Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer, Dr. Julian Höbener
Tz. 62
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Leasingzahlungen, die der Leasingnehmer während des Verwendungszeitraums oder danach (vgl. Tz. 58) an den Leasinggeber zu leisten hat, sind bei der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen und damit auch im Wertansatz des Nutzungsrechts enthalten. Vorauszahlungen, die der Leasingnehmer also vor oder zur Bereitstellung des Leasingobjekts an den Leasinggeber entrichtet, dürfen hingegen bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit nicht einbezogen werden (IFRS 16.26f.), da mit diesen Zahlungen zum Bereitstellungsdatum keine Verpflichtung mehr verbunden ist (vgl. Tz. 57). Da auch solche Vorauszahlungen regelmäßig Entgelte für das Recht auf Nutzung des Leasinggegenstands sind und insofern die Definition von Leasingzahlungen erfüllen, sieht IFRS 16.24 (b) folgerichtig vor, sie werterhöhend bei der Bestimmung der Anschaffungskosten des Nutzungsrechts zu berücksichtigen.
Tz. 62a
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Leistet ein Leasingnehmer Vorauszahlungen, die als Leasingzahlungen zu qualifizieren sind und folglich Eingang in die Erstbewertung des Nutzungsrechts finden müssen, vor dem Bereitstellungsdatum (commencement date) des Leasingobjekts, sind diese Zahlungen zunächst zum Zeitpunkt ihres Anfalls als Vorauszahlung zu aktivieren – und idR unter den kurzfristigen Vermögenswerten auszuweisen –, ehe sie zum Bereitstellungsdatum in das Nutzungsrecht umzugliedern sind (vgl. Tettenborn/Nell, KoR 2019, S. 478; zum Ausweis von Vorauszahlungen vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 1, Tz. 98; Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 2, Tz. 51f.).
Tz. 62b
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Von Vorauszahlungen an den Leasinggeber, die als Leasingzahlung zu qualifizieren sind und daher in die Anschaffungskosten des Nutzungsrechts einbezogen werden müssen, sind Kosten iSv. IFRS 16.B43f. abzugrenzen, die aufseiten des Leasingnehmers im Zusammenhang mit dem Bau oder der Umgestaltung des Leasingobjekts (relating to the construction or design of the underlying asset) anfallen. Solche Baukosten – bspw. für Mietereinbauten – sind nicht Teil der Anschaffungskosten des Nutzungsrechts, sondern nach anderen einschlägigen Standards zu bilanzieren (ausführlich vgl. Tz. 65dff.).
Tz. 62c
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Die Bilanzierung einer Kaution iSe. erstattungsfähigen Sicherheitsleistung (security deposit), die der Leasingnehmer an den Leasinggeber leistet, richtet sich im Allgemeinen nicht nach den Vorschriften des IFRS 16. Dies liegt darin begründet, dass diese Zahlung kein Entgelt für das Recht auf Nutzung des Leasinggegenstandes während des Verwendungszeitraums ist und demnach keine Leasingzahlung darstellt. Vielmehr hat der Leasingnehmer Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zuzüglich (Zinses-)Zins, sodass der Leasingnehmer eine Forderung, der Leasinggeber eine Verbindlichkeit gem. IFRS 9 bilanziert. Dabei erfolgt die Erstbewertung zum beizulegenden Zeitwert, während die Folgebewertung mittels der Effektivzinsmethode vorzunehmen ist.
Eine Besonderheit ergibt sich allerdings dann, wenn eine Verzinsung unterhalb des für den Leasinggeber einschlägigen Marktzinses vereinbart wurde. Der Differenzbetrag zwischen Nominalwert und beizulegendem Zeitwert der geleisteten Kaution ist als (vorausgezahlte) Leasingzahlung zu qualifizieren und daher nach den Vorschriften des IFRS 16 zu bilanzieren. Folglich ist der erstmalige Wertansatz des Nutzungsrechts dann um diesen Differenzbetrag zu erhöhen (vgl. EY, International GAAP 2020, S. 1678; Deloitte, iGAAP 2019, S. 1757f.).
Beispiel – Unverzinsliche Mietkaution:
Sachverhalt: LN und LG vereinbaren im Rahmen eines Leasingverhältnisses eine Mietkaution iHv. 1.000 GE, die der Leasingnehmer zum Bereitstellungsdatum an den Leasinggeber leistet und die zum Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses von sieben Jahren unverzinslich zurückzuzahlen ist. Unter Berücksichtigung seiner Bonität würde der Leasinggeber einen Marktzins von 5 % zu zahlen haben.
Beurteilung: Der beizulegende Zeitwert der Mietkaution zum Bereitstellungs-
datum beträgt 710,68 GE . Zu diesem Zeitpunkt bucht der Leasing-
nehmer eine Forderung iHv. 710,68 GE ein, die er nach IFRS 9 bilanziert, und erhöht zudem das ebenfalls zu aktivierende Nutzungsrecht wertmäßig um 289,32 GE (1.000 GE ./. 710,68 GE).
Tz. 62d
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Wird eine nicht erstattungsfähige Sicherheitsleistung vor oder zur Bereitstellung des Leasingobjekts gezahlt, qualifiziert sich diese insgesamt als vorausgezahlte Leasingzahlung und ist daher als solche in Gänze bei der erstmaligen Bewertung des Nutzungsrechts gem. IFRS 16.24 (b) werterhöhend zu berücksichtigen (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 169).