Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 157
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Da Ertragsteuern Jahressteuern sind, werden sie nicht quartalsweise oder halbjährlich festgesetzt. Damit die Quartalsergebnisse nicht ohne Steueraufwand ermittelt bzw. ausgewiesen werden, müssen für Zwecke der Zwischenberichterstattung die auf das Quartalsergebnis entfallenden Ertragsteuern geschätzt werden. Dazu wird der Ertragsteueraufwand einer Zwischenberichtsperiode auf Basis des Steuersatzes abgegrenzt, der auf das gesamte erwartete Periodenergebnis, also das voraussichtliche Jahresergebnis, angewendet werden würde (integrative Perspektive). Das heißt, in jeder Zwischenberichtsperiode ist jener Ertragsteueraufwand zu erfassen, der sich aus der Multiplikation der besten Schätzung des durchschnittlichen jährlichen effektiven Ertragsteuersatzes mit dem Vorsteuerergebnis der Zwischenberichtsperiode ergibt (IAS 34.B12).
Die Ertragsteuern dürfen im Quartalsabschluss somit nicht in der Weise ermittelt werden, als ob das Quartal eine unabhängige Periode wäre. Ein Vergleich zwischen den steuerlichen Wertansätzen und den Wertansätzen in der Bilanz gem. IAS 12 zur Ermittlung der latenten Steuern zum Quartalsstichtag oder eine Ermittlung der tatsächlichen Steuern auf Basis des IST-Quartalsergebnisses sind daher nach IAS 34 nicht zulässig (vgl. Loitz, DStR 2006, S. 389).
IAS 34.30 (c) greift zudem das Ertragsteuerergebnis auf, ohne dies explizit zu definieren. Gemäß IAS 12.5 setzt sich das Ertragsteuerergebnis aus den tatsächlichen Steuern und den latenten Steuern zusammen, die in die Ermittlung des Gewinns oder Verlusts der Periode eingehen. Die Vorschrift des IAS 34.30 (c) betrifft somit neben den tatsächlichen Steuern auch die unterjährige Erfassung von latentem Steueraufwand bzw. -ertrag (vgl. ausführlich hierzu Loitz, DStR 2006, S. 388–391 und S. 439–443).
Tz. 158
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Mit Blick auf das Problem, dass durch eine Vielzahl von Ertragsteuersätzen, die ua. nach Ländern und nach Steuerarten differenziert werden können, nicht zwangsläufig eine bessere Schätzung der Ertragsteuern möglich ist als bei einer geringeren Differenzierung (= Problem der Scheingenauigkeit), ist nach IAS 34.B14 nicht zwingend eine differenzierte Ermittlung notwendig. Unter Umständen kann statt einer differenzierten Ermittlung auch ein gewichteter Durchschnitt der Steuersätze in den Rechtskreisen oder in den Ertragskategorien verwendet werden, soweit dieser gewichtete Durchschnitt eine vernünftige Approximation des Steueraufwands ist, der sich bei einer differenzierteren Berechnung ergäbe (zur Differenzierung vgl. Tz. 176f.).
Tz. 159
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Fraglich ist, wieweit beschlossene Änderungen in den Ertragsteuersätzen bei der unterjährigen Bilanzierung latenter Steuern zu behandeln sind. In vielen Ländern treten Änderungen im Rahmen der steuerlichen Gesetzgebung oft erst zu Beginn des folgenden Kalenderjahres in Kraft, dh. für Unternehmen regelmäßig zu Beginn ihres nächsten Geschäftsjahres. In IAS 34 wird auf diesen Sachverhalt nicht explizit eingegangen. Unseres Erachtens hat das Unternehmen die latenten Steuern im Zwischenbericht anzupassen. Der resultierende Anpassungsbedarf ist vollständig in der Zwischenberichtsperiode zu vereinnahmen, in der die künftigen steuerrechtlichen Änderungen vom Gesetzgeber beschlossen wurden.
Tz. 160
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Wieweit der durchschnittliche Ertragsteuersatz zu differenzieren ist (zB nach Steuerarten) und ob der Ertragsteuersatz uU als Funktion auszugestalten ist (zB wegen einer progressiven Steuersatzstruktur), wird in IAS 34 nicht explizit geregelt. Allerdings wird mit IAS 34.B14 grundsätzlich vorgegeben, einen durchschnittlichen jährlichen Ertragsteuersatz für jeden Steuerrechtskreis zu schätzen und diesen Satz mit den jeweiligen Vorsteuerergebnissen der Steuerrechtskreise zu multiplizieren. Auch in Bezug auf die verschiedenen Arten von Ertragsteuern (zB Gewerbeertragsteuer, Körperschaftsteuer) soll der Steuersatz differenziert werden (zur Differenzierung der Steuersätze vgl. Tz. 176f.).
Tz. 161
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
In den folgenden zwei Beispielen soll verdeutlicht werden, wie der Steueraufwand unterjährig zu periodisieren ist. Im ersten Beispiel wird dabei eine zweistufige progressive Steuersatzstruktur angenommen, im zweiten Beispiel wird erläutert, wie sich Quartalsverluste auf den Steueraufwand auswirken.
Tz. 162
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
1. Beispiel zur unterjährigen Periodisierung der Ertragsteuern:
Ein quartalsweise berichtendes Unternehmen erwartet konstante Quartalsergebnisse von je 10.000 GE vor Ertragsteuern, dh. 40.000 GE als Jahresergebnis (vor Ertragsteuern). Der Steuersatz beträgt 20 % auf die ersten 20.000 GE des Gewinns und 30 % auf alle zusätzlichen Gewinne (IAS 34.B15).
Gemäß IAS 34.B13 ist auf das Vorsteuerergebnis der Zwischenperiode der geschätzte durchschnittliche jährliche effektive Ertragsteuersatz anzuwenden. Angenommen, die erwarteten Quartalsergebnisse werden tatsächlich erwirtschaftet: In diesem Fall würde d...