Prof. Dr. Sven Hayn, Dr. Thomas Ströher
Tz. 148
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Indem der Investor sich bei der Beurteilung einer Beherrschung über ein Beteiligungsunternehmen mit dem Zweck und der Gestaltung des Beteiligungsunternehmens befassen muss, hat er auch die Risiken zu betrachten, denen das Beteiligungsunternehmen bzw. die am Beteiligungsunternehmen beteiligten Investoren ausgesetzt werden bzw. werden sollen, und zu beurteilen, ob der Investor selbst einigen oder sämtlichen dieser positiven und negativen Risiken ausgesetzt ist (IFRS 10.B8). Die Risikobelastung eines Investors aus schwankenden Renditen kann durchaus von der Summe der Renditeschwankungen des Beteiligungsunternehmens abweichen. Um zu beurteilen, ob bereits die Tatsache, Partei eines derivativen Finanzinstruments zu sein (häufig ist dies bei strukturierten Unternehmen der Fall), dazu führt, dass der Investor iSd. IFRS 10 schwankenden Renditen ausgesetzt ist, sind ua. folgende Punkte zu beachten (vgl. EY, International GAAP 2023, Kap. 7, Abschn. 5.3):
- Art und Umfang der Risiken des Beteiligungsunternehmens (Kreditrisiko, Zinsrisiken, Währungsrisiken, Warenpreisrisiken, Kursrisiken oder operativen Risiken);
- Zweck des Beteiligungsunternehmens (Aktivitäten des Beteiligungsunternehmens, Bedingungen von Verträgen, die durch das Beteiligungsunternehmen eingegangen wurden, Art der Anteile am Beteiligungsunternehmen und wie diese an potenzielle Investoren vermittelt werden, Art der Investoren, die durch das Beteiligungsunternehmen partizipieren);
- Art und Umfang der Variabilität der Renditen, die durch das Beteiligungsunternehmen generiert werden, und wie und in welchem Umfang diese an die Investoren des Beteiligungsunternehmens weitergegeben werden (dabei sind ebenfalls Risiken und Zweck des Beteiligungsunternehmens zu berücksichtigen).
Tz. 149
Stand: EL 51 – ET: 10/2023
Obwohl Derivate grundsätzlich dazu führen, dass die daran beteiligten Parteien Risiken ausgesetzt werden, führen uE Derivate, durch die lediglich das Beteiligungsunternehmen (zB ein strukturiertes Unternehmen) einem Risiko ausgesetzt wird, nicht zu einer Beteiligung der Investoren an den schwankenden Renditen iSd. IFRS 10. Nur Derivate, durch die (neben dem Beteiligungsunternehmen) auch die daran beteiligte (Gegen-)Partei einem Risiko ausgesetzt wird, für welches das Beteiligungsunternehmen vorgesehen wurde, können als Beteiligung an den schwankenden Renditen angesehen werden. Beispielsweise dienen Kreditausfallversicherungen, sog. Credit Default Swaps (CDS), als derivatives Finanzinstrument dazu, Kreditrisiken von einem Investor auf andere Investoren zu übertragen. Die Kreditrisiken werden durch sie nicht egalisiert. Vielmehr ist der Investor, der die Kreditausfallversicherung ausgegeben hat, nun an den schwankenden Renditen des Beteiligungsunternehmens beteiligt (IFRS 10.BC66). Derivate, durch welche die Zahlungsströme des Beteiligungsunternehmens an die des Investors angeglichen werden sollen, um die Risiken zu minimieren, denen der Investor durch die Beteiligung am Beteiligungsunternehmen ausgesetzt ist, führen nicht dazu, dass die ausstellende Vertragspartei des Derivats automatisch schwankenden Renditen des Beteiligungsunternehmens ausgesetzt ist. Dagegen führen Derivate, mit denen die Variabilität der Renditen des Beteiligungsunternehmens vom Investor auf einen anderen Vertragspartner übertragen wird (zB total return swaps), dazu, dass dieser Vertragspartner den schwankenden Renditen ausgesetzt ist und dieser ggf. das Beteiligungsunternehmen zu konsolidieren hat, sofern die anderen Bedingungen von Beherrschung erfüllt sind. Letztlich wurde in diesen Fällen auch das Beteiligungsunternehmen dazu initiiert, um den Vertragspartner an den schwankenden Renditen zu beteiligen.