Tz. 58b

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Eine besondere Aufmerksamkeit im Rahmen der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit erfordern variable Leasingzahlungen. Mit Blick auf die Regelungssystematik des IFRS 16.27f. und den begleitenden Basis for Conclusions (IFRS 16.BC163–BC169) ist dabei zwischen den folgenden Ausprägungen variabler Zahlungen zu unterscheiden:

  • Variable Zahlungen, die wirtschaftlich betrachtet quasi-fix sind. Diese Zahlungen sind verpflichtend einzubeziehen (IFRS 16.27 (a); vgl. Tz. 58c).
  • Variable Zahlungen, die an einen Index oder Zinssatz gekoppelt sind. Diese Zahlungen sind ebenfalls verpflichtend einzubeziehen (IFRS 16.27 (b); vgl. Tz. 58d).
  • Variable Zahlungen, die erfolgs- oder nutzungsabhängig sind (linked to future performance or use of an underlying asset). Diese Zahlungen sind nicht einzubeziehen (Umkehrschluss aus IFRS 16.27f. und explizit IFRS 16.BC169; vgl. Tz. 58e).
 

Tz. 58c

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Quasi-fixe Zahlungen (in-substance fixed payments) meint Zahlungen, die zwar rechtlich variabel ausgestaltet sind, die allerdings bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise de facto nicht vermieden werden können (in substance unavoidable; IFRS 16.B42). Vor diesem Hintergrund sind diese Zahlungen bei der Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit zwingend einzubeziehen (IFRS 16.27 (a)). Ökonomisch sollen quasi-fixe Leasingzahlungen nicht von fixen Leasingzahlungen zu unterscheiden sein können (IFRS 16.BC164). Unter quasi-fixe Zahlungen sind vor allem Zahlungen zu subsumieren, die auf Mindestentgelte abzielen oder an quasi-sichere künftige Ereignisse geknüpft sind (IFRS 16.B42; vgl. auch Eckl et al., DB 2016, S. 722). Konkret werden in IFRS 16.B42 die folgenden Beispiele für quasi-fixe Zahlungen genannt:

  • Zahlungen, die an die Funktionsfähigkeit des Leasingobjekts oder an den Eintritt eines zwangsläufig eintretenden Ereignisses geknüpft sind (IFRS 16.B42 (a)(i)).
  • Zahlungen, die zwar ursprünglich in Abhängigkeit von der Nutzung des Leasingobjekts als variable Zahlungen angelegt wurden, deren Variabilität aber ab einem bestimmten Zeitpunkt während der Laufzeit des Leasingverhältnisses endet und die für den Rest der Laufzeit zu fixen Zahlungen werden (IFRS 16.B42 (a)(ii)). Diese Zahlungen sind bis zu diesem bestimmten Zeitpunkt als variable Zahlungen nicht bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen, dann aber in die Leasingverbindlichkeit einzubeziehen (zu ihrer Behandlung im Rahmen der Neubewertung der Leasingverbindlichkeit vgl. Tz. 71).
  • Es bestehen mehrere Alternativen von Zahlungsplänen (set of payments) für den Leasingnehmer, aber nur einer davon ist realistisch. Es ist auf das realistische Szenario abzustellen (IFRS 16.B42 (b)).
  • Es bestehen mehrere realistische Alternativen von Zahlungsplänen für den Leasingnehmer. In diesem Fall ist das Szenario zu wählen, in dem der Barwert der Leasingzahlungen am geringsten ist (IFRS 16.B42 (c)). Der so ausgewählte Zahlungsplan hat den Charakter einer Mindestzahlungsverpflichtung (vgl. Freiberg, PiR 2016, S. 156).

Im Rahmen der Beurteilung, ob variabel ausgestaltete Zahlungsmodalitäten quasi-fixen Charakter aufweisen, sollten sämtliche relevanten Fakten und Umstände berücksichtigt werden. Folglich können uE auch solche variablen Zahlungen wirtschaftlich betrachtet quasi-fix sein, deren Variabilität an unternehmensspezifische Bedingungen geknüpft ist (vgl. mit ausführlicher Begründung Dollereder, 2018, S. 157–160; wohl aA Dehmel/Hommel/Rammert, BB 2016, S. 2349; KPMG, Insights into IFRS 2019/20, Tz. 5.1.75.40; vgl. auch Tz. 58e).

 

Tz. 58d

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Variable Leasingzahlungen, die an einen Index oder Zinssatz gekoppelt sind (variable lease payments that depend on an index or a rate), wie bspw. an einen Referenzzinssatz wie den LIBOR, an einen Verbraucherpreis- oder an einen Mietpreisindex, sind ebenfalls in die Bewertung der Leasingverbindlichkeit einzubeziehen (IFRS 16.27 (b) iVm. IFRS 16.28). Aus dieser beispielhaften Aufzählung sowie auch explizit aus den Basis for Conclusions ist zu schließen, dass es zur Ansatzpflicht der variablen Zahlungen der Kopplung an eine objektive Referenzgröße bedarf, die insbesondere unabhängig von der künftigen geschäftlichen Aktivität (not depend on any future activity) des Leasingnehmers ist (IFRS 16.BC165). Eine Referenzgröße, auf die die Vertragsparteien Einfluss haben, kommt also hier nicht infrage. Es würden dann keine ansatzpflichtigen variablen Zahlungen iSd. IFRS 16.27 (b) vorliegen (vgl. Freiberg, WPg 2016, S. 1117; Dollereder, 2018, S. 165). An eine objektive Referenzgröße geknüpfte variable Zahlungen gelten analog zu quasi-fixen Zahlungen als dem Grunde nach unvermeidbar und sind lediglich der Höhe nach mit Unsicherheit verbunden (IFRS 16.BC165).

Hinsichtlich der konkreten Bewertung ist zum Zeitpunkt der Erstbewertung auf die Wertverhältnisse zu diesem Zeitpunkt abzustellen. Mithin sind erwartete Änderungen der Referenzgröße, bspw. mit Blick auf die künftige Inflation, explizit ausz...

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