Tz. 134

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Auch die Residualmethode kann als Schätzverfahren zur Ermittlung des Einzelveräußerungspreises herangezogen werden (IFRS 15.79(c)). Der Residualwert einer Leistungsverpflichtung ergibt sich dabei aus der Differenz des gesamten Transaktionspreises und der Summe beobachtbarer Einzelveräußerungspreise der darüber hinaus vereinbarten Güter und Dienstleistungen (IFRS 15.79(c)). Die Residualmethode ist jedoch nur dann anwendbar, wenn das Unternehmen die gleichen Güter und Dienstleistungen zeitgleich an verschiedene Kunden zu stark variierenden Preisen verkauft oder noch kein Verkaufspreis für die Güter oder Dienstleistungen vorliegt bzw. diese noch nicht einzeln verkauft wurden (IFRS 15.79(c)). Durch Anknüpfung der Anwendungsvoraussetzungen an die Variabilität sowie die Unsicherheit des Verkaufspreises wurde insbesondere der Bilanzierung von Verträgen über geistiges Eigentum und anderer immaterieller Vermögenswerte Rechnung getragen (IFRS 15.BC271). So variiert die Preissetzung bei derartigen Transaktionen häufig aufgrund fehlender Erfahrungswerte oder anderer beobachtbarer Nachweise, der Bandbreite verschiedener Kunden sowie der geringen Grenzkosten (IFRS 15.79(c); IFRS 15.BC271; vgl. KPMG, 2014, S. 57; EFRAG, European Field-Test 2011, Software, S. 9). Die Residualmethode sollte daher – wie bereits nach bestehender Bilanzierungspraxis – vor allem in der Softwarebranche Anwendung finden (vgl. Grote et al., Bevorstehender Anpassungsbedarf (Teil 1), KoR 2012, S. 113).

 

Tz. 135

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Die Residualmethode ist auch bei Verträgen anzuwenden, die mehr als eine Leistungsverpflichtung mit variablen oder unsicheren Einzelveräußerungspreisen beinhalten (IFRS 15.BC272). In diesem Fall ist der ermittelte Residualwert der Leistungsverpflichtungen durch Anwendung weiterer Methoden aufzuteilen (IFRS 15.80; IFRS 15.BC272). Die Aufteilung liegt dabei aufgrund einer fehlenden vorgeschriebenen Methode im Wesentlichen im Ermessen des Unternehmens (vgl. PwC, Revenue from Contracts with Customers, 2014, S. 5-8).

 

Tz. 136

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Der anhand der Residualmethode ermittelte Einzelveräußerungspreis hat im Sinne einer vernünftigen Schätzung einen realistischen Preis abzubilden (IFRS 15.BC273). Im Gegensatz zu den bislang bestehenden Regelungen ist daher ein Residualwert von null ausgeschlossen; dieser muss vielmehr in der Bandbreite beobachtbarer Verkaufspreise liegen (IFRS 15.BC273; 15.IE173–177). Für etwaige Preisnachlässe, die bislang durch Anwendung der US-GAAP-Regelungen ausschließlich der bereits erbrachten Leistungsverpflichtung zugeordnet wurden, ist nunmehr bereits vor der Ermittlung des Residualwerts eine Aufteilung auf andere vertragliche Leistungsverpflichtungen zu prüfen (IFRS 15.83; vgl. Tz. 138).

 

Tz. 137

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Änderungen der bestehenden Bilanzierungspraxis können sich für Unternehmen ergeben, die bislang die spezifischen US-GAAP-Regelungen zur Bilanzierung von Software aus Mehrkomponentengeschäften angewendet haben (IFRS 15.BC474). Eine Erfassung von Umsatzerlösen war demnach nicht zulässig, sofern für noch zu erbringende Leistungsverpflichtungen auch unter Anwendung der Residualmethode kein sog. "vendor-specific objective evidence" ermittelt werden konnte (vgl. EFRAG, European Field-Test 2011, Software, S. 11). Nach IFRS 15 sind die Einzelveräußerungspreise hingegen in jedem Fall zu schätzen und folglich ein entsprechender Umsatzerlös auch für derartige Leistungsverpflichtungen zu erfassen (vgl. EY, A closer look at the new revenue recognition standard, 2015, S. 105; KPMG, 2014, S. 58 f.; Grote et al., Bevorstehender Anpassungsbedarf (Teil 1), KoR 2012, S. 113; EFRAG, European Field-Test 2011, Software, S. 11).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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