Clemens Jungsthöfel, Katharina Rohde
Tz. 5
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Dass es sich bei IFRS 4 um einen Interimsstandard handelte, stelle der IASB bereits in IFRS 4.1 klar und definierte die Zielsetzung des Standards dort wie folgt:
„Zielsetzung dieses IFRS ist es, die Rechnungslegung für Versicherungsverträge für jedes Unternehmen, das solche Verträge im Bestand hält (in diesem IFRS als ein Versicherer bezeichnet), zu bestimmen, bis das Board die zweite Phase des Projekts über Versicherungsverträge abgeschlossen hat. Insbesondere fordert dieser IFRS
- begrenzte Verbesserungen der Rechnungslegung des Versicherers für Versicherungsverträge.
- Angaben zur Identifizierung und Erläuterung der aus Versicherungsverträgen stammenden Beträge im Abschluss eines Versicherers, die den Abschlussadressaten helfen, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheit der künftigen cash flows aus Versicherungsverträgen zu verstehen.”
Tz. 6
Stand: EL 54– ET: 10/2024
In den Anwendungsbereich von IFRS 4 fielen gemäß IFRS 4.2:
- Versicherungsverträge (einschließlich Rückversicherungsverträge), die es im Bestand hält und Rückversicherungsverträge, die es nimmt;
- Finanzinstrumente mit einer ermessensabhängigen Überschussbeteiligung, die es im Bestand hält (IFRS 4.35). IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben verlangt Angaben zu Finanzinstrumenten, einschließlich der Finanzinstrumente, die solche Rechte beinhalten.
Tz. 7
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Auch wenn der Hauptadressat des IFRS 4 die Versicherungsunternehmen waren, stellte der IASB bereits im Wortlaut des Anwendungsbereichs klar, dass es sich – im Gegensatz zu den Bilanzierungsregeln für Versicherer im HGB – nicht um einen branchenspezifischen, sondern branchenübergreifenden, produktbezogenen Standard handele (IFRS 4.BC10(a)). Daher mussten mit der Einführung des IFRS 4 grundsätzlich alle nach IFRS bilanzierenden Unternehmen prüfen, ob sie Verträge abgeschlossen haben, die den Definitionskriterien des IFRS 4 für Versicherungsverträge entsprachen und damit entsprechend nach dem neuen Standard zu bilanzieren waren.
IFRS 4 regelte die Bilanzierung von Verpflichtungen beim Versicherungsgeber, nicht die Bilanzierung beim Versicherungsnehmer (IFRS 4.4), außer wenn der Versicherungsnehmer diese als Rückversicherer übernimmt.
Tz. 8
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Die Ausnahmen vom Anwendungsbereich des IFRS 4 waren in IFRS 4.4 festgelegt und resultierten vor allem aus der Anwendung anderer IFRS-Standards. Hierbei handelte es sich zB um Produktgewährleistungen von Produzenten oder Händlern, die nach IAS 37 bzw. nach IAS 18 bilanziert werden, nach IAS 19 zu bilanzierende Vermögenswerte und Verpflichtungen aus Versorgungsplänen von Arbeitgebern, nach IAS 17 zu bilanzierende Rechte oder Verpflichtungen, die von der künftigen Nutzung bestimmter nicht finanzieller Güter abhängen (Lizenzgebühren, Nutzungsentgelte, Leasingraten) sowie um nach IFRS 3 zu bilanzierende bedingte Zahlungsansprüche oder Zahlungsverpflichtungen aus einem Unternehmenszusammenschluss.
Tz. 9
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Ein Versicherungsvertrag war laut IFRS 4 Anhang A definiert als "A contract under which on a party (the insurer) accepts significant insurance risk from another party (the policy holder) by agreeing to compensate the policyholder if a specified uncertain future event (the insured event) adversely affects the policyholder" Dies wurde iW nach IFRS 17 übernommen.
Unter die Definition fielen nahezu alle gängigen Versicherungsverträge, insbesondere die Verträge aus den Versicherungszweigen der Schaden-/Unfallversicherung (vgl. IFRS 4.B18(a)).
Tz. 10
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Da die bisherigen, teils sehr konträren, Diskussionen zur Bilanzierung von Versicherungsverträgen gezeigt hatten, dass eine kurzfristige Umsetzung verbindlicher Ansatz-, Bilanzierungs- und Bewertungskriterien nicht erreichbar war, entschloss sich der IASB für ein weitgehendes Beibehaltungswahlrecht der bisher angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Dadurch sollte auch eine etwaige (unnötige) Doppelbelastung der Unternehmen durch die Umsetzung der Ergebnisse der Phase II vermieden werden (IFRS 4.BC77). Das Beibehaltungswahlrecht ergab sich konkret aus IFRS 4.13, wodurch Versicherungs- und Rückversicherungsverträge von der Anwendung der IAS 8.10–12 ausgenommen wurden.
Aufgrund der bestehenden IFRS-Regelungslücke hätten die Unternehmen zur Bilanzierung der aus Versicherungsverträgen resultierenden Abschlussposten eigene Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden entwickeln oder wie oben ausgeführt auf die US-GAAP-Regelungen zurückgreifen können. Durch IFRS 4.13 wurden die Unternehmen allerdings von der Anwendung der IAS 8.10–12 grundsätzlich befreit. Dies bedeutete in der Praxis, dass die Unternehmen ihre bisher angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (US-GAAP, HGB) weiterhin anwenden dürfen.
Tz. 11
Stand: EL 54– ET: 10/2024
Die Unternehmen durften allerdings ihre Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden für Versicherungsverträge auch ändern (IFRS 4.22), wenn die Änderungen zu entscheidungsrelevanteren od...