Prof. Dr. Peter Wollmert, Prof. Dr. Peter Oser
Tz. 27
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Unternehmen, die nach § 315e HGB ihren Konzernabschluss nach den IFRS aufstellen, haben zusätzlich zu den von der Europäischen Union übernommenen IFRS bestimmte Vorschriften des HGB anzuwenden, die überwiegend kein Pendant in den IFRS haben. Nur insoweit ist § 315e Abs. 1 HGB konstitutiv (vgl. Tz. 4). Nach der abschließenden Aufzählung des § 315e Abs. 1 HGB sind ergänzend folgende handelsrechtliche Vorschriften zu beachten:
- § 294 Abs. 3 HGB: Auskunftspflichten eines Tochterunternehmens gegenüber dem Mutterunternehmen;
- § 297 Abs. 1a HGB: Firma, Sitz, Registergericht, Handelsregisternummer; Hinweis auf Liquidation oder Abwicklung;
- § 297 Abs. 2 Satz 4 HGB: Bilanzeid der gesetzlichen Vertreter des Mutterunternehmens;
- § 298 Abs. 1 iVm. §§ 244 und 245 HGB: Pflicht zur Darstellung des Konzernabschlusses in deutscher Sprache und in Euro (vgl. Tz. 32) sowie Pflicht zur Unterzeichnung des Abschlusses;
- § 313 Abs. 2 und 3 HGB: Angaben zum Beteiligungsbesitz (vgl. Tz. 33);
- § 314 Abs. 1 Nr. 4 HGB: Angabe zur durchschnittlichen Beschäftigtenzahl;
- § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB einschließlich § 314 Abs. 3 HGB: Angabe zur Organvergütung (vgl. Tz. 34) mit einer Schutzklausel nach § 286 Abs. 4 HGB;
- § 314 Abs. 1 Nr. 8 HGB: Angaben zur Entsprechenserklärung nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex für jedes in den Konzernabschluss einbezogene börsennotierte Unternehmen iSd. § 3 Abs. 2 AktG;
- § 314 Abs. 1 Nr. 9 HGB: Angaben zu den Abschlussprüferhonoraren;
- §§ 315–315d HGB: Konzernlagebericht (vgl. Tz. 35);
- Vorschriften außerhalb des zweiten Unterabschnitts des HGB zum Konzernabschluss und Konzernlagebericht, die den Konzernabschluss oder Konzernlagebericht betreffen, insbesondere die Vorschriften zur Prüfung (§§ 316–324a HGB), zur Offenlegung (§§ 325–329 HGB) und zu Sanktionen bei Verstößen gegen Rechnungslegungspflichten (§§ 331–335c HGB). Diese sind nicht Gegenstand des Regelungsbereichs der IFRS, sondern werden auch in Zukunft von der EU-Bilanzrichtlinie bzw. deren nationaler Umsetzung, ggf. ergänzt um die vom BMJV nach § 342 Abs. 2 HGB bekannt gemachten Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS), bestimmt.
Tz. 28
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Im Folgenden sollen insbesondere solche handelsrechtlichen Vorschriften diskutiert werden, die ein Pendant in den IFRS haben und bei denen es deshalb zu inhaltlichen Überschneidungen mit den Angabepflichten nach IFRS kommen kann. Die Herausforderung für die Bilanzierenden besteht darin, die Anforderungen beider Normensysteme (HGB/DRS und EU-IFRS) zu erfüllen, zugleich aber Redundanzen zu vermeiden sowie gegebenenfalls die Frage nach dem zutreffenden Ausweis von Angaben im Konzernanhang und/oder im Konzernlagebericht zu entscheiden. Prominente Beispiele für solche Vorschriften sind:
- die Aufstellung einer Anteilsbesitzliste des Konzerns nach § 313 Abs. 2 und 3 HGB und den Angabepflichten zu Anteilen an anderen Unternehmen nach IFRS 12 sowie zu nahestehenden Personen und Unternehmen nach IAS 24 (vgl. Tz. 33)
- die Angaben zur Organvergütung nach § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB und gem. IAS 24.17ff. zur Vergütung des Managements in Schlüsselpositionen (vgl. Tz. 34);
- die Risikoberichterstattung im Rahmen des Konzernlageberichts nach § 315 Abs. 2 Nr. 1 HGB (iVm. DRS 20 "Konzernlageberichte") und nach IFRS 7 Angaben zu Finanzinstrumenten (vgl. Tz. 35).
Tz. 29
Stand: EL 48 – ET: 10/2022
Werden Angaben im IFRS-Anhang (notes) gemacht, ist IAS 1.38 zu beachten, der für quantitative Angaben grundsätzlich Vergleichszahlen verlangt, für qualitative Angaben allerdings nur, sofern sie für das Verständnis des Abschlusses der laufenden Berichtsperiode von Bedeutung sind. Diese Pflicht ist auch für die zusätzlichen von § 315e HGB angeordneten handelsrechtlichen Angabepflichten zu beachten, da § 315e Abs. 1 HGB nicht auf die Anwendung von §§ 298 Abs. 1, 265 Abs. 2 HGB verweist, der Vorjahreszahlen nur für die Bilanz und die GuV, nicht aber für die Angaben im handelsrechtlichen Konzernanhang fordert (vgl. ADS, 6. Aufl., § 265 HGB, Tz. 29). IAS 1.38 unterscheidet nicht zwischen nach IFRS zwingend vorgeschriebenen und sonstigen Angaben, sodass auch für freiwillige Informationen, die in den notes aufgenommen werden, grundsätzlich Vergleichsinformationen anzugeben sind (vgl. DRS 17.13). Diese können für nur nach Handelsrecht geforderte Anhangangaben, wie zB den Angaben zur Organvergütung nach § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB, indes unterbleiben, wenn diese Angaben als spezifische HGB-Anforderungen gesondert gekennzeichnet werden, zB durch eine erkennbar von den nach IFRS zwingend geforderten Anhangangaben getrennten Darstellung oder durch eine entsprechende Kennzeichnung im Fall einer Darstellung innerhalb des IFRS-Konzernanhangs (vgl. DRS 17.13a). Allerdings empfiehlt das DRSC aus Gründen der Vergleichbarkeit bei quantitativen Angaben zur Organvergütung nach § 314 Abs. 1 Nr. 6 HGB generell Vorjahreszahlen anzugeben; ebenso bei verbalen und beschreibenden Angaben, wenn sie für das Verständnis der Angaben von Bedeut...