arbeitnehmern zT erst nach 12 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres in Anspruch genommen, so sind die Urlaubsansprüche insgesamt, dh. auch die Ansprüche der Arbeitnehmer, von denen eine Inanspruchnahme innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres erwartet wird, als andere langfristig fällige Leistungen zu klassifizieren. Nicht zulässig ist es, die Einordnung für jeden Arbeitnehmer einzeln vorzunehmen (vgl. IAS 19.BC21(a)). UE ist diese Einordnung auf Basis gleichartiger Zusagen vorzunehmen. Haben bspw. bestimmte Mitarbeitergruppen keine langfristige Vortragsmöglichkeit, sind ihre Urlaubsansprüche als kurzfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer einzustufen.
Das Abgrenzungskriterium des IAS 19 stimmt mithin nicht mit der Definition von lang- und kurzfristigen Schulden nach IAS 1.69 ff. überein. Folglich kann eine Verbindlichkeit nach IAS 19 (2011) in die Kategorie ›Andere langfristig fällige Leistungen an Arbeitnehmer‹ einzuordnen, nach IAS 1 aber als kurzfristige Verbindlichkeit auszuweisen sein (zur Abgrenzung von kurz- und langfristig nach IAS 1 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 102 ff.).
Tz. 10
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Ändern sich nachfolgend die Erwartungen des Unternehmens bezüglich des Zeitpunkts der vollständigen Leistungserbringung nicht nur vorübergehend, ist eine Umklassifizierung von kurzfristig in andere langfristig fällige Leistungen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Bewertung vorzunehmen (IAS 19.10, IAS 19.BC20(c) und BC21(b)). Bei einer nur vorübergehend erwarteten Änderung widersprechen sich indes IAS 19.10 und die Ausführungen dazu in IAS 19.BC20(c): Während nach IAS 19.10 in solchen Fällen eine Umklassifizierung lediglich nicht notwendig ist (an entity need not reclassify), soll diese nach IAS 19.BC20(c) nicht zulässig sein (should not trigger reclassification).
Für eine Umklassifizierung von langfristig in kurzfristig fällige Leistungen erscheint die analoge Anwendung von IAS 19.10 sachgerecht, wenngleich sich bei einer Umklassi...