Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 142
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Am 20.07.2006 hat das International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) die Interpretation IFRIC 10 "Interim Financial Reporting and Impairment" verabschiedet. In das EU-Recht wurde diese Interpretation am 01.07.2007 übernommen.
Die Interpretation des IFRIC 10 wurde notwendig wegen des hybriden Charakters des IAS 34, der insoweit sowohl Elemente des integrativen Ansatzes als auch Elemente des eigenständigen Ansatzes vereint. Das daraus resultierende "immanente Spannungsfeld" (Hebestreit, in: Beck IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 43, Tz. 71) kommt va. im Rahmen der Bestimmungen zum Wertaufholungsverbot bei einer im Zwischenbericht erfassten Wertminderung gem. IAS 36 zum Ausdruck, dem sich der IFRIC 10 widmet.
Gemäß IAS 34.28 Satz 1 hat ein Unternehmen die gleichen Rechnungslegungsmethoden in seinem Zwischenabschluss anzuwenden wie im jährlichen Abschluss (eigenständiger Ansatz). Demnach wäre es konsequent, die in IAS 36 kodifizierten Wertaufholungsverbote auch für die Zwischenberichterstattung anzuwenden. Ein am Zwischenberichtsstichtag erfasster Wertminderungsaufwand, der bis zum Abschlussstichtag wieder weggefallen ist, dürfte somit nicht wieder aufgeholt werden. Gleichzeitig darf gem. IAS 34.28 Satz 2 die Häufigkeit der Berichterstattung eines Unternehmens – jährlich, halb- oder vierteljährlich – indes nicht die Höhe des Jahresergebnisses beeinflussen (integrativer Ansatz). Dies lässt sich erreichen, indem die Bewertungen vom Geschäftsjahresbeginn bis zum Zwischenberichtstermin fortgeführt werden (year-to date). So sind auch die Jahresabschreibungen gem. IAS 16.30 iVm. IAS 16.50 entsprechend ihrem Anfall auf die Zwischenberichtsperioden aufzuteilen und die Abschreibungen vorhergehender Zwischenberichtsperioden zu den Abschreibungen der aktuellen Zwischenberichtsperioden hinzuzufügen (vgl. Zülch/Fischer, PiR 2006, S. 175). Dementsprechend müsste für die Ermittlung eines etwaigen Wertminderungsaufwands auf die Wertverhältnisse am Abschlussstichtag abgestellt werden, damit ein unterjähriger Wertminderungsbedarf, der bis zum Abschlussstichtag wieder weggefallen ist, keine Auswirkungen auf das Jahresergebnis hätte (vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Komm., 17. Aufl., § 37, Tz. 37).
Für einen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert, bei dem in früheren Berichtsperioden ein Wertminderungsaufwand erfasst wurde, besteht nach IFRIC 10.8 ein Wertaufholungsverbot. IFRIC 10 räumt dem eigenständigen Ansatz an dieser Stelle den Vorrang ein. Das Wertaufholungsverbot beim derivativen Geschäfts- oder Firmenwert wird mit dem Ansatzverbot für selbst geschaffene (originäre) Geschäfts- und Firmenwerte gem. IAS 38.48 begründet. Das Ansteigen eines zuvor auf den erzielbaren Betrag (recoverable amount) abgeschriebenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist nach Auffassung des IASB überwiegend auf einen (nachträglichen) selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert zurückzuführen (IAS 36.125).
Tz. 142a
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Spätestens für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2017 beginnen, sind die Vorschriften des IFRS 9 zur bilanziellen Abbildung von Finanzinstrumenten verpflichtend anzuwenden (zu den Regelungen des IFRS 9 vgl. IFRS Komm., Teil B, IFRS 9). Die Neuregelungen des IFRS 9 ersetzen die zuvor geltenden Vorschriften des IAS 39. Gleichzeitig führte IFRS 9 zu Änderungen an IFRIC 10. Demnach ist IFRIC 10 nur noch für ein Wertaufholungsverbot beim derivativen Geschäfts- oder Firmenwert anzuwenden (vgl. Tz. 142) und nicht mehr – wie unter IAS 39 – für Eigenkapitalinstrumente oder bestimmte zu Anschaffungskosten gehaltene finanzielle Vermögenswerte.
Tz. 143
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Nach Auffassung des IFRIC haben die speziellen Vorschriften des IAS 36 Vorrang vor den allgemeinen Regelungen des IAS 34 (IFRIC 10.BC9). Das IFRIC verwies in diesem Kontext auch auf die Begründungen gegen eine Wertaufholung des IAS 36.BC189. Im Ergebnis werden somit zwar die gleichen Rechnungslegungsmethoden im Zwischenabschluss wie im jährlichen Abschluss angewendet, indes kann die Häufigkeit der Berichterstattung eines Unternehmens – jährlich, halb- oder vierteljährlich – die Höhe des Jahresergebnisses beeinflussen. Dies kann die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit erheblich beeinträchtigen, weshalb es uE empfehlenswert ist, freiwillige Angaben zum IFRIC 10 offenzulegen. Diesen freiwilligen Angaben wird auch von befragten Kapitalmarktexperten eine mittlere bis hohe Bedeutung beigemessen (vgl. Haenelt, 2009, S. 105). Daher sollten die zwischenberichtspflichtigen Unternehmen berichten, ob IFRIC 10 angewendet wurde. Im Falle einer Anwendung ist es zudem sachgerecht anzugeben, bei welchen Vermögenswerten der Wertminderungsaufwand nicht wieder zurückgenommen werden durfte und welche Auswirkungen dies auf das Ergebnis der Zwischenberichtsperiode hatte.
Diese auf dem eigenständigen Ansatz basierende Lösung des IFRIC darf aber nicht auf andere Sachverhalte übertragen werden (IFRIC 10.9). Das IFRIC behält sich...