Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 91
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Im amerikanischen Schrifttum wurde zum einen der integrale Ansatz (integral view) und zum anderen der eigenständige oder diskrete Ansatz (independent view oder discrete view) entwickelt. Die Kritik an diesen beiden Ansätzen brachte als Kompromiss den kombinierten Ansatz (combination view) hervor.
Tz. 92
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Der integrative Ansatz (integral view) sieht die Zwischenberichtsperiode als integralen Bestandteil der Jahresperiode und nicht als eigenständige Berichtsperiode. Nach diesem Ansatz steht der jährliche Abschluss im Mittelpunkt des Interesses der Aktionäre. Ziel der unterjährigen Erfolgsermittlung nach dem integrativen Ansatz ist es, den Aktionären mithilfe des Zwischenberichts eine verbesserte Prognose des Jahresergebnisses und der zu erwartenden Dividende zu ermöglichen (vgl. Green, JAR 1964, S. 35). Damit das Jahresergebnis prognostiziert werden kann, sind die Aufwendungen und die Erträge im Hinblick auf die Jahresperiode abzugrenzen (vgl. Busse von Colbe/Reinhard, 1989, S. 3; Baetge/Schlösser, 1993, S. 229; Green, JAR 1964, S. 35f.; Baetge/Rolvering, 2001, S. 511f.). Wird bspw. mit einem Umsatz von 40 Mio. GE und einem Gewinn von 5 Mio. GE in einem Jahr gerechnet, so werden nach dem integrativen Ansatz im Zwischenbericht für das erste Halbjahr ein Umsatz iHv. 20 Mio. GE und ein Gewinn von 2,5 Mio. GE ausgewiesen.
Tz. 93
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Der integrative Ansatz wird bspw. in den USA angewendet. In ASC 270–10–45–9a heißt es: "If a cost […] clearly benefits two or more interim periods, each interim period shall be charged for an appropriate portion of the annual cost by the use of accruals or deferrals." In den amerikanischen Vorschriften zur Zwischenberichterstattung wird allerdings eine gemäßigte Form des integrativen Ansatzes verfolgt. So wird gefordert, die im Zwischenbericht auszuweisenden Umsatzerlöse nach dem Realisationsprinzip zu ermitteln (ASC 270–10–45–3).
Tz. 94
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Nach dem eigenständigen Ansatz (discrete view) stellt die Zwischenberichtsperiode dagegen eine geschlossene und somit von dem Geschäftsjahr unabhängige Berichtsperiode dar. Die Hauptaufgabe der Zwischenberichterstattung nach dem eigenständigen Ansatz besteht darin, das Ergebnis und den Geschäftsverlauf der jeweiligen Zwischenberichtsperiode darzustellen (vgl. Bridts, 1990, S. 117; Baetge/Rolvering, 2001, S. 511f.). Beispielsweise würde der Zwischenbericht eines Unternehmens, dessen Quartalsumsätze saisonbedingt stark schwanken, diese Schwankungen uneingeschränkt wiedergeben. Erwirtschaftet das Unternehmen bspw. im ersten Halbjahr einen Umsatz von 10 Mio. GE und einen Gewinn von 0,5 Mio. GE, so würden diese Zahlen im Zwischenbericht ausgewiesen, auch wenn das Unternehmen mit einem wesentlich höheren Umsatz bzw. höheren Gewinn für das gesamte Geschäftsjahr rechnet. Zwar können mit dem eigenständigen Ansatz erhebliche Schwankungen des unterjährigen Ergebnisses auftreten, indes wird mit dem eigenständigen Ansatz erst ermöglicht, einen saisonalen Geschäftsverlauf zu erkennen. Überdies könnte die Glättung von Erträgen und Aufwendungen auch für die Prognose von Jahresergebnissen unerwünschte Auswirkungen haben, denn eine unterjährige Trendwende würde verborgen bleiben.
Tz. 95
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Der kombinierte Ansatz (combination view) stellt eine Kombination des integrativen und des eigenständigen Ansatzes dar (zum kombinierten Ansatz vgl. ausführlich Bridts, 1990, S. 124–128; FASB (Hrsg.), 1978, Tz. 92–95; Köster, 1992, S. 73–75). Die Aufwendungen und Erträge werden bei diesem Ansatz bestimmten Gruppen von Erfolgskomponenten zugeordnet, die dann je nach Zuordnung entweder integrativ oder kombinativ erfasst werden (vgl. FASB (Hrsg.), 1978, Tz. 93). In Deutschland wird regelmäßig der kombinierte Ansatz für die Erfolgsermittlung im Zwischenbericht präferiert (vgl. BDO (Hrsg.), 1989, S. 13–19; Bridts, 1990, S. 128–132; Busse von Colbe/Reinhard, 1989, S. 3f.; Dahl, 1995, S. 86; Köster, 1992, S. 159–201).
Tz. 96
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Nach IAS 34 wird im Wesentlichen der eigenständige Ansatz zugrunde gelegt. So wird im IAS 34.28 explizit gefordert, dass ein Unternehmen in seinem Zwischenbericht dieselben Rechnungslegungsmethoden wie im jährlichen Abschluss anzuwenden hat. Zudem verlangt IAS 34.29, dass jede Zwischenberichtsperiode grundsätzlich als eigenständige Periode anzusehen ist. In Einzelfällen wird im IAS 34 der eigenständige Ansatz indes durch integrative Elemente ergänzt (vgl. Alvarez, PiR 2006, S. 222), bspw. die Festlegung des Steuertarifs bei der Ermittlung des Ertragsteueraufwands (vgl. Tz. 157–166) oder der Umgang mit Änderungen von Schätzungen bei der bilanziellen Abbildung von Versicherungsverträgen nach IFRS 17 im Zwischenabschluss (vgl. Tz. 119a).