Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 127
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Grundsätzlich gelten für den Materialaufwand bzw. für den korrespondierenden Bilanzposten Vorräte am Zwischenberichtsstichtag die gleichen Erfassungs- und Bewertungsgrundsätze wie am Abschlussstichtag (zur Bilanzierung von Vorräten vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 2, Tz. 31ff.). Gemäß IAS 2 werden beim Verkauf von Vorräten die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in dem Zeitpunkt als Aufwand in der Gesamtergebnisrechnung erfasst, in dem der zugehörige Ertrag erfasst wird (IAS 2.34).
Tz. 128
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Obgleich für die Erfassung und die Bewertung des Materialverbrauchs an Zwischenberichts- und Abschlussstichtagen generell die gleichen Erfassungs- und Bewertungsgrundsätze gelten, erfordert die Ermittlung dieser Werte zu Zwischenberichtsstichtagen aufgrund der Zeit- und Kostenrestriktion ein größeres Maß an Schätzungen. Eine Inventur ist gem. IAS 34.C1 grundsätzlich nicht erforderlich. Der Materialverbrauch ist im Wege der Fortschreibung (Skontration) zu erfassen. Bei konstanten Beschaffungspreisen kann der Materialverbrauch aus den Materialabgängen bestimmt werden; bei unterschiedlichen Beschaffungspreisen im Zeitablauf sind zusätzlich die Zugänge zu erfassen und der Materialverbrauch kann bspw. mithilfe von Bewertungsvereinfachungsverfahren wie der Durchschnittsmethode berechnet werden (vgl. Bridts, 1990, S. 268; Köster, 1992, S. 168f.). Weiterhin können indirekte Verfahren wie die retrograde Methode zur Bestimmung des Materialverbrauchs herangezogen werden (vgl. Köster, 1992, S. 168f.). Liegen indes Anhaltspunkte für unübliche Inventurdifferenzen vor, wie Diebstahl oder Schwund, so ist uU auch an Zwischenberichtsstichtagen eine Inventur durchzuführen (vgl. auch Köster, 1992, S. 168).
Vertraglich festgelegte Mengenrabatte und Preisänderungen sind im Zwischenbericht gem. IAS 34.B23 sowohl vom Empfänger als auch vom leistenden Unternehmen periodengerecht abzugrenzen, vorausgesetzt am Zwischenberichtsstichtag ist der Eintritt des Mengenrabattes wahrscheinlich und verlässlich ermittelbar (bspw. die Schätzung des voraussichtlichen jährlichen Abnahmevolumens im Zusammenhang mit einem jahresbezogenen Stufenrabatt; glA KPMG (Hrsg.), Insights into IFRS, 2019/2020, Tz. 5.9.100.10). Im Gegensatz zu vertraglich festgelegten Mengenrabatten darf der Besteller freiwillige Rabatte und Nachlässe gem. IAS 34.B23 keinesfalls berücksichtigen, bevor der Anspruch definitiv ist (idR also erst dann, wenn die Gutschrift eingetroffen ist). Aber auch bei vertraglich festgelegten Mengenrabatten darf der Besteller den Mengenrabatt erst dann buchen, wenn wahrscheinlich ist, dass die dem Rabatt zugrunde gelegten Mengen auch tatsächlich bestellt werden.
Tz. 129
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Auch an Zwischenberichtsterminen ist zu überprüfen, ob die in der Bilanz angesetzten Vorräte korrekt bewertet sind und ob ggf. Abschreibungen, die im Materialaufwand zu erfassen sind, erforderlich sind. Gemäß IAS 2 sind Vorräte auf den Nettoveräußerungswert abzuschreiben, wenn dieser unter die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gefallen ist. Der Nettoveräußerungswert ist gem. IAS 2.6 der geschätzte, im normalen Geschäftsgang erzielbare Verkaufserlös abzgl. der geschätzten Kosten bis zur Fertigstellung und abzgl. der noch anfallenden geschätzten notwendigen Verkaufskosten (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 2, Tz. 95ff.). Aufgrund der Zeitrestriktion an Zwischenberichtsstichtagen kann der Abschreibungsbedarf für Vorräte nicht zu jedem Stichtag detailliert berechnet werden. Unternehmen werden eher prüfen, ob bestimmte Anzeichen vorliegen, die auf eine wesentliche Wertminderung des Vorratsvermögens hinweisen, um zu bestimmen, ob eine detaillierte Berechnung des Wertminderungsaufwands notwendig ist (so im Zusammenhang mit Wertminderungen im Anwendungsbereich von IAS 36 (IAS 34.B36)). Vorräte, die in einer Zwischenberichtsperiode auf den Nettoveräußerungspreis abgeschrieben wurden, dürfen nur dann an einem folgenden Zwischenberichtsstichtag wieder zugeschrieben werden, wenn diese Vorgehensweise auch am Ende des Geschäftsjahres angebracht wäre (IAS 2.33 iVm. IAS 34.B26).
Abweichungen bei der Produktion – etwa aufgrund von Ineffizienzen wie Ausschuss – dürfen in Zwischenberichten nicht abgegrenzt werden, sondern sie sind erfolgswirksam in der GuV zu erfassen, da die Vorräte sonst zu einem höheren oder geringeren Anteil der tatsächlichen Herstellungskosten in der Zwischenberichts-Bilanz ausgewiesen würden. Dies gilt auch, wenn erwartet wird, dass sich die Abweichungen bis zum Jahresende voraussichtlich wieder ausgleichen werden. Daher werden Preis-, Effizienz-, Materialeinsatz- und Mengenabweichungen eines produzierenden Unternehmens im gleichen Ausmaß an Zwischenberichtsstichtagen ergebniswirksam, wie diese Abweichungen an Abschlussstichtagen berücksichtigt werden (IAS 34.B28).