Tz. 59

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Zuwendungen der öffentlichen Hand fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich von IAS 20 (IAS 20.1). Die Vorschriften des IAS 20 erlauben die Erfassung von Zuwendungen der öffentlichen Hand als Ertrag, sofern hinreichend sicher ist, dass das Unternehmen die damit verbundenen Bedingungen erfüllen wird und dass die Zuwendungen gewährt werden (IAS 20.7f.). Des Weiteren verlangt der Standardsetzer in IAS 20 die Verteilung der Erträge über den Zeitraum, in dem die Aufwendungen anfallen, die durch die Zuwendungen der öffentlichen Hand (zum Teil) kompensiert werden sollen (IAS 20.12). Hinsichtlich des Ausweises der Zuwendungen für Vermögenswerte besteht ein Wahlrecht, entweder einen Passivposten zu bilden oder die Zuwendungen direkt von den Anschaffungskosten des entsprechenden Vermögenswerts abzusetzen (IAS 20.24f.).

 

Tz. 60

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Bei der Bilanzierung von Zuwendungen der öffentlichen Hand in Verbindung mit biologischen Vermögenswerten ist auf einer ersten Stufe in Bezug auf den Bewertungsmaßstab des zugrunde liegenden Bilanzierungsobjekts zu unterscheiden (vgl. Kümpel et al., in: Thiele/von Keitz/Brücks, 36. Erg.-Lfg. März 2018, IAS 41, Tz. 146). Für Zuwendungen der öffentlichen Hand, die sich auf fruchttragende Pflanzen oder auf biologische Vermögenswerte beziehen, die gem. der Verlässlichkeitsausnahme nach dem Anschaffungskosten- bzw. Herstellungskostenprinzip bewertet werden, sind die (allgemeinen) Regeln in IAS 20 einschlägig (IAS 41.2 (c), IAS 41.37f.; vgl. ferner Jessen, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 41, Tz. 31). Handelt es sich indes um Zuwendungen der öffentlichen Hand, die im Zusammenhang mit zum beizulegenden Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten bewerteten biologischen Vermögenswerten gewährt werden, sind die spezifischen Regelungen des IAS 41 anzuwenden (IAS 41.38). Bei diesen in den Anwendungsbereich von IAS 41 fallenden Zuwendungen ist zwischen bedingten und unbedingten Zuwendungen der öffentlichen Hand zu differenzieren (zweite Stufe).

Unbedingte Zuwendungen der öffentlichen Hand dürfen erst dann ertragswirksam erfasst werden, wenn die Zuwendungen einforderbar werden (IAS 41.34). Bedingte Zuwendungen der öffentlichen Hand, einschließlich der Zuwendungen für die Nichtausübung einer bestimmten landwirtschaftlichen Tätigkeit, dürfen dagegen erst dann als Ertrag erfasst werden, wenn die mit der Zuwendung verbundenen Bedingungen eingetreten sind (IAS 41.35.; vgl. auch Jessen, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 41, Tz. 30). So kann eine Zuwendung, die zB an die Bedingung geknüpft ist, eine Herde von Rindern für einen Mindestzeitraum von drei Jahren nicht zu veräußern und die andernfalls zurückzuzahlen ist, erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums als Ertrag erfasst werden. Ein weiteres Beispiel enthält IAS 41.36: Eine Zuwendung kann an die Bedingung gebunden sein, dass eine bestimmte Fläche für fünf Jahre bewirtschaftet wird. Die Zuwendung ist zurückzuzahlen, wenn die Bedingung nicht eingehalten wird. Sofern diese Rückzahlungspflicht nicht zeitanteilig entfällt, kann die Zuwendung erst mit Ablauf des gesamten Zeitraums als Ertrag vereinnahmt werden. Wurde eine Zuwendung bereits vor der Erfüllung sämtlicher Bedingungen gezahlt, ist bis zu deren Erfüllung eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe einzustellen.

 

Tz. 61

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Somit unterscheiden sich die speziellen Regelungen im Hinblick auf die bilanzielle Behandlung von Zuwendungen der öffentlichen Hand in IAS 41 von den Regelungen in IAS 20 im Wesentlichen in drei Punkten: Erstens ist in IAS 41 – im Gegensatz zu den Vorschriften des IAS 20.12 – keine Verteilung der Zuwendungen der öffentlichen Hand über den Zeitraum, in dem die bezuschussten Aufwendungen anfallen, vorgesehen. Zweitens entfällt in IAS 41 die nach IAS 20.24 zulässige Kürzung der Anschaffungskosten der bezuschussten Vermögenswerte (vgl. zur Begründung Basis for IASC’s Conclusions on IAS 41, Tz. B66f.). Drittens hat der IASB in IAS 41 im Vergleich zu den Regelungen in IAS 20 die Voraussetzungen verschärft, die zur ertragswirksamen Erfassung bedingter Zuwendungen gegeben sein müssen. Gemäß IAS 20.7 ist eine Erfassung ebendieser Zuwendungen nämlich bereits dann zulässig, wenn die Bedingungen (lediglich) mit angemessener Sicherheit (reasonable assurance) erfüllt werden (vgl. auch Jessen, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 41, Tz. 30).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?