Prof. Dr. Corinna Ewelt-Knauer, Dr. Julian Höbener
Tz. 131
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Bei der Klassifizierung eines Leasingverhältnisses über ein unbebautes Grundstück bzw. der Grundstückskomponente eines Leasingverhältnisses (vgl. Tz. 132f.) muss der Leasinggeber nach IFRS 16.B55 zwingend berücksichtigen, dass Grundstücke regelmäßig eine unbegrenzte wirtschaftliche Nutzungsdauer (indefinite economic life) haben. In einer früheren Version des Vorgängerstandards IAS 17 wurde seitens des IASB noch ausgeführt, dass diese Tatsache – vorbehaltlich einer (optionalen) rechtlichen Eigentumsübertragung am Ende der Laufzeit – normalerweise zur Klassifizierung als Operating-Leasingverhältnis führe (IAS 17.14 (2009)). Diese Aussage wurde indes im Rahmen eines Amendments des IAS 17 im Jahr 2009 gestrichen, und zwar mit der Begründung, dass der Barwert des Restwertes, der auf den Leasinggeber nach dem Leasingverhältnis entfällt, bei sehr langen Leasingverhältnissen aufgrund des Zeitwertes des Geldes vernachlässigbar sei, sodass doch ein nahezu gänzlicher Risiken- und Chancentransfer auf den Leasingnehmer vorliegen kann (IFRS 16.BCZ241–BCZ243). Folglich kann ein Leasingverhältnis über ein unbebautes Grundstück bzw. über eine Grundstückskomponente auch ohne vereinbarte rechtliche Eigentumsübertragung als Finance-Leasingverhältnis zu klassifizieren sein (im Schrifttum werden Vertragslaufzeiten ab 50 Jahren genannt; vgl. dazu Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 306; im Kontext von IAS 17 PwC, IFRS für Banken, 2017, S. 3092).
Im Allgemeinen wird die Beurteilung, ob ein Leasingverhältnis über ein unbebautes Grundstück bzw. über eine Grundstückskomponente als ein Operating- oder als ein Finance-Leasingverhältnis zu klassifizieren ist, mit Blick auf die typisierten Beispiele des IFRS 16.63 regelmäßig anhand des Vorliegens einer automatischen Eigentumsübertragung (IFRS 16.63 (a)) respektive einer günstigen Kaufoption (IFRS 16.63 (b)) und/oder anhand des Barwerttests (IFRS 16.63 (d)) zu prüfen sein. Spezialleasing ist bei Grundstücken in aller Regel nicht einschlägig und der Laufzeittest läuft angesichts einer unbegrenzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer ins Leere (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 304; ähnlich auch im Kontext von IAS 17 ADS Int, Abschn. 12, Tz. 113; PwC, IFRS für Banken, 2017, S. 3091f.).
Tz. 132
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Enthält ein Leasingverhältnis sowohl eine Grundstücks- als auch eine Gebäudekomponente, so sind diese Komponenten getrennt voneinander entweder als Operating- oder als Finance-Leasingverhältnis zu klassifizieren (IFRS 16.B55) und folglich ggf. entsprechend unterschiedlich zu bilanzieren. Hierbei ist für Klassifizierungszwecke eine Aufteilung der (einheitlichen) Leasingzahlungen (einschließlich einmaliger Vorauszahlungen) auf diese beiden Komponenten nach dem Verhältnis der zu Beginn des Leasingverhältnisses bestehenden jeweiligen beizulegenden Zeitwerte der Leistungen für die Mietrechte für die Grundstückskomponente auf der einen Seite sowie für die Gebäudekomponente auf der anderen Seite vorzunehmen (IFRS 16.B56; vgl. für ausführliche Zahlenbeispiele Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 310; im Kontext von IAS 17 PwC, IFRS für Banken, 2017, S. 3089–3091).
Tz. 133
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
Diese in IFRS 16.B55 verankerte Vorgabe zur isolierten Betrachtung der Grundstücks- und der Gebäudekomponente enthält die beiden folgenden Ausnahmen:
- Sollte die Aufteilung der Leasingzahlungen nicht zuverlässig möglich sein, ist das gesamte Leasingverhältnis als Finance-Leasingverhältnis einzustufen, es sei denn, beide Komponenten sind unzweifelhaft Operating-Leasingverhältnisse, sodass dann eine entsprechende Klassifizierung für das gesamte Leasingverhältnis als Operating-Leasingverhältnis geboten ist (IFRS 16.B56).
- Wenn der Wert der Grundstückskomponente unwesentlich ist, hat der Leasinggeber gem. IFRS 16.B57 das Wahlrecht, die Grundstücks- und die Gebäudekomponente des Leasingverhältnisses als eine Einheit zu betrachten und entsprechend gemeinsam als Operating- oder Finance-Leasingverhältnis zu klassifizieren. Sollte der Leasinggeber Gebrauch von diesem Wahlrecht machen, so hat er die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Gebäudekomponente als wirtschaftliche Nutzungsdauer des einheitlichen Leasingobjekts zu betrachten (IFRS 16.B57).
Tz. 134–139
Stand: EL 43 – ET: 03/2021
(einstweilen frei)