Prof. Dr. Jens Wüstemann, Dr. Sonja Wüstemann
Tz. 240
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Sofern ein Vertrag nur die Lizenzvereinbarung beinhaltet, eine nicht eigenständige Lizenz die dominierende Komponente einer einheitlichen Leistungsverpflichtung darstellt (IFRS 15.BC407) oder die Lizenz als eigenständige Leistungsverpflichtung identifiziert wird, erfolgt die Umsatzerfassung in Abhängigkeit des der Lizenz zugrunde liegenden geistigen Eigentums (IFRS 15.B56). Dabei unterscheidet IFRS 15 zwischen Lizenzen, die ein Recht auf den Zugang ("a right to access") zu einem sich während des Lizenzzeitraums ändernden geistigen Eigentum gewähren, und Lizenzen, die ein Nutzungsrecht ("a right to use") am geistigen Eigentum im Zeitpunkt der Lizenzgewährung übertragen (IFRS 15.B56). Handelt es sich bei der Lizenz um ein Recht auf den Zugang zu sich veränderndem geistigen Eigentum, "partizipiert der Lizenznehmer an der Weiterentwicklung des geistigen Eigentums, auf das sich die Lizenz bezieht" (Brune, WPg 2015, S. 117). Das geistige Eigentum kann folglich als dynamisch charakterisiert werden und unterliegt nach Vertragsabschluss dem Einfluss des Lizenzgebers (IFRS 15.BC403).
Tz. 241
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Unterscheidung beider Lizenzarten erfolgt anhand der Kriterien des IFRS 15.B58, die das Recht auf den Zugang zu einem sich während des Lizenzzeitraums ändernden geistigen Eigentum konkretisieren (IFRS 15.BC408). Ein Zugangsrecht liegt demnach vor, wenn der Lizenzgeber zur Ausführung von Aktivitäten verpflichtet ist, die das geistige Eigentum wesentlich verändern (IFRS 15.B58(a)). Die Verpflichtung des Unternehmens kann dabei auf vertraglichen Vereinbarungen oder der gerechtfertigten Erwartung des Kunden beruhen (IFRS 15.B58(a)). Neben der gewöhnlichen Geschäftspraxis, der öffentlichen Unternehmenspolitik oder anderer spezifischer Ankündigungen kann auch ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse an dem geistigen Eigentum zwischen dem Unternehmen und dem Kunden, bspw. aufgrund einer umsatzabhängigen Lizenzgebühr (vgl. Tz. 248), die Erwartung des Kunden rechtfertigen (IFRS 15.B59). Damit die Lizenz ein Zugangsrecht begründet, muss der Kunde außerdem den positiven und negativen Auswirkungen aus der Weiterentwicklung des geistigen Eigentums ausgesetzt sein (IFRS 15.B58(b)). Darüber hinaus dürfen die Aktivitäten des Lizenzgebers keine Güter oder Dienstleistungen an den Kunden übertragen, mithin keine eigenständigen Leistungsverpflichtungen darstellen (IFRS 15.B58(c)).
Tz. 242
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Die Aktivitäten des Unternehmens haben eine wesentliche Auswirkung auf das lizensierte geistige Eigentum, wenn sie die Form, zB das Design bzw. den Inhalt, oder die Funktionalität des geistigen Eigentums wesentlich verändern (IFRS 15.B59A(a)). So hat der Lizenzgeber bspw. bei der Lizensierung von Serien, deren Charaktere sowie Drehbuch sich verändern, einen wesentlichen Einfluss auf die Form des geistigen Eigentums (IFRS 15.IE300). Sofern die Fähigkeit des Kunden, Nutzen aus dem geistigen Eigentum zu ziehen, von den Aktivitäten des Unternehmens abhängt, liegt ebenfalls ein wesentlicher Einfluss des Lizenzgebers vor (IFRS 15.B59A). So ergibt sich bspw. der Nutzen einer Marke für den Kunden häufig aus den andauernden Aktivitäten des Unternehmens, die den Wert der Marke erhalten (IFRS 15.B59A(b); IFRS 15.BC414G; IFRS 15.IE309–312). Besitzt das der Lizenz zugrunde liegende geistige Eigentum hingegen eine wesentliche selbstständige Funktionalität ("stand-alone functionality"), die nicht durch die Aktivitäten des Unternehmens beeinflusst wird, kann der Kunde unabhängig von den Aktivitäten des Lizenzgebers Nutzen aus der Lizenz ziehen (IFRS 15.B59A). Ob eine selbstständige Funktionalität gegeben ist, liegt im Einzelfall im Ermessen des Unternehmens (IFRS 15.BC414I). Nach Ansicht des IASB gilt dies jedoch häufig für Softwarelizenzen, Medikamente oder Rechte an bestimmten Unterhaltungsmedien, wie Filmen oder Musikaufnahmen (IFRS 15.B59A). In diesem Fall stellt die Lizenz ein Nutzungsrecht dar (IFRS 15.BC414H, vgl. Tz. 246 f.).
Tz. 243
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Im Rahmen von Franchiseverträgen gewährte Lizenzen berechtigen den Lizenznehmer, den Markennamen des Lizenzgebers zu nutzen sowie seine Produkte zu verkaufen (IFRS 15.IE289). Die Lizenz stellt dabei meist eine eigenständige Leistungsverpflichtung dar, die bspw. von der Leistungsverpflichtung zur Lieferung des Equipments abzugrenzen ist (IFRS 15.IE391). Führt ein Franchisegeber regelmäßig Produkterneuerungen sowie Preisstrategien und Marketingkampagnen durch, um den Franchisenamen zu fördern, übt er einen wesentlichen Einfluss auf die lizensierte Franchisemarke aus. Die Nutzung des der Lizenz zugrunde liegenden geistigen Eigentums durch den Franchisenehmer ist daher von den Aktivitäten des Unternehmens abhängig; die Lizenz stellt folglich ein Zugangsrecht dar (IFRS 15.IE294 f.).
Tz. 244
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Bei der Unterscheidung der Lizenzarten in Zugangsrechte und Nutzungsrechte sind bestimmte Faktoren nicht einzubeziehen (IFRS ...