Prof. Dr. Peter Wollmert, Dr. Stefan Bischof
Tz. 139
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Nach IAS 19.76 ist grundsätzlich zu beachten, dass die versicherungsmathematischen Annahmen die bestmögliche Einschätzung eines Unternehmens zu Bewertungsparametern widerspiegeln, die die tatsächlichen Kosten für Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestimmen. Maßgebend für die Ermittlung der defined benefit obligation sind damit die am Abschlussstichtag für den künftigen Leistungszeitpunkt nach der bestehenden Leistungszusage zu erwartenden Zahlungen. Aus diesem Grund sind Trendannahmen für die bestehende Leistungszusage zu berücksichtigen. Künftig mögliche Änderungen der Leistungszusage sind hierbei nach IAS 19.89 unbeachtlich. Solche Änderungen führen zu nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand (vgl. Tz. 37), soweit sie die Höhe von Leistungen für die vor der Änderung erbrachte Arbeitsleistung beeinflussen.
Tz. 140
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Bei der Ermittlung der Altersversorgungsverpflichtungen für Aktive ist gemäß IAS 19.87(b) das Gehalt zum Zeitpunkt der Zahlung der Versorgungsleistung zugrunde zu legen. Demnach sind bei gehaltsabhängigen Zusagen wie endgehaltsabhängigen Leistungszusagen (Endgehaltszusagen (final pay) oder Versorgungszusagen, deren Höhe vom Durchschnittsgehalt der letzten aktiven Jahre abhängig ist (final average pay)) oder gehaltsabhängigen Bausteinsystemen (Zusagen, bei denen die Leistungen auf Beitragszahlungen in das Versorgungssystem basieren, welche periodisch in der Beschäftigungsphase des Mitarbeiters erfolgen und von dessen jeweils bezogenem Gehalt abhängig sind) Annahmen über die künftigen Gehaltsanpassungen zu treffen. Diese beziehen sich zum einen auf allgemeine (im Wesentlichen inflations- und kaufkraftbedingte) Veränderungen im Lohn- und Gehaltsniveau des Unternehmens insgesamt und zum anderen auf strukturelle, dh. karrierebedingte Lohn- und Gehaltsveränderungen des einzelnen Aktiven. Bei Zusagen, deren Leistungshöhe neben dem Gehalt auch von der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig ist, ist ein Trend für die Beitragsbemessungsgrenze anzusetzen. Sollten die Leistungen in der Anwartschaftsphase nach der Zusage an die Inflation oder an die Veränderung einer bestimmten anderen Referenzgröße (zB eine bestimmte Beamtenbesoldungsgruppe) angepasst werden, ist diese Dynamik zu berücksichtigen. Dasselbe gilt auch bei der Bestimmung der Versorgungshöhe bei sog. Gesamtversorgungszusagen, bei denen die Höhe der betrieblichen Versorgungsleistungen von der gesetzlichen Rente ggf. beeinflusst wird (IAS 19.87(e) iVm. IAS 19.95). Hier ist die gesetzliche Rente zum Zeitpunkt des jeweiligen Versorgungsfalls zu schätzen. Eine Anrechnung von Leistungen Dritter auf die betrieblichen Versorgungsleistungen ist ebenfalls unter Berücksichtigung von Trendannahmen vorzunehmen.
Soweit das Unternehmen eine Historie hat, Leistungszusagen (zB Festbetragszusagen) anzupassen, um bspw. der Inflation Rechnung zu tragen, und insoweit eine faktische Verpflichtung besteht, ist gemäß IAS 19.88. die daraus resultierende Dynamik in den Trendannahmen zu erfassen, sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Praxis geändert wird.
Tz. 141
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
In der Praxis ist die Höhe des ansetzbaren Trends abhängig von der Bemessungsgrundlage und den individuellen Gegebenheiten beim Unternehmen festzulegen. Bei gehaltsabhängigen Zusagen werden häufig Gehaltserhöhungen von 2 % bis 3 % pa. angenommen (vgl. auch Thurnes/Vavra/Geilenkothen, DB 2013, S. 2820; Schmidtmeier/Eisenhardt/Bellert, DB 2012, S. 2057).
Tz. 142
Stand: EL 25 – ET: 01/2015
Bei der Ermittlung der Altersversorgungsverpflichtungen für Anwärter und Bezieher laufender Renten ist die künftige Rentendynamik zu berücksichtigen. Dazu ist nicht erforderlich, dass sich die Rentendynamik auf eine formalrechtliche Grundlage stützt. Soweit es hieran fehlt, die Renten in der Vergangenheit aber (regelmäßig) erhöht wurden, und insoweit eine faktische Verpflichtung besteht, ist nach IAS 19.88 für die Zukunft von einer Fortführung der bisherigen Praxis auszugehen, es sei denn, es bestehen gegenteilige Anhaltspunkte. Im Rahmen der Berechnungen für Unternehmen mit Sitz in Deutschland ist insb. der Anpassungsüberprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG Rechnung zu tragen. IdR ist gemäß § 16 Abs. 2 BetrAVG eine Erhöhung der Versorgungsleistungen um den Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens vorzunehmen (ausführlich vgl. Tz. 64). Für Versorgungszusagen, die nach dem 31. Dezember 1998 erteilt wurden, entfällt die Anpassungsprüfungspflicht, sofern die Versorgungszusage eine garantierte Anpassung der laufenden Leistungen um mindestens 1 % pa. enthält. Der Anstieg des Verbraucherpreisindexes in den letzten 20 Jahren betrug etwa 1,7 % pa. (eigene Berechnung). Die pro Jahr beobachtbaren Werte weichen naturgemäß etwas von diesem Durchschnittswert ab. So betrug der Anstieg des durchschnittlichen Verbraucherpreisind...