Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Eva Bracht
Tz. 58
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Inhalt einer vertraglichen Vereinbarung kann auch sein, dass sich die Betreiber einen Vermögenswert für die Ausführung der gemeinschaftlichen Tätigkeit teilen, der in die gemeinschaftliche Vereinbarung eingebracht oder von dieser angeschafft wurde (Bruchteilseigentum) (vgl. Küting/Seel, KoR 2011, S. 346; Böckem/Ismar, WPg 2011, S. 823). Der Vermögenswert wird zum Nutzen der Parteien eingesetzt, und die Vereinbarung bestimmt, wie die Rechte an dem Vermögenswert für jede Partei gestaltet sind. Jedem Teilhaber steht ein nach Bruchteilen berechneter Anteil an dem gemeinsamen Gegenstand zu, über den er gesondert verfügen kann (§ 747 Satz 1 BGB, vgl. Hamann/Fröhlich, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 5. Aufl., § 27, Tz. 52). Kosten und Lasten, die in Zusammenhang mit dem gemeinsamen Vermögenswert entstehen, haben die Parteien grundsätzlich in Höhe ihres Anteils zu tragen (§ 749 BGB). Ferner verfügt die Gemeinschaft über kein von den Parteien "rechtlich abgesondertes Vermögen" (vgl. Seel, 2012, S. 245f.). Über Angelegenheiten, die den gemeinsamen Gegenstand im Ganzen betreffen, können lediglich alle Teilnehmer gemeinsam entscheiden (§ 747 Satz 2 BGB; vgl. Wolf/Neuner (Hrsg.), in: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., 2016, § 16, Tz. 45). Im Außenverhältnis tritt die Bruchteilsgemeinschaft (rechtlich) nicht in Erscheinung und verfügt somit auch über keine eigenen Organe (vgl. Vaubel, 2001, S. 44). Die gemeinschaftliche Vereinbarung erbringt daher keine eigenständige Leistung und hat keine Rechte und Pflichten (vgl. Schild, 2018, S. 18). In der Regel liegt nach außen eine Bruchteilsgemeinschaft und nach innen eine GbR vor. Die Bruchteilsgemeinschaft ist keine separate Einheit, da sie über keine separat identifizierbare finanzielle Struktur verfügt. Zudem ist sie als schlichte Rechtsgemeinschaft kein Rechtssubjekt und wird individualisiert gestaltet (vgl. Brune, in: Beck IFRS‐Handbuch, 5. Aufl., § 29, Tz. 17).
Tz. 59
Stand: EL 40 – ET: 02/2020
Bruchteilsgemeinschaften werden in der Praxis oft iZm. gemeinschaftlichen Immobilienvermögen genutzt (vgl. Brune, in: Beck IFRS‐Handbuch, 5. Aufl., § 29, Tz. 17). Bei einer Bauherrengemeinschaft verpflichten sich bspw. die Bauherren, gemeinsam ein bestimmtes Bauprojekt auf einem ihnen in einer Bruchteilsgemeinschaft gehörenden Grundstück durchzuführen. Jeder Partei stehen vereinbarte Teile der Mieteinnahmen zu. Gleichzeitig sind vereinbarte Teile der Ausgaben zu tragen. Darüber hinaus sind Bruchteilsgemeinschaften bspw. in der Öl-, Gas- und Mineralstoffindustrie vorzufinden. Ölpipelines werden häufig durch eine Vielzahl von Ölfördergesellschaften gemeinschaftlich betrieben. Dabei benutzt jede Partei die Pipeline, um das eigene Öl zu fördern. Ferner verpflichten sie sich, einen vereinbarten Anteil der Betriebskosten zu übernehmen.