Prof. Dr. Andreas Barckow, Jens Berger
Tz. 219
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Der IASB geht davon aus, dass (derivative) Geschäfte in der Regel zur Gänze als Sicherungsinstrument bestimmt werden. Er lässt gleichwohl drei Ausnahmen zu:
- Wird ein Optionsgeschäft als Sicherungsinstrument eingesetzt, darf ein Unternehmen dessen beizulegenden Zeitwert in den inneren Wert (intrinsic value) und den Zeitwert (time value) aufspalten und nur die Veränderungen des inneren Werts als Sicherungsinstrument designieren. Veränderungen des Zeitwerts würden in diesem Fall unmittelbar im Periodenergebnis erfasst und unterlägen nicht den Vorschriften für die Sicherungsbilanzierung (vgl. IAS 39.74 (a) iVm. IG.F.1.10). Allerdings steht es Unternehmen frei, auch die Option zur Gänze als Sicherungsinstrument einzusetzen. Dies ist bspw. bei einer sog. delta-neutralen Absicherungsstrategie der Fall (vgl. IAS 39.74 iVm. IG.F.1.9);
- auch beim Einsatz eines Termingeschäfts darf eine Trennung des beizulegenden Zeitwerts erfolgen. Hier wird der Terminkurs (forward rate) in Spotkurs (spot rate) und Swapsatz (die Differenz zwischen Spot- und Terminkurs) zerlegt, wobei nur Veränderungen des Spotkurses als Sicherungsinstrument designiert und der Swapsatz unmittelbar im Periodenergebnis erfasst würden (vgl. IAS 39.74 (b));
- schließlich ist es zulässig, nur einen proportionalen Anteil (proportion) am Volumen des (derivativen) Geschäfts als Sicherungsinstrument festzulegen (vgl. IAS 39.75).
Der IASB begründet die vorstehenden Ausnahmen damit, dass sich in diesen Fällen die auf den designierten Teil entfallenden Wertänderungen objektiv bemessen lassen. Das sei bei anderen Teilkomponenten nicht der Fall, weil die Treiber für die Wertänderungen des beizulegenden Zeitwerts in aller Regel nicht unabhängig voneinander seien (vgl. IAS 39.74).
Die vorstehende Aufzählung ist abschließend. Selbst wenn ein Unternehmen in der Lage wäre, Teilkomponenten eines Sicherungsinstruments wertmäßig verlässlich zu isolieren, bliebe ihm die bilanzielle Anerkennung versagt. So wäre es bspw. nicht zulässig, ein Optionsbündel aus gekauften und geschriebenen Optionen, die als ein Geschäft zeitgleich und mit derselben Partei kontrahiert worden seien, für Zwecke der bilanziellen Festlegung des Sicherungsinstruments in zwei Geschäfte zu zerlegen (vgl. IAS 39.IG.F.1.8; s. a. IFRIC Update March 2007, S. 5).
Tz. 220
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Die Berechtigung, einen proportionalen Anteil des Volumens als Sicherungsinstrument zu designieren, geht mit dem Verbot einher, ein Geschäft künstlich in Laufzeitabschnitte zu zerlegen und nur einen Teil der Gesamtlaufzeit ("a portion of the time period during which the instrument remains outstanding") als Sicherungsinstrument zu bestimmen (vgl. IAS 39.75). Die Regelung wird in der Praxis häufig dahingehend missverstanden, dass der IASB mit dieser Vorschrift eine Aussage über das Verhältnis der Laufzeiten von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument treffen wolle und Letztere die des Grundgeschäfts nicht übersteigen dürfe (s. zB Kuhn/Scharpf, 2006, Tz. 2101) – das ist nicht der Fall. Gemeint ist, dass bei der Absicherung eines Geschäfts mit einer Restlaufzeit von bspw. vier Jahren durch ein Derivat mit einer Restlaufzeit von fünf Jahren das Sicherungsinstrument für Zwecke der Bemessung der auf die Absicherung entfallenden Wertänderungen nicht künstlich in ein Vierjahres- und ein Einjahresgeschäft zerlegt werden darf (s. a. IAS 39.IG. F.1.11; Deloitte LLP, C9 4.2f.; KPMG IFRG Limited, 2022/23, Tz. 7I.7.310.10 und 7I.7.370.10). Das Instrument ist vielmehr über die gesamte Restlaufzeit zu designieren (vorausgesetzt, die allgemeinen Anforderungen an die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen können eingehalten werden). Es sei in diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen, dass der umgekehrte Fall, wonach ein kürzer laufendes Sicherungsinstrument zur Absicherung nur eines Teils der Restlaufzeit eines Grundgeschäfts eingesetzt wird, explizit zulässig ist (sog. partial term hedging, vgl. IAS 39.IG.F.2.17)!
Tz. 221
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Ein einzelnes Sicherungsinstrument darf zur Absicherung von mehr als nur einem Risiko herangezogen werden; das setzt natürlich erst einmal voraus, dass es selbst mehr als nur einem Risikofaktor unterliegt (wobei als Risiken hier wohl in erster Linie Marktpreisrisiken in Frage kommen dürften). Der klassische Anwendungsfall wäre ein Zins-Währungsswap, mit dessen Hilfe sich bspw. variable Zahlungen in fremder Währung in einen festen Euro-Zahlungsstrom umwandeln lassen. Man würde in diesem Fall somit gleichzeitig das Zinsänderungsrisiko in Fremdwährung sowie das Währungsrisiko eliminieren. Die bilanzielle Abbildung einer derartigen Sicherung schließt der IASB nicht per se aus; allerdings macht er sie von folgenden Voraussetzungen abhängig (vgl. IAS 39.76 sowie IG.F.1.12f. und 2.18):
- Die abgesicherten Risiken lassen sich eindeutig benennen,
- die Wirksamkeit (effectiveness) der Absicherung kann für jede Risikoart gesondert nachgewiesen werden und
- die gesonderte Desi...