Dipl.-Kfm. Christoph Piesbergen, Silvia Geberth
Tz. 36
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die Abwicklung von Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen lässt sich im Regelfall in zwei Phasen unterteilen: die Errichtungsphase und die sich daran anschließende Betriebsphase. In der Errichtungsphase wird die Infrastruktur durch ein privates Unternehmen (den Betreiber) errichtet bzw. eine bereits bestehende Infrastruktureinrichtung saniert und in einen betriebsbereiten Zustand versetzt. In der sich anschließenden Betriebsphase betreibt der Betreiber die so errichtete Infrastruktur. Da die Kontrolle über die Infrastruktur bei der öffentlichen Hand liegt, kann diese nicht durch den Betreiber als Sachanlage bilanziert werden. Stattdessen aktiviert der Betreiber in seiner Bilanz den Anspruch auf die ihm von der öffentlichen Hand zugesagte Gegenleistung. Das dabei anzuwendende Bilanzierungsmodell ist abhängig von der Ausgestaltung des vertraglichen Anspruchs des Betreibers auf Gegenleistung.
Auch wenn Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen im Regelfall die Errichtung und den Betrieb der Infrastruktur beinhalten, gibt es auch Vereinbarungen, die sich nur auf den Betrieb der Infrastruktur beziehen und trotzdem im Anwendungsbereich von IFRIC 12 sind (vgl. hierzu auch PwC, 2021, Tz. 34.46 mit Verweis auf einige Beispiele).
Tz. 37
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die unterschiedlichen Leistungen des Betreibers (Errichtung/Sanierung und Betrieb der Infrastruktureinrichtung) werden in der Regel nicht gesondert vergütet, sondern durch "Pauschalzahlungen" abgegolten, sodass die Zahlungen nicht unmittelbar auf Bauleistungen (Errichtung/Sanierung der Infrastruktur) und Betriebsleistungen aufgeteilt werden können. Die Pauschalzahlungen können dabei der Höhe nach fixiert oder variabel sein. Bei variablen Pauschalzahlungen wird die Höhe der Vergütung im Regelfall vom Umfang der tatsächlichen Nutzung der Infrastruktur durch die Öffentlichkeit abhängen, wobei im Fall der Nichteinhaltung von definierten Leistungsstandards Abschläge vorgenommen, jedoch auch Mindestzahlungen garantiert werden können. Sowohl fixierte Zahlungen als auch variable Zahlungen können an einen Preisindex (zB den Verbraucherpreisindex) angepasst werden. Die Pauschalzahlungen werden häufig erst nach der Fertigstellung der Infrastruktureinrichtung fällig, sodass der Betreiber die Errichtung der Infrastruktur mit Eigen- oder Fremdmitteln finanzieren muss (vgl. Ernst & Young, 2021, Chapter 25, Section 4.1 )
I. Aufteilung der Gegenleistung
Tz. 38
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Weil jede einzelne Phase oder jedes einzelne Element einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung unterschiedliche Fähigkeiten, Anforderungen und Risiken hat, sollte eine Aufteilung der Gesamtleistung in die separaten Dienstleistungen "Bauleistungen", "Modernisierungsleistungen" oder "Betriebsleistungen" erfolgen (siehe IFRIC 12.BC31). Die Aufteilung der Umsatzerlöse für die Erbringung dieser separaten Dienstleistungen erfolgt in Übereinstimmung mit IFRS 15 (vgl. IFRIC 12.14, 20). Dies beinhaltet folgende Schritte:
- die Identifizierung des Vertrags mit einem Kunden (vgl Tz. 38a),
- die Identifizierung der Leistungsverpflichtungen aus dem Vertrag (vgl. Tz. 38b),
- die Bestimmung des Transaktionspreises (vgl. Tz. 38c) und
- die Aufteilung dieses Transaktionspreises auf die Leistungsverpflichtungen (vgl. Tz. 38d).
Tz. 38a
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Die Identifizierung des Vertrags mit einem Kunden
Der erste Schritt bei der Aufteilung der Gegenleistung gemäß IFRS 15 besteht darin, den Vertrag mit dem Kunden zu identifizieren. Nach IFRS 15 ist ein Vertrag definiert als eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien, die durchsetzbare Rechte und Pflichten begründet (IFRS 15 Anhang A). Ob der Kunde in einer Dienstleistungskonzessionsvereinbarung der Konzessionsgeber und/oder der Nutzer der Infrastruktur ist, hängt von den Bedingungen der Dienstleistungskonzessionsvereinbarung ab. Da der Konzessionsgeber die Kontrolle über den Infrastrukturvermögenswert behält, ist es naheliegend, dass regelmäßig der Konzessionsgeber als Kunde für die Bau- oder Modernisierungsleistungen identifiziert wird. Aufgrund des öffentlichen Charakters der vom Betreiber übernommenen Verpflichtung werden die Betriebsleistungen für die Öffentlichkeit erbracht. Dies legt nahe, dass die Öffentlichkeit der Kunde für diese Leistungen sein kann. Ein Kunde wird in IFRS 15 als eine Partei definiert, die mit einem Unternehmen einen Vertrag über den Erhalt von Gütern oder Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Austausch für eine Gegenleistung geschlossen hat (IFRS 15 Anhang A). IFRS 15 verlangt nicht das Vorhandensein eines schriftlichen Vertrags; ein Vertrag kann mündlich oder stillschweigend geschlossen werden, muss aber rechtlich durchsetzbar sein (IFRS 15.10). Wenn ein Vertrag zwischen dem Betreiber und den Nutzern der Infrastruktur besteht, der Betreiber von diesen Nutzern der Infrastruktur eine Gegenleistung erhält und diese Gegenleistung als Auftraggeber (und nicht als Vertreter des Konzessionsgebers) ve...