Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 300
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Sicherungsgegenstände können entweder zur Gänze oder in Teilen (Komponenten) designiert werden (vgl. IFRS 9.6.3.7 sowie B6.3.7). Eine Benennung zur Gänze bedeutet, dass ein Unternehmen sämtliche Zahlungsstrom- oder Wertänderungen eines Grundgeschäfts bilanziell absichert. Bei einer Komponentensicherung geschieht dies nur zu einem Teil, wobei dann lediglich folgende Sachverhalte als Sicherungsgegenstand designiert werden können:
- Veränderungen von Zahlungsströmen oder des beizulegenden Zeitwerts eines Postens, die auf ein bestimmtes Risiko bzw. mehrere bestimmte Risiken zurückzuführen sind (vgl. IFRS 9.6.3.7(a) iVm. B6.3.8ff.). Dabei muss die zu sichernde Risikokomponente eindeutig abgrenzbar und zuverlässig bewertbar sein (s. dazu die Hinweise und erläuternden Beispiele in B6.3.9f. und vgl. Tz. 301 zu Einschränkungen hinsichtlich einer Absicherung des Inflationsrisikos). Die bislang in IAS 39 bestehende und häufig kritisierte Beschränkung einer Teilrisikoabsicherung insb. für nichtfinanzielle Sicherungsgegenstände auf Währungsrisiken wird damit weitgehend aufgehoben (vgl. IFRS 9.BC6.169ff. sowie BCE.192; s. a. Ernst & Young LLP 2018, S. 4147ff.; Freiberg, PiR 2011, S. 207f.; KPMG IFRG Limited 2017/18, Tz. 7A.9.310ff.; Kuhn/Hachmeister, IRZ 2015, S. 280; Kuhn/Scharpf 2006, Tz. 2213; zum Derivateeinsatz deutscher Unternehmen bei der Absicherung von Rohstoffrisiken vgl. Klöcker 2011, S. 178ff. und 194ff.). Zulässig ist auch die Festlegung nur eines einseitigen Risikos unter- resp. oberhalb eines festgelegten Preises oder einer anderweitigen Variablen, wie dies bei der Absicherung mit Optionen zur Anwendung kommt (vgl. IFRS 9.6.3.7(a)) iVm. B6.3.12 und BC6.194ff.);
- ausgewählte vertragliche Zahlungsströme (zB Währungsveränderungen aus in den ersten drei Jahren zu leistenden Zahlungen bei einem Ratenkredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren; vgl. IFRS 9.6.3.7(b)); sowie
- ein festgelegter Teil am Nominalbetrag eines Postens (vgl. IFRS 9.6.3.7(c) und 6.6.2 iVm. B6.3.16ff.).
Losgelöst davon, ob ein Unternehmen eine Voll- oder Teilsicherung vornimmt, finden sämtliche Vorschriften für die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen Anwendung. Das bezieht sich insbesondere auf die Feststellung der Effektivität der Absicherung sowie die Bemessung und Erfassung etwaiger Ineffektivitäten (vgl. IFRS 9.B6.3.11).
Tz. 301
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Der IASB führt in den Anwendungsleitlinien aus, dass eine widerlegbare Vermutung bestehe, wonach das Inflationsrisiko nicht als Teilkomponente einzeln abgrenzbar und zuverlässig bewertbar ist und ergo nicht als Sicherungsgegenstand infrage kommt (vgl. IFRS 9.B6.3.13 iVm. BC6.192f.). Eine Widerlegung käme nur dann in Betracht, wenn das Inflationsrisiko entweder explizit Teil der Vertragsbedingungen des zu sichernden Instruments wäre (s. dazu speziell IFRS 9.B6.3.15) oder eine zuverlässige Bemessung aufgrund der jeweiligen Marktbedingungen eben ausnahmsweise doch möglich ist. Dies sei bspw. der Fall, wenn ein hinreichend liquider Markt an Inflationsanleihen bestehe, aus dem sich eine Realzinsstrukturkurve für Nullkuponanleihen ableiten ließe. Dann sei es nämlich möglich, die Inflationskomponente durch Abzinsung der vertraglichen Zahlungsströme des Instruments mit dieser Zinsstrukturkurve eindeutig zu bestimmen. Unzulässig sei dagegen, die Ausstattungsmerkmale eines Sicherungsinstruments schlicht qua Annahme auf einen nominal verzinslichen Sicherungsgegenstand zu übertragen: Das Inflationselement müsse sich eindeutig aus dem Instrument selbst und einem hinreichend liquiden Markt ergeben (vgl. IFRS 9.B6.3.14).
Tz. 302
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Bei der Teilabsicherung von Nominalbeträgen kommen dem Board zufolge zwei Arten von Komponenten für eine Designation als Sicherungsgegenstand infrage: eine proportionale Absicherung des gesamten Gegenstands (bspw. 70 % aller auftretenden Wertschwankungen oder 50 % aller vertraglichen Zahlungen aus einem Kredit, vgl. IFRS 9.B6.3.17 sowie BC6.197ff.) oder eine bestimmte Schicht/Scheibe (layer). Wie auch sonst erinnert der IASB Unternehmen daran, dass eine Designation mit der im betrieblichen Risikomanagement verfolgten Zielsetzung in Einklang stehen müsse (vgl. IFRS 9.6.6.3(b) iVm. B6.3.16). Besonderes Augenmerk verdient va. die Designation von Schichten, weil der IASB auch hier seine bisherige restriktive Haltung gelockert hat. In den Anwendungsleitlinien führt er eine Reihe möglicher Schichten an, die als Sicherungsgegenstand benannt werden dürften (vgl. IFRS 9.B6.3.18 iVm. BC6.200ff.):
- ein bestimmter Geldbetrag (monetary transaction volume), bspw. die nächsten (anschließenden) 10 GE an Zahlungseingängen aus Umsätzen in fremder Währung, die nach den ersten 20 GE eines bestimmten Monats eingehen;
- eine bestimmte (physische) Menge, zB die letzten fünf Millionen Kubikmeter Erdgas, die an einem bestimmten Ort gespeichert werden;
- ein Teil einer solchen bestimmten Menge, bspw. die ersten 100 Fässer Rohöleinkäufe oder die ersten 100 Me...