Prof. Dr. Andreas Barckow, Jens Berger
Tz. 319
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Auch wenn sich die grundlegenden Anforderungen in IAS 39 und IFRS 9 (in Bezug auf die Vorschriften nach IFRS 9 im Detail vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 9, Tz. 266ff.) zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen nicht wesentlich unterscheiden, gibt es dennoch an der ein oder anderen Stelle Unterschiede. Die Zielsetzung der durch IFRS 9 geänderten Vorschriften zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen besteht darin, die Auswirkungen der Risikomanagementaktivitäten besser in den Abschlüssen der Unternehmen abbilden zu können. Damit soll das Hedge Accounting in einem höheren Maße mit dem Risikomanagement in Einklang gebracht werden, wodurch die Entscheidungsnützlichkeit der im Abschluss bereitgestellten Informationen gesteigert werden soll. Dies soll ua. dadurch erreicht werden, dass sowohl der Kreis der Grundgeschäfte als auch der Sicherungsinstrumente, die für Hedge Accounting in Frage kommen, durch IFRS 9 erweitert wurde. Nachfolgend werden ausgewählte Unterschiede zwischen IAS 39 und IFRS 9 dargestellt (für eine Darstellung der wesentlichen Unterschiede zwischen IAS 39 und IFRS 9 vgl. auch EY, 2023, S. 3781ff.). Damit kommt man, auch hinsichtlich der Entwicklungen im DRM-Modell, an die Grenzen der Rechnungslegung vor dem Hintergrund bestehender Bilanzierungskonventionen. Man steht vor einer Wertungsfrage, ob man den Bilanzierungskonventionen einen höheren Stellenwert einräumt als der wahrheitsgetreuen Abbildung in diesem Kontext. Der IASB hat Letzterem einen höheren Stellenwert eingeräumt, gleichzeitig aber auch eine klare Grenzziehung eingefordert, damit über die IAS-8-Hierachie mit gleicher Argumentation keine Analogieschlüsse gezogen werden können.
Tz. 320
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
In Bezug auf Instrumente, die als Grundgeschäfte in Frage kommen, sieht IFRS 9 im Vergleich zu IAS 39 eine Erweiterung der Designationsmöglichkeit für Gruppen von Finanzinstrumenten vor. Die Vorschriften unter IAS 39 in Bezug auf die Designation einer Gruppe sind eher restriktiv gefasst, so dass nur wenige Gruppen als Grundgeschäfte in Frage kommen (vgl. Tz. 224). Durch die Einführung von IFRS 9 sind Gruppendesignationen erheblich ausgeweitet worden und auch dann möglich, wenn keine homogene Gruppe vorliegt, sondern gegenläufige Grundgeschäfte und somit eine Nettoposition abgesichert wird (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 9, Tz. 293f.). Eine bedeutende Neuerung von IAS 39 auf IFRS 9 besteht außerdem darin, dass auch Derivate Bestandteil einer Gruppe sein können (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 9, Tz. 295ff.). Dies stellt eine Annäherung an die Praxis dar, da Derivate auch Teil einer aggregierten Risikoposition sein können, die mit anderen Derivaten abgesichert wird. Gruppen von Geschäften können auch zu einer Nettoposition führen, dh., die Zahlungsströme der einzelnen Grundgeschäfte gleichen sich aus. Unter IAS 39 kann eine Designation in diesen Fällen in der Regel nur durch eine Designation eines sog. Stellvertretergeschäfts erfolgen, dh. der Identifikation eines Geschäfts, das der offenen Position entspricht. Bei Wegfall dieses Geschäfts führt dies allerderings dazu, dass die Sicherungsbeziehung bilanziell als beendet anzusehen ist. Mit IFRS 9 können die Nettopositionen abgesichert werden, dh., ein Stellvertretergeschäft ist nicht (mehr) erforderlich.
Ein weiterer Unterschied zwischen IAS 39 und IFRS 9 in Bezug auf zulässige Grundgeschäfte ergibt sich bei der Designation von Risikokomponenten. IFRS 9 gestattet es, sowohl Risikokomponenten eines finanziellen als auch eines nichtfinanziellen Postens als Grundgeschäft einer Sicherungsbeziehung zu designieren (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 9, Tz. 300). Nach IAS 39 können nichtfinanzielle Posten und die mit diesen verbundenen Risiken lediglich in ihrer Gesamtheit oder hinsichtlich des Währungsrisikos (als Risikokomponente) als Grundgeschäft einer Sicherungsbeziehung designiert werden (vgl. Tz. 232).
Tz. 321
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Unter IFRS 9 qualifizieren im Vergleich zu IAS 39 mehr Instrumente als zulässige Sicherungsinstrumente. Nach beiden Standards qualifizieren Derivate sowie Kombinationen von Derivaten, solange netto keine geschriebene Option vorliegt, als Sicherungsinstrumente. Weiterhin können nach IFRS 9 grundsätzlich auch alle anderen Finanzinstrumente, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bilanziert werden, als Sicherungsinstrument designiert werden, abgesehen von finanziellen Verbindlichkeiten, für welche die Fair-Value-Option ausgeübt wurde und Effekte aus der Veränderung der eigenen Bonität im Sonstigen Ergebnis erfasst werden (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 9, Tz. 276ff.). Gemäß IAS 39 dürfen nichtderivative Finanzinstrumente nur dann als Sicherungsinstrument designiert werden, wenn sie monetäre Posten sind und der Absicherung des Währungsrisikos dienen (vgl. Tz. 217).
Tz. 322
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Hinsichtlich der Möglichkeit zur Designation als Sicherungsinstrument ergeben sich zwischen IAS 39 und IFRS 9 in Bezug auf Optionen...