Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 167
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Jedwede anders geartete Zielsetzung, bei der ein Unternehmen nicht in einer Absicht handelt, vorrangig vertragliche Zahlungsströme zu vereinnahmen oder wahlweise Zahlungen zu vereinnahmen und Vermögenswerte zu veräußern, wird unter "anderweitig" subsumiert. Zu diesen zählt der IASB ua. ein Geschäftsmodell, bei welchem ein Unternehmen Finanzvermögen mit dem Ziel steuert, die Zahlungsströme durch Verkauf zu realisieren und diese Veräußerungsentscheidung vom jeweiligen beizulegenden Zeitwert der Vermögenswerte abhängig macht ("managed and performance evaluated on a fair value basis"; vgl. IFRS 9.4.2.2(b) f. iVm. B4.1.5f.). Gleiches gilt für ein Geschäftsmodell, bei dem Vermögen "zu Handelszwecken gehalten" (held for trading) werde (vgl. IFRS 9.B4.1.6). Den konzeptionellen Unterschied zum zuvor dargestellten Mischmodell, unter dem ebenfalls Zahlungsströme durch Verkauf der betreffenden Finanzaktiva realisiert werden, sieht der IASB darin, dass – vergleichbar dem Haltemodell – die Realisierung durch Veräußerung praktisch den Regelfall darstellt und die Vereinnahmung von Zahlungsströmen eher beiläufig "in Kauf genommen" werde und folglich kein integraler Bestandteil zur Erfüllung der Zielsetzung des Geschäftsmodells sei ("incidental, not integral"; vgl. IFRS 9.B4.1.5).
Tz. 168
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Abgrenzung der Geschäftsmodelle zueinander ist nicht in allen Fällen so eindeutig, wie der IASB glauben macht. Einerseits weist er deutlich und mit Nachdruck darauf hin, dass die hinter einem Geschäftsmodell stehende Zielsetzung eine Tatsachenfrage und keine Ermessensentscheidung sei – wie auch immer er dies zu verifizieren gedenkt (vgl. Tz. 158); ob vorgenommene Verkäufe, die nach Zahl und/oder Verkaufsvolumen bedeutsam sind, nun Ausnahme- oder Regelfall sind, wird sich ex ante kaum ausmachen lassen, zumal jegliche Verkaufsaktivität lediglich Legitimationsappelle, jedoch keinerlei Sanktionsfolgen nach sich zieht. Auf der anderen Seite schafft er selbst durch eine auslegungsbedürftige Wortwahl (ungewollt?) Interpretationsspielräume: Wie anders sollte man ansonsten den eigentlich offensichtlichen Normenkonflikt einstufen, wenn der IASB einerseits schreibt, dass eine Steuerung auf Fair-Value-Basis (und damit einer Gesamtrendite!) als sonstiges Geschäftsmodell einzustufen ist, er aber im oben zitierten Beispiel (vgl. Tz. 166, Beispiel 19) gleichzeitig die Entlohnung eines Portfoliomanagers auf Gesamtrenditebasis als unproblematisch für eine Klassifizierung von Vermögenswerten zur Kategorie "Halten zwecks Vereinnahmung und Veräußerung" nennt (so auch Berger/Struffert/Nagelschmitt, WPg 2013, S. 222)?