Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Eva Bracht
Tz. 97
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Gem. IFRS 11.BC9 hat die Bilanzierung der Parteien einer gemeinschaftlichen Vereinbarung die einzelnen Rechte und Pflichten für ihre Anteile an der gemeinschaftlichen Vereinbarung widerzuspiegeln. Dementsprechend bilanziert eine Partei einer gemeinschaftlichen Tätigkeit ihre eigenen (Anteile an den) Vermögenswerten, Schulden, Erträgen und Aufwendungen, so wie sie sich aus ihren Rechten und Verpflichtungen aus der gemeinschaftlichen Vereinbarung ergeben.
Tz. 98
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Ganz in diesem Sinne bestimmt IFRS 11.20, dass ein gemeinschaftlicher Betreiber iZm. seinem Anteil an der gemeinschaftlichen Tätigkeit folgende Posten erfasst:
- seine Vermögenswerte, einschließlich seines Anteils an den gemeinschaftlich gehaltenen Vermögenswerten;
- seine Schulden, einschließlich seines Anteils an den gemeinschaftlich eingegangenen Schulden;
- seine Erlöse aus dem Verkauf seines Anteils an den Erzeugnissen oder Leistungen der gemeinschaftlichen Tätigkeit;
- seinen Anteil an den Erlösen aus dem Verkauf der Erzeugnisse oder Leistungen der gemeinschaftlichen Tätigkeit und
- seine Aufwendungen, einschließlich seines Anteils an den gemeinschaftlich entstandenen Aufwendungen.
Tz. 99
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Ein gemeinschaftlicher Betreiber hat die Vermögenswerte, Schulden, Erlöse und Aufwendungen in Zusammenhang mit seinem Anteil an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit in Übereinstimmung mit den für diese Vermögenswerte, Schulden, Erlöse und Aufwendungen maßgeblichen IFRS zu bilanzieren (IFRS 11.21). IFRS 11 enthält somit keine spezifische Regelung zur Bilanzierung dieser Posten, sondern verweist auf die einschlägigen Standards. Daneben enthält IFRS 11 lediglich einige ergänzende Regelungen. So wird bspw. klargestellt, dass die Parteien einer gemeinschaftlichen Tätigkeit, die Rechte an den Vermögenswerten der gemeinschaftlichen Tätigkeit haben, ihren Anteil an diesen Vermögenswerten und nicht ein "Nutzungsrecht" oder ein "Anteilsrecht" an diesen Vermögenswerten bilanzieren (11.BC39). Eine Partei, die Rechte an einem Gegenstand des Sachanlagevermögens der gemeinschaftlichen Tätigkeit hat, bilanziert also einen Anteil an einer Sachanlage und nicht ein Recht auf Nutzung der Sachanlage oder ein Recht auf Beteiligung an dieser Sachanlage. Sollten die vertraglichen Bestimmungen der gemeinschaftlichen Vereinbarung einer Partei jedoch bspw. ein Recht zur Nutzung eines bestimmten Vermögenswertes verleihen, ist gem. IFRS 16 ein Nutzungsrecht anzusetzen (vgl. EY (Hrsg.), International GAAP 2019, S. 860f.).
Tz. 100
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Die Bilanzierung von gemeinschaftlichen Tätigkeiten unterscheidet sich aus konzeptioneller Sicht in zwei Punkten fundamental von der Quotenkonsolidierung nach IAS 31. Der erste Hauptunterschied zwischen IAS 31 und IFRS 11 ergibt sich aus dem Umstand, dass die Rechte und Pflichten, die ein Unternehmen an bzw. für die Vermögenswerte, Schulden, Erlöse und Aufwendungen einer gemeinschaftlichen Tätigkeit hat, von der Beteiligungsquote an der gemeinschaftlichen Tätigkeit abweichen können (IFRS 11.BC38). Während bei Anwendung der Quotenkonsolidierung Anteile an Vermögenswerten, Schulden, Erträgen und Aufwendungen der gemeinschaftlichen Tätigkeit im Abschluss des gemeinschaftlichen Betreibers lediglich aufgrund der Tatsache erfasst werden, dass der gemeinschaftliche Betreiber in Höhe dieses Anteils an der Vereinbarung beteiligt ist, scheidet ein Ansatz der Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen im Abschluss des gemeinschaftlichen Betreibers ohne entsprechende Rechte an ihnen und entsprechende Verpflichtungen für sie nach IFRS 11 aus.
Tz. 101
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Trotz der konzeptionellen Unterschiede zwischen der anteilsmäßigen Bilanzierung nach IFRS 11 und der Quotenkonsolidierung nach IAS 31 können beide Ansätze uU zu derselben bilanziellen Abbildung eines Anteils an einer gemeinschaftlichen Tätigkeit führen. Wenn ein gemeinschaftlicher Betreiber an den Vermögenswerten, Schulden, Erträgen und Aufwendungen Rechte und Verpflichtungen in Höhe eines einheitlichen Prozentsatzes hat, ist es möglich, dass sich kein Unterschied zwischen der Bilanzierung von Anteilen an gemeinschaftlichen Tätigkeiten nach IFRS 11 und einer Einbeziehung dieser Beteiligung gemäß der Quotenkonsolidierung ergibt (vgl. EY (Hrsg.), International GAAP 2019, S. 860f.). Unterschiede zwischen den beiden Bilanzierungsmethoden ergeben sich aber zB, wenn einem der gemeinschaftlichen Betreiber die alleinige Verpflichtung übertragen wird, Verbindlichkeiten der gemeinschaftlichen Tätigkeit zu begleichen. Gem. IFRS 11 muss der besagte Betreiber die gesamten Verbindlichkeiten bilanzieren. Im Gegensatz dazu hätten die gemeinschaftlichen Betreiber gem. IAS 31 die Verbindlichkeiten der gemeinschaftlichen Tätigkeit in Höhe ihres Anteils bilanziert, da für die Quotenkonsolidierung der Gewinn- oder Kapitalanteil maßgeblich ist (vgl. Dittmar/Graupe, KoR 2012, S. 407). Ferner können die beiden Bilanzierungsmethode...