Tz. 64

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Dem Leasingnehmer entstandene anfängliche direkte Kosten (initial direct costs) sind nach IFRS 16.24 (c) Teil der Anschaffungskosten und erhöhen damit den erstmaligen Wertansatz des Nutzungsrechts. Unter anfänglichen direkten Kosten iSd. IFRS 16 sind jene Kosten zu verstehen, die bei der Erlangung des Leasingverhältnisses entstanden sind, aber ohne dessen Abschluss nicht angefallen wären ("incremental costs of obtaining a lease that would not have been incurred if the lease had not been obtained"; IFRS 16 Appendix A (initial direct costs)). Vor diesem Hintergrund könnten sie auch als "Kosten der Vertragserlangung" (Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 10, Tz. 40) bezeichnet werden. Konkret können darunter bspw. die folgenden Kosten fallen:

  • Provisions- bzw. Kommissionsgebühren (IFRS 16.IE5 Example 13 Part 1);
  • Abfindungs- und Abschlagszahlungen an den vorherigen Mieter (IFRS 16.IE5 Example 13 Part 1; vgl. auch Lange/Müller, IRZ 2016, S. 166);
  • Zahlungen an den Leasinggeber für die Vertragsgewährung (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 190);
  • bestimmte Rechtskosten, wie etwa für die Finalisierung des Leasingvertrags (vgl. PwC, Manual of accounting, IFRS supplement 2020, Tz. FAQ 15.74.1);
  • sonstige mit dem Vertragsabschluss verbundenen Kosten iSv. success fees (vgl. PwC, Manual of accounting, IFRS supplement 2020, Tz. FAQ 15.74.1).

Aufgrund der engen Definition von "anfänglichen direkten Kosten" dürfen solche angefallenen Kosten nicht in die Erstbewertung des Nutzungsrechts einfließen, die zwar im direkten Zusammenhang mit der Erlangung des Leasingvertrags stehen und dem entsprechenden Leasingverhältnis auch einzeln zuordenbar sind, indes auch dann angefallen wären, wenn der Vertrag final nicht abgeschlossen worden wäre. Folglich werden bspw. (allgemeine) Rechtsberatungs-, Reise- oder Personalkosten, die jeweils in Gänze auch ohne erfolgreichen Abschluss des Leasingverhältnisses angefallen wären, regelmäßig nicht als anfängliche direkte Kosten iSd. IFRS 16 zu qualifizieren sein.

 

Tz. 64a

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Es ist ferner zu betonen, dass der Umfang derjenigen Kosten, die als anfängliche direkte Kosten iSd. IFRS 16 einzustufen sind, enger ist als der Umfang der Anschaffungsnebenkosten, die bei einem Erwerb eines nichtfinanziellen Vermögenswertes – bspw. beim Erwerb von Sachanlagen gem. IAS 16 oder von immateriellen Vermögenswerten gem. IAS 38 – aktiviert werden dürfen. Dies wird vor allem regelmäßig die zur Inbetriebnahme des Leasingobjekts notwendigen Kosten wie bspw. Transportkosten betreffen, da diese nicht mit dem Abschluss des Leasingvertrags an sich zusammenhängen (vgl. auch Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 192; PwC, Manual of accounting, IFRS supplement 2020, Tz. FAQ 15.74.2; Gebhardt, in: Thiele/von Keitz/Brücks, 41. Erg.-Lfg. April 2019, IFRS 16, Tz. 195; aA wohl Tettenborn/Nell, KoR 2019, S. 478f.). Zwar führt der Standardsetzer in IFRS 16.BC149 Folgendes aus: "Including initial direct costs in the measurement of the right-of-use asset is consistent with the treatment of costs associated with acquiring other non-financial assets (for example, property, plant and equipment and intangible assets)." Vor diesem Hintergrund könnte zunächst vermutet werden, dass der IASB auf eine Konsistenz zur Einbeziehung von Anschaffungsnebenkosten mit IAS 16/IAS 38, mithin auf ein vergleichbares Verständnis des Umfangs der entsprechend einzubeziehenden Kosten abzielt. Allerdings expliziert der Standardsetzer anschließend in IFRS 16.BC150 iVm. IFRS 16.BC237, dass die Definition von anfänglichen direkten Kosten iSd. IFRS 16 konsistent zur Definition von Kosten der Vertragserlangung (incremental costs of obtaining a contract) gem. IFRS 15 ist – und folglich eng auszulegen ist (zu Kosten der Vertragserlangung gem. IFRS 15 vgl. IFRS-Komm., Teil B, IFRS 15, Tz. 144–148). Dies mutet zwar widersprüchlich an. Nach unserer Lesart liegt in diesen Ausführungen des Standardsetzers indes kein Widerspruch. So dürfte der IASB mit seinen Ausführungen in IFRS 16.BC149 versuchen, allgemein darauf hinzuweisen, dass anfängliche direkte Kosten bei der Erstbewertung des zu aktivierenden Nutzungsrechts – analog zu IAS 16/IAS 38 – einzubeziehen sind. Demgegenüber stellt er in IFRS 16.BC150 implizit klar, welche Kosten darunter zu verstehen sind, indem er auf die Konsistenz zur (engen) Definition der Vertragserlangungskosten gem. IFRS 15.92 abstellt. Folglich ist eine gegenüber IAS 16/IAS 38 restriktivere Abgrenzung geboten (vgl. in diesem Sinne auch IASB, Staff Paper 3C "Leases: Initial direct costs" (May 2014), Tz. 13 (a) iVm. Tz. 20f.; so im Ergebnis auch Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 18. Aufl., § 15a, Tz. 191f.; Dollereder, 2018, S. 189–191; aA wohl Tettenborn/Nell, KoR 2019, S. 478f.).

Beim Leasingnehmer angefallene Kosten, die nicht als anfängliche direkte Kosten iSd. IFRS 16 zu q...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge