Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Fabian Graupe
Tz. 113
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Darüber hinaus sind mit der vollständig retrospektiven Anwendung der Equity-Methode einerseits und der eingeschränkt retrospektiven Anwendung der Equity-Methode (analoge Anwendung von IFRS 3.58f. (2004)) andererseits zwei grundsätzlich anschaffungskostenbasierte Methoden denkbar, die im Folgenden vorgestellt und diskutiert werden (zur eingeschränkt retrospektiven Anwendung der Equity-Methode vgl. Tz. 119–126; zur Diskussion beider Methoden vgl. Tz. 127–130).
Tz. 114
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Die Grundüberlegung der vollständig retrospektiven Anwendung besteht darin, die bislang nach den Vorschriften des IFRS 9 bilanzierte einfache Beteiligung zum Zeitpunkt des Statuswechsels – also ab erstmaliger Anwendung der Equity-Methode – so abzubilden, als ob die Equity-Methode seit dem Zeitpunkt des ersten Anteilserwerbs angewendet worden wäre (retrospektive Anwendung). In diesem Zusammenhang sind insofern die einzelnen Anteilskäufe als separate Anschaffungsvorgänge zu interpretieren, auf die IAS 28.32 iVm. IAS 28.10 tranchenweise anzuwenden ist. Zunächst sind dazu sämtliche im Rahmen der bisherigen Folgebilanzierung der Altanteile vorgenommenen Wertänderungen erfolgsneutral zu stornieren, um die (jeweiligen) historischen Anschaffungskosten zu ermitteln (ausführlich vgl. Tz. 115). Den historischen Anschaffungskosten der einzelnen Tranchen ist anschließend das auf die jeweilige Tranche anteilig entfallende zu beizulegenden Zeitwerten bewertete Reinvermögen gegenüberzustellen, wobei auf die Zeitwerte im Erwerbszeitpunkt der jeweiligen Tranche abzustellen ist (tranchenweise Kapitalverrechnung). Die historischen Anschaffungskosten der einzelnen Tranchen sind in einem nächsten Schritt entsprechend dem üblichen Vorgehen bei der Fortschreibung im Rahmen der Equity-Methode auf den Zeitpunkt des Statuswechsels erfolgsneutral fortzuführen (zur Fortschreibung des Equity-Werts vgl. Tz. 133–213). Hierzu sind zum einen Abschreibungen bzw. die Auflösung stiller Reserven und stiller Lasten und zum anderen die während der bisherigen Haltedauer auf die Altanteile anteilig entfallenden Periodenerfolge des Beteiligungsunternehmens abzüglich erhaltener Dividenden zu berücksichtigen. Wurde bspw. eine Beteiligung über zwei Paketkäufe im Abstand von acht Jahren erworben, dann müsste für das erste Paket rückwirkend ein Unterschiedsbetrag ermittelt werden und der Equity-Wert rückwirkend über acht Jahre fortgeschrieben werden. Diese – aufgrund von Gewinnen beim Beteiligungsunternehmen meist positiven – Änderungen des Equity-Werts aus der rückwirkenden Fortschreibung früherer Anteilskäufe müssten erfolgsneutral über die Gewinnrücklagen berücksichtigt werden, da die Beteiligung im laufenden Abschluss so darzustellen ist, als wäre sie von Anfang an nach der Equity-Methode bilanziert worden. Zu beachten ist allerdings, dass die Vorjahreszahlen nicht rückwirkend angepasst werden.
Tz. 115
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Bevor die Beteiligung erstmalig at equity in den Abschluss einbezogen wird, wurde sie gemäß IFRS 9 in aller Regel entweder erfolgsneutral oder erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet (vgl. Tz. 45). Da die Altanteile bei der retrospektiven Anwendung der Equity-Methode hingegen mit dem Wertansatz anzusetzen sind, der sich bei einer Bilanzierung der Altanteile gemäß der Equity-Methode ergeben hätte, sind diese gemäß IFRS 9 erfassten Änderungen des beizulegenden Zeitwerts folglich rückgängig zu machen. Bei der erfolgsneutralen Bewertung der Beteiligung wurden die Wertanpassungen aus der Neubewertung in einer Neubewertungsrücklage erfasst. Diese erfolgsneutral berücksichtigten Wertanpassungen sind beim Übergang zur Bilanzierung der Equity-Methode wiederum erfolgsneutral durch Buchung gegen diese Rücklage zu stornieren. Erfolgswirksam behandelte Wertanpassungen des beizulegenden Zeitwerts der Anteile sind ebenfalls vor Anwendung der Equity-Methode erfolgsneutral rückgängig zu machen, da es sich faktisch um eine rückwirkende Änderung einer Rechnungslegungsmethode handelt. Andernfalls würde die Ertragslage der laufenden Periode durch die Stornierung früherer Änderungen des beizulegenden Zeitwerts der Beteiligung verzerrt.
Tz. 116
Stand: EL 35 – ET: 6/2018
Die retrospektive Anwendung der Equity-Methode wird im Folgenden anhand des obigen Beispiels (vgl. Tz. 99) veranschaulicht. Der Sachverhalt des Beispiels wird dabei um folgende Annahmen ergänzt: Erfolgsneutrale Eigenkapitaländerungen lagen bei Unternehmen B nicht vor. Es liegen keine Hinweise auf eine Wertminderung der Beteiligung vor.
Sofern die Beteiligung bislang – erfolgswirksam oder erfolgsneutral – zum beizulegenden Zeitwert bewertet wurde, ist zunächst die Werterhöhung iHv. 900 GE (von 1.200 GE auf 2.100 GE) erfolgsneutral zu stornieren.
Anschließend ist eine tranchenweise Kapitalverrechnung durchzuführen, indem die (historischen) Anschaffungskosten mit dem auf die jeweilige Anteilstranche entfallenden Reinvermögen des Beteiligungsunternehmens auf Basis ...