Prof. Dr. Jens Wüstemann, Dr. Sonja Wüstemann
Tz. 27
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Neben den zunächst rechtlich geprägten Vertragskriterien verlangt IFRS 15.9(d), dass ein Vertrag auch wirtschaftliche Substanz hat, er mithin zu einer Veränderung des Risikos, des Zeitpunkts oder der Höhe der künftigen Zahlungsströme führt. Zwar sollen hiermit insbesondere künstlich aufgeblähte Umsatzerfassungen aus nicht monetären Leistungsaustauschen unterbunden werden, der wirtschaftliche Gehalt ist jedoch bei allen Verträgen zu bewerten (IFRS 15.BC40 f.). Im Wesentlichen fordert das Kriterium, dass dem Vertrag ein geschäftlicher Zweck zugrunde liegt (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 2-10; EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 28). Die Bestimmung der wirtschaftlichen Substanz liegt dabei im Ermessen des bilanzierenden Unternehmens (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 2-10; EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 28). In den meisten Fällen sollte das Kriterium jedoch als erfüllt gelten, da Geschäfte normalerweise auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sind und folglich künftige Zahlungsströme beeinflussen (vgl. Fink et al., DB 2012, S. 1999).
Tz. 28
Stand: EL 31 - ET: 3/2017
Im Gegensatz zu dem expliziten Kriterium des IFRS 15 ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise als nicht kodifizierter GoB im deutschen Bilanzrecht Bestandteil der teleologischen Gesetzesauslegung (vgl. Beisse, StuW 1984, S. 12; Moxter, StuW 1989, S. 232) und wird durch eine wirtschaftliche Analyse der vorhandenen Risiken sichergestellt (vgl. Böcking, 1997, S. 90). Während die Gewinnrealisierung jedoch vielmehr durch eine Verschränkung der rechtlichen und wirtschaftlichen Betrachtungsweise gekennzeichnet ist (vgl. Moxter, StuW 1989, S. 240), dominiert bei den Vertragskriterien des IFRS 15 die rechtliche Betrachtungsweise (vgl. Morich, DB 2014, S. 1999; Heintges et al., Erfahrungen aus der Anwendung, WPg 2015, S. 571; Brune, IRZ 2016, S. 20).