Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 136
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Der Behelfscharakter der indirekten Bewertung ist offensichtlich. Sie führt zu einem Widerspruch mit der Interpretation des Eigenkapitals als Residualgröße (IFRS 2.BC64). Insofern ist ein Verstoß gegen die – nicht verbindlichen – Konzepte des Frameworks zu konstatieren.
Tz. 137
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Dem Ergebnis der Diskussion zur Bestimmung des adäquaten Bewertungsmaßstabes, die in den Entscheidungsgrundlagen zum IFRS 2 wiedergegeben ist (IFRS 2.BC69–90), ist jedoch zuzustimmen. Historische Kosten scheiden als Wertmaßstab für vergütungshalber gewährte Eigenkapitalinstrumente aus, da diese zB für Optionen gar nicht definiert sind. Der innere Wert der Optionen scheidet ebenfalls aus, da hier eine unvollständige Werterfassung der Optionen resultierte. Der den Optionen immanente, bis zum Verfallszeitpunkt grundsätzlich positive Zeitwert würde vernachlässigt werden (IFRS 2.BC78). Bei Optionen, die am Geld (Bezugspreis = Börsenkurs im Gewährungszeitpunkt der Option) ausgegeben werden, bedeutete dies eine vollständige Unterschätzung des Optionswertes. Der Mindestwert einer Option (minimum value) wird auf Basis eines Barwertkalküls ermittelt, das einem Optionspreismodell mit einer Volatilität von annähernd null entspricht, sodass es zur Vernachlässigung wesentlicher Teile des Zeitwertes kommt (IFRS 2.BC83). Da der beizulegende Zeitwert in der Rechnungslegung bereits in vielen anderen Anwendungsfällen eingesetzt wird, den Transaktionspreis zwischen sachverständigen, vertragswilligen Marktteilnehmern wiedergibt und als einziger der diskutierten Wertmaßstäbe zu einer vollumfänglichen Erfassung des Optionswertes führt (IFRS 2.BC85), ist die Entscheidung des Boards uE zu begrüßen.
Tz. 138
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Kritisch ist jedoch anzumerken, dass das Erfordernis zur Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes im Gewährungszeitpunkt zu einer unbefriedigenden Situation führt. Eine aufwandswirksame Verrechnung von Optionsprogrammen ist zwingend geboten, obwohl die Bewertungsgrundsätze nicht abschließend geklärt sind (vgl. Vater, WPg 2005, S. 1270). So wird in IFRS 2.B1 explizit hervorgehoben, dass es sich bei den Ausführungen um keine erschöpfende Diskussion handelt. Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass die Anleitung durch die Standards sehr begrenzt ist und über allgemeine Hinweise nicht hinausgeht. Einigkeit besteht darin, dass das ausgewählte Bewertungsmodell den Ansprüchen des Fair-Value-Gedankes genügen muss. Weiterhin sollte das betreffende Modell im Einklang mit den allgemein anerkannten Bewertungsmethoden für Finanzinstrumente stehen und das zu bewertende Vergütungsinstrument abzubilden vermögen (vgl. Vater, WPg 2005, S. 1272). Dies ist problematisch, da für eine Reihe von Gestaltungsmerkmalen keine Bewertungsansätze existieren.
Tz. 139
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Positiv ist hervorzuheben, dass sich in Zukunft der Ausweis von Personalaufwand nicht mehr wird vermeiden lassen. Kurios mutet dabei das Ergebnis an, dass der Personalaufwand für reale Optionsprogramme dann zu niedrig ausgewiesen wird, wenn sich der Börsenkurs unerwartet gut entwickelt, während dies bei virtuellen Programmen genau umgekehrt ist (vgl. Pirchegger, RIW 2005, S. 353).
Tz. 140
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Festzuhalten ist auch, dass der in der GuV ausgewiesene Aufwand und die durch das Programm tatsächlich verursachte Belastung grundsätzlich auseinanderfallen werden, sodass hier ein hohes Unsicherheitspotential für die Bilanzverantwortlichen besteht. Insofern muss das Unternehmen im Rahmen seiner Dokumentation Sorge tragen, dass Abweichungen, die auf Prognoseunsicherheiten zurückgeführt werden können, eindeutig identifizierbar sind. Die Angemessenheit der Werteinschätzung wird sicher der kritischen Einschätzung des Wirtschaftsprüfers unterliegen müssen (vgl. Vater, WPg 2005, S. 1271f.).