Tz. 41

Stand: EL 49 – ET: 02/2023

Anwendungsbereich von IFRS generell

Bei Unternehmen mit Sitz in der EU ist zu differenzieren zwischen Abschlüssen von Unternehmen, die einen IFRS-Abschluss auf gesetzlicher Basis erstellen, und sonstigen Unternehmen, die auf freiwilliger Basis einen IFRS-Abschluss erstellen. Abschlüsse aufgrund gesetzlicher Basis haben ihre Rechtsgrundlage in Art. 4 der EU-Verordnung 1606/2002/EG. In Deutschland sind davon Unternehmen betroffen, die gem. § 315e HGB einen Konzernabschluss und/oder gem. § 325 Abs. 2a und 2b HGB einen IFRS-Einzelabschluss erstellen. In diesen Abschlüssen müssen sämtliche Standards und Interpretationen angewendet werden, die im Rahmen des Komitologieverfahrens (Endorsement) in geltendes EU-Recht übernommen wurden. Bei Abschlüssen auf freiwilliger Basis ist keine gesetzliche Grundlage für die Erstellung eines IFRS-Abschlusses gegeben; um einen derartigen Abschluss als IFRS-Abschluss bezeichnen zu können, müssen sämtliche Anforderungen der IFRS erfüllt werden (vgl. IAS 1.16). Hierbei sind grundsätzlich sämtliche Standards und Interpretationen in der jeweiligen Fassung anzuwenden, die in dem Zeitraum, den der freiwillige IFRS-Abschluss umfasst, verbindlich anzuwenden sind.

Beispiel:

Für Zwecke der Registrierung seiner Aktien in den USA ist ein in Deutschland börsennotiertes Unternehmen verpflichtet, im Rahmen eines sog. F-4-Filings einen IFRS-Abschluss für die Geschäftsjahre (die jeweils dem Kalenderjahr entsprechen) 2019, 2018 und 2017 einzureichen. In diesem IFRS-Abschluss sind nach den einschlägigen SEC-Regelungen die Standards, die das Unternehmen in seinem IFRS-Abschluss für das Geschäftsjahr 2019 angewendet hatte, verbindlich anzuwenden. Hierzu gehört zB IFRIC 23. IFRS 17 hingegen, der erstmalig für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen, anwendbar ist, muss in einem derartigen Abschluss noch nicht angewendet werden, obwohl dieser Standards bereits vom IASB verabschiedet wurde.

 

Tz. 42

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Anwendungsbereich einzelner Standards und Interpretationen

Standards und Interpretation sind grundsätzlich von sämtlichen Unternehmen anzuwenden, es sei denn, der Standard oder die Interpretation sieht eine Einschränkung vor. Einschränkungen werden regelmäßig im Abschnitt "Anwendungsbereich" (scope) dargestellt. Beispiele für Einschränkungen sind die Rechtsform (IFRIC 2), Börsennotierung (IFRS 8, IAS 33), Branche (IAS 26, IFRS 4 bzw. IFRS 17, IFRS 6), Größe (IFRS-Standard für KMU) oder die erstmalige Anwendung von IFRS (IFRS 1). Im Rahmen einer Agenda-Entscheidung hat das IFRS IC zudem klargestellt, dass sämtliche Standards und Interpretationen auch auf transactions under common control anzuwenden sind, sofern der Standard bzw. die Interpretation eine derartige Anwendung nicht explizit verbietet (vgl. IFRIC Update January 2018).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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