Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Thomas Krolak
Tz. 56
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Die Unternehmensleitung muss bei der Schätzung der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse folgende Elemente einbeziehen (IAS 36.39):
(a) |
die Prognosen der Mittelzuflüsse aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts; |
(b) |
die Prognosen der Mittelabflüsse, die notwendig sind, um die Mittelzuflüsse aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts zu erzielen, einschließlich der Mittelabflüsse zur Vorbereitung des Vermögenswerts auf seine Nutzung, die dem Vermögenswert direkt oder auf einer vernünftigen und stetigen Basis zugeordnet werden können, sowie |
(c) |
die Nettomittelzuflüsse und -abflüsse, die für den Abgang des Vermögenswerts am Ende seiner Nutzungsdauer eingehen oder gezahlt werden. |
Tz. 57
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Die im Kriterium (a) geforderte "Prognose der Mittelzuflüsse aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts" verlangt eine Analyse vergangener Schätzungen im Hinblick auf ihre Genauigkeit und eine Betrachtung der Gründe für Abweichungen zwischen geplanten und eingetretenen Mittelzuflüssen. Die Schätzungen haben dabei auf der Grundlage aktueller Marktbegebenheiten zu erfolgen, einschließlich solcher bedeutender Änderungen, die sich erst nach einem unterjährig durchgeführten Wertminderungstest ergeben haben. Hinsichtlich der Berücksichtigung der allgemeinen Inflation werden in IAS 36 zwei mögliche Vorgehensweisen genannt. Demzufolge sind die Mittelzuflüsse entweder in nominalen Beträgen (dh. unter Einbeziehung der allgemeinen Inflation und spezifischer Preisveränderungen) zu schätzen und anschließend mit einem Abzinsungssatz zu diskontieren, der die Wirkungen der künftigen inflationsbedingten Preissteigerungen einbezieht. Alternativ dazu sind die künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse in realen Beträgen (dh. ohne Berücksichtigung der allgemeinen Inflation, aber unter Einbezug spezifischer Preisveränderungen) zu schätzen und anschließend mit einer Rate, die die Wirkungen der allgemeinen Inflation außer Acht lässt, zu diskontieren (IAS 36.40). Nach IAS 36.40 muss sich die Unternehmensleitung ausdrücklich für eine dieser beiden Vorgehensweisen entscheiden, da eine Vermengung der Elemente beider Ansätze zu signifikanten Fehlern bei der Berechnung des Nutzungswerts führen könnte.
Tz. 58
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Im Kriterium (b) wird bei der Prognose der künftigen Mittelabflüsse unterschieden zwischen den Mittelabflüssen, die aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts resultieren, und den künftigen Mittelabflüssen, die erforderlich sind, um den Vermögenswert auf seine Nutzung vorzubereiten. Zu den Mittelabflüssen aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts zählen neben den gewöhnlichen Wartungs- und Instandhaltungskosten auch die direkten zahlungswirksamen Gemeinkosten, die der Nutzung des Vermögenswerts auf einer vernünftigen und stetigen Grundlage zugeordnet werden können (IAS 36.39 (b) iVm. IAS 36.41). Allerdings dürfen nicht bestimmte zahlungswirksame Gemeinkosten generell von der Allokation und somit von der Werthaltigkeitsprüfung ausgeschlossen werden (zB Kosten von Vorständen und Vorstands- und Zentralfunktionen wie IT, Investor Relations, Forschung und Entwicklung vgl. IDW RS HFA 40, Tz. 23; ESMA/2013/444, Tz. 26). Der Ausdruck "auf einer vernünftigen und stetigen Basis zugeordnet werden können" macht deutlich, dass grundsätzlich eine Zurechnung aller direkten zahlungswirksamen Gemeinkosten gefordert ist. Vernachlässigt man das Kriterium der Zahlungswirksamkeit, unterscheidet sich der Gemeinkostenbegriff nicht von dem Gemeinkostenbegriff im Rahmen der Abgrenzung der Herstellungskosten (IAS 2.10; IAS 16.18). Wenn die Mittelabflüsse, die noch anfallen werden, bis der Vermögenswert nutzungs- bzw. verkaufsbereit ist, noch nicht im Buchwert des Vermögenswerts erfasst sind, sind diese in die Schätzung der künftigen Mittelabflüsse einzubeziehen (IAS 36.42). Als Beispiele hierfür werden in IAS 36.42 ein im Bau befindliches Gebäude und ein noch nicht abgeschlossenes Entwicklungsprojekt genannt. Bei Geschäftsaktivitäten in der Start-up-Phase sind dabei auch Mittelabflüsse einzubeziehen, die zum Aufbau des Geschäftsbetriebes notwendig sind (vgl. KPMG, 2014/15, Tz. 3.10.240.40).
Tz. 59
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Für die im Kriterium (a) und (b) genannten Mittelzuflüsse und -abflüsse enthält dieser Standard eine Negativabgrenzung bestimmter Mittelzuflüsse und -abflüsse, um Doppelerfassungen, Schätzungen, die über den gegenwärtigen Zustand des Vermögenswerts hinausgehen, und einen zu hohen Berechnungsaufwand bei der Bestimmung des Nutzungswerts zu vermeiden.
Um Doppelerfassungen zu vermeiden, dürfen gem. IAS 36.39 iVm. IAS 36.43 die Schätzungen der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse keine Mittelzuflüsse und -abflüsse enthalten, die bereits bilanziell erfasst (zB in Form von Forderungen, Verbindlichkeiten, Pensionen oder Rückstellungen) oder in dem Abzinsungssatz berücksichtigt worden sind (zB Mittelzuflüsse oder -abflüsse aus Finanzaktivitäten).
Um Inkonsistenzen mit den Ansatzvo...