Tz. 177

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Finanzielle Vermögenswerte, deren Vertragsbedingungen eine Anpassung der Höhe und/oder des zeitlichen Eintritts der zu empfangenden Zahlungen gestatten, bedürfen einer gesonderten Betrachtung für Zwecke des SPPI-Tests. Als Beispiel für eine Anpassung der Zahlungshöhe sei eine Zinsanpassungsklausel im Kreditvertrag genannt, der zufolge der Gläubiger das Recht erhält, den Vertragszins anzupassen, sollte der Schuldner Zahlungen nicht fristgerecht nachkommen oder bestimmte Kennzahlen nicht einhalten. Eine Anpassung des zeitlichen Anfalls der vertraglichen Zahlungsströme liegt bspw. vor, wenn Kreditbeziehungen vorzeitig gekündigt oder über den ursprünglich vereinbarten Endzeitpunkt hinaus verlängert werden können. Vertragsklauseln, die zu einer Veränderung der Höhe und/oder des zeitlichen Eintritts von Zahlungen führen können, sind dem IASB zufolge unschädlich für die Erfüllung des Zahlungsstromkriteriums, solange die Zahlungsreihe auch nach erfolgter Anpassung den SPPI-Test besteht. Das bedeutet, dass die vertraglichen Zahlungen sowohl vor als auch nach der Modifikation Tilgungen und Zinsbeträge iSd. Definition darstellen müssen (vgl. IFRS 9.B4.1.10). Der Grund für die Änderung der Zahlungsstruktur ist für sich genommen nicht entscheidungsrelevant, er ist aber als Indikator bei der Beurteilung zu berücksichtigen (s. a. IFRS 9.B4.1.13, Instrument E). Als tendenziell schädlich einzustufendes Beispiel nennt der IASB eine Zinserhöhung infolge des Erreichens eines Aktienindexstands, da diese keinen ursächlichen Zusammenhang mit einer elementaren Kreditvereinbarung aufweise (sich also nicht mit einem veränderten Zeitwert des Geldes, einem Anstieg des Kreditrisikos etc. erklären lassen; vgl. IFRS 9.B4.1.10 und 13, Instrument B sowie B4.1.14, Instrument F und G und 4.1.15ff.).

 

Tz. 178

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Der IASB führt in den Anwendungsleitlinien Beispiele für Zahlungsstrommodifikationen auf, welche als im Einklang mit dem Zahlungsstromkriterium stehend eingestuft werden (vgl. IFRS 9.B4.1.11 und 12A):

  1. eine variable Zinsvereinbarung, bei der der Zins neben der Vergütung für den Zeitwert des Geldes und das für die Dauer der Geldleihe übernommene Ausfallrisiko auch anderweitige Risiken und Kosten abdeckt, die im Zusammenhang mit einer elementaren Kreditvereinbarung stehen;
  2. eine Vertragsklausel, der zufolge der Kreditnehmer seine Schuld vorzeitig zurückzahlen kann oder ein Anleger berechtigt ist, dem Emittenten das Finanzinstrument vor Fälligkeit anzudienen. In beiden Fällen muss der dabei gezahlte resp. empfangene Betrag im Wesentlichen dem ausstehenden Kapitalbetrag nebst Zinsen entsprechen, wobei eine "angemessene Vergütung" ("reasonable compensation") für die vorzeitige Beendigung nicht zu beanstanden ist (vgl. Tz. 181; s. a. IFRS 9.BC4.216ff.);
  3. eine Vertragsbedingung, nach der die Vertragsparteien berechtigt sind, die Laufzeit des Finanzinstruments zu verlängern. Entscheidend ist dabei, dass sämtliche Zahlungen, die infolge der Laufzeitverlängerung entstehen, ebenfalls dem Zahlungsstromkriterium genügen müssen. Wie im vorigen Fall (b) ist eine angemessene zusätzliche Vergütung für die Verlängerung nicht zu beanstanden.
 

Tz. 179

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Für eine bestimmte Unterkategorie vorzeitig rückzahlbarer Kredite legt der IASB weitere Bedingungen fest, die erfüllt sein müssen, damit die vertraglichen Zahlungen dem SPPI-Test genügen (vgl. IFRS 9.B4.1.12f.):

  1. Das Instrument wird nicht zum Nominalbetrag erworben oder ausgereicht, weist also ein Agio oder Disagio auf;
  2. der gezahlte resp. empfangene Betrag entspricht im Wesentlichen dem vertraglich geschuldeten Nominalbetrag nebst aufgelaufenen Zinsen; und
  3. der beizulegende Zeitwert des Kündigungsrechts ist zum Zeitpunkt des Zugangs unbedeutend.

Die vorstehenden Bedingungen sind ohne den Hintergrund, vor dem sie entwickelt wurden, kaum zu verstehen, zumal die Einleitung des betreffenden Paragrafen schwer verständlich ist: "Despite paragraph B4.1.10, a financial asset that would otherwise meet the condition in paragraphs 4.1.2(b) and 4.1.2A(b) but does not do so only as a result of a contractual term that permits (or requires) the issuer to prepay a debt instrument or permits (or requires) the holder to put a debt instrument back to the issuer before maturity is eligible … if […]". Kündbare Instrumente werden nach IFRS 9.B4.1.10(b) als im Einklang mit dem Zahlungsstromkriterium stehend eingeschätzt, soweit der Kündigungsbetrag dem ausstehenden Kapitalbetrag zzgl. Zinsen und einer ggf. zu leistenden Kompensationszahlung entspricht (vgl. Tz. 178, Aufzählungspunkt (b)). Warum sollte aber dann ein Vertragsbestandteil, demzufolge eine vorzeitige Rückzahlung des Instruments möglich oder verpflichtend ist, dazu führen, dass die Zahlungsstrombedingung infrage gestellt wird?

 

Tz. 180

Stand: EL 37 – ET: 2/2019

Die Erklärung: Der IASB wollte Ankäufen vorzeitig kündbarer, zahlungsgestörter Kredite nicht ex ante eine Erfüllung des Zahlungsstromkriteriums...

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