Prof. Dr. Peter Wollmert, Dr. Stefan Bischof
Tz. 221
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Hinsichtlich des Ansammlungsbeginns der Rückstellung ist zunächst zu beachten, dass dieser vom Zeitpunkt der (rechtlichen oder faktischen) Entstehung der Verpflichtung abweichen kann, dh. er kann vor, aber auch nach der Entstehung der Verpflichtung liegen. Entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt der Berechtigte seine Gegenleistung nach der Planformel (service under the plan's benefit formula; IAS 19.70) erbringt, um die Aufstockungen zu erhalten. Die Bestimmung dieses Zeitpunkts gestaltet sich bei ATZ-Vereinbarungen schwieriger als bei anderen Verpflichtungen wie Jubliäums- oder Pensionszusagen.
Bei Jubiläumszusagen beginnt die für den Erhalt von Leistungen maßgebliche Dienstzeit (sog. anrechenbare Dienstzeit) mit dem Eintritt des Mitarbeiters in das Unternehmen. Deshalb ist eine Ansammlung der Rückstellung ab dem Eintritt vorzunehmen (vgl. Tz. 243). Dies gilt idR auch für Pensionsrückstellungen (vgl. Tz. 118). Dies liegt darin begründet, dass im Fall des Ausscheidens des Mitarbeiters die Höhe der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG auf dem Eintritt in das Unternehmen basiert. Bei Altersteilzeitverpflichtungen mangelt es indes an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Die Planformel kann daher nur auf Grundlage der ATZ-Vereinbarung abgeleitet werden. Hierbei ist für den Ansammlungsbeginn der Rückstellungen für Aufstockungsleistungen insbesondere IAS 19.73 Beispiel 2 zu beachten (vgl. DRSC AH 1 (IFRS) Tz. 24).
Tz. 222
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Unter Berücksichtigung der o. g. Grundlagen zur Ermittlung der Planformel ist für Individualvereinbarungen, die nicht ergänzend zu bereits bestehenden Kollektivvereinbarungen geschlossen werden, mit der Ansammlung der Rückstellung mit dem Entstehen der Verpflichtung aufgrund der Individualvereinbarung zu beginnen (vgl. DRSC AH 1 (IFRS) Tz. 25).
Bei Kollektivvereinbarungen kann der Ansammlungsbeginn vor dem Abschluss einer ergänzenden Individualvereinbarung liegen. Hier ist die Festlegung nach Maßgabe des IAS 19.73 Beispiel 2 vorzunehmen. Diesem Beispiel liegt eine Zusage auf Auszahlung eines Kapitals im Alter 65 zugrunde, die der Mitarbeiter erhält, sofern er im Alter von 55 Jahren mindestens 20 Dienstjahre im Unternehmen gearbeitet hat. Hier ist mit der Ansammlung im Alter 35 zu beginnen, selbst wenn der Mitarbeiter schon zB im Alter 30 eingetreten wäre. Dieser Ansammlungsbeginn wird damit begründet, dass der im Alter 30 eingetretene Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden und zB im Alter 34 zurückkehren könnte, ohne dass dies Auswirkungen auf die Höhe oder die Fälligkeit der Leistung hätte.
Tz. 223
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Dieses Argument – Ausscheiden und spätere mögliche Wiederkehr ohne Leistungseinbuße – ist zur Ableitung der Planformel für Aufstockungsleistungen regelmäßig einschlägig. Die Auswirkungen werden anhand des folgenden Ausgangsbeispiels (Blockmodell) verdeutlicht:
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Alter des Berechtigten beim Abschluss der Kollektivvereinbarung (zB Tarifvertrag): 55 Jahre (Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung) |
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Eintritt im Alter 30 |
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Vorgesehener Beginn der Altersteilzeit: Alter 60 |
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je 3 Jahre Aktiv- und Passivphase |
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in der Kollektivvereinbarung vorgesehene Mindestbetriebszugehörigkeit, die vor Beginn der ATZ zu erbringen ist: 3 Jahre |
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Geltungsdauer der Kollektivvereinbarung: 5 Jahre |
In Analogie zu den Ausführungen in IAS 19.73 Beispiel 2 beginnt die Gegenleistung des Berechtigten im Alter 57, dh. dem Zeitpunkt, der sich bei Abzug der Mindestbetriebszugehörigkeit vom Beginn der Altersteilzeit ergibt. Nicht maßgebend ist hingegen der Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung im Alter 55. Denn der Berechtigte könnte aufgrund der Geltungsdauer der Kollektivvereinbarung im Alter 55 ausscheiden, kurz vor Vollendung des 57. Lebensjahres zurückkehren und dennoch die ungekürzten Aufstockungsleistungen erhalten. Die zusätzliche, aber nicht zum Erhalt der Altersteilzeit notwendige und auch nicht die Höhe der Aufstockungsleistungen beeinflussende Betriebszugehörigkeit ist demnach nicht als Gegenleistung des Berechtigten (bzw. service under the plan's benefit formula) anzusehen.
Verändert man das Ausgangsbeispiel dahingehend, dass keine Mindestbetriebszugehörigkeit erforderlich ist, dann ist mit der Ansammlung der Rückstellung ab dem Abschluss einer ergänzenden Individualvereinbarung zu beginnen; vor Abschluss der Individualvereinbarung könnte der Mitarbeiter aufgrund der fehlenden Mindestbetriebszugehörigkeit und der Geltungsdauer der Kollektivvereinbarung austreten und vor Vollendung seines 60. Lebensjahres zurückkehren.
Wäre die Mindestbetriebszugehörigkeit im Ausgangsbeispiel 10 Jahre, müsste im Alter 55 ein nachzuverrechnender Dienstzeitaufwand für die ersten fünf Jahre der Mindestbetriebszugehörigkeit erfasst werden. Eine generelle Ansammlung erst bei Abschluss einer ergänzenden Individualvereinbarung oder erst ab Beginn der Aktivphase ist uE nicht zulässig (aA Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, S. 527 ...