Prof. Dr. Hans-Jürgen Kirsch, Dr. Kathrin Köhling
Tz. 35
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Der Preis auf dem Hauptmarkt bzw. dem vorteilhaftesten Markt darf nicht um Transaktionskosten angepasst werden (IFRS 13.25; IFRS 13.BC60f.). Transaktionskosten sind nach IFRS 13 als solche zu klassifizieren, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt werden (IFRS 13, Appendix A):
- Die Transaktionskosten ergeben sich direkt aus einer Transaktion und sind kennzeichnend für die Transaktion; und
- die Transaktionskosten wären dem Unternehmen nicht entstanden, wenn im Unternehmen keine Entscheidung für den Verkauf des Vermögenswertes oder für die Übertragung der Schuld getroffen worden wäre.
Bei Transaktionskosten handelt es sich demnach um inkrementelle Kosten, die bei der Übertragung eines Vermögenswertes bzw. einer Schuld anfallen. Hierunter sind bspw. Provisionen, Steuern oder auch Notarkosten zu subsumieren (vgl. Wawrzinek/Lübbig, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 2, Tz. 243). Transaktionskosten sind kein positionsspezifisches Charakteristikum (vgl. Tz. 18a) und haben somit keinen Einfluss auf den Wert der Position. Diese sind vielmehr ein Spezifikum einer Transaktion und werden – abhängig vom jeweiligen Marktzugang – für verschiedene Unternehmen unterschiedlich hoch ausfallen.
Tz. 35a
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
In Bezug auf die bilanzielle Behandlung von Transaktionskosten verweist IFRS 13 auf die jeweiligen einschlägigen Einzelstandards (IFRS 13.25). Zahlreiche Einzelstandards (zB IAS 36, IAS 40, IFRS 5) schreiben eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert vor, von dem die Verkaufskosten bzw. Veräußerungskosten, dh. die Transaktionskosten, im Rahmen der bilanziellen Abbildung abzuziehen sind (fair value less costs to sell; fair value less costs of disposal). Hierbei handelt es sich nicht um einen neuen, dh. unabhängig von IFRS 13, anzuwendenden Bewertungsmaßstab. Vielmehr ist auch in diesem Fall die Fair-Value-Komponente nach IFRS 13 zu bestimmen (vgl. EY, International GAAP 2018, S. 947).
Tz. 36
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Transportkosten vom Standort am Bewertungsstichtag zum Hauptmarkt bzw. zum vorteilhaftesten Markt gehören nicht zu den Transaktionskosten (IFRS 13.26). Sie können uU einen wertbeeinflussenden Charakter besitzen. Transportkosten resultieren aus einem Ereignis (Transport), das eine Eigenschaft (Standort) der Position verändert. Hier sind folglich bei der Fair-Value-Bewertung zu berücksichtigen, wenn der Standort ein objektspezifisches Charakteristikum des zu bewertenden Vermögenswertes oder der zu bewertenden Schuld ist (IFRS 13.BC62). Der Standort kann va. bei Vermögenswerten wie Sachanlagen oder Rohstoffen, aber auch bei Sachleistungsverpflichtungen, eine wertrelevante Eigenschaft verkörpern und damit den Wert der Position beeinflussen (IFRS 13.11 (a); vgl. auch IDW RS HFA 47, Tz. 18). Sofern die Transportkosten nicht im Fair Value berücksichtigt würden, würden gerade bei physisch zu transportierenden Vermögenswerten die Merkmale des Bewertungsobjektes nicht angemessen beachtet werden. Deshalb wird der Preis auf dem Hauptmarkt bzw. dem vorteilhaftesten Markt um diejenigen Kosten angepasst, die beim Transport des Postens vom Standort hin zum relevanten Markt anfallen.
Auch diese Regelung deckt sich mit bereits vor IFRS 13 bestehenden Vorschriften; IAS 41 sieht bspw. vor, dass Transportkosten im Rahmen der Fair-Value-Bewertung von biologischen Vermögenswerten oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen abgezogen werden.
Tz. 37
Stand: EL 38 – ET: 6/2019
Die Berücksichtigung von Transaktionskosten und Transportkosten – sowohl bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes als auch bei der Identifizierung des vorteilhaftesten Marktes – zeigt folgendes Beispiel (IFRS 13.IE18–23):
Beispiel:
Ein Vermögenswert kann auf zwei aktiven Märkten zu verschiedenen Preisen verkauft werden. Das bilanzierende Unternehmen hat jeweils Zugang zum Markt und geht regelmäßig Transaktionen auf den Märkten ein. Auf dem Markt A kann das Unternehmen Umsätze in Höhe von 26 GE erzielen, wobei gleichzeitig Transaktionskosten von 3 GE und Transportkosten von 2 GE anfallen (Nettoerlös: 21 GE). Auf dem Markt B beträgt der Umsatz pro Vermögenswert dagegen 25 GE, während Transaktionskosten in Höhe von 1 GE und Transportkosten von 2 GE berechnet werden (Nettoerlös: 22 GE).
in GE |
Markt A |
Markt B |
Marktpreis |
26 |
25 |
Transaktionskosten |
(3) |
(1) |
Transportkosten |
(2) |
(2) |
Nettoerlös |
21 |
22 |
Falls Markt A aufgrund des beobachteten Handelsvolumens und der Marktaktivität bspw. als Hauptmarkt identifiziert wird, so wird der beizulegende Zeitwert ermittelt, indem die Transportkosten vom Umsatzerlös abgezogen werden. Der beizulegende Zeitwert beträgt hier 24 GE.
Falls keiner der Märkte als Hauptmarkt identifiziert wird, muss das Unternehmen zunächst den vorteilhaftesten Markt identifizieren (vgl. Tz. 24). Der vorteilhafteste Markt ist dadurch gekennzeichnet, dass bei der Veräußerung des Vermögenswertes auf diesem Handelsplatz der maximale Erlös erzielt wird. Dabei sind Transportkosten und Transaktionskosten zu berücksicht...