Prof. Dr. Andreas Barckow
Tz. 97
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Effektivzinsmethode wird für die Ermittlung der fortgeführten Anschaffungskosten benötigt und nimmt dort eine zentrale Rolle ein. Sie dient va. der Zuordnung von Zinsaufwendungen und -erträgen über die Laufzeit der jeweiligen Finanzinstrumente (vgl. IFRS 9 Appendix A) und kommt auch bei Finanzinstrumenten zum Einsatz, bei denen sich Anschaffungswert und Rückzahlungsbetrag entsprechen (vgl. IFRS 9.IG.B.27). Normalerweise erfolgt die Amortisation von Gebühren etc. über die gesamte Laufzeit des Finanzinstruments. Die Zugrundelegung eines kürzeren Zeitraums als die vertragliche Gesamtlaufzeit bei der Ermittlung des Effektivzinses sieht der IASB dann als sachgerecht an, wenn der Risikofaktor, auf den sich die zu verteilenden Gebühren, Transaktionskosten sowie Auf- bzw. Abgelder beziehen, vor Fälligkeit an das Marktniveau angepasst wird. Als Beispiel sei ein variabel verzinsliches Instrument genannt, dessen Verzinsung alle sechs Monate an einen Referenzzins wie Euribor oder Libor angepasst wird. Zwischen den Zinsanpassungsterminen baut sich eine Zinsabgrenzung auf, die der Vorschrift nach nicht über die verbleibende Restlaufzeit, sondern bis zum nächsten Zinsanpassungstermin abgebaut werden soll. Anderweitige (nicht zinsinduzierte) Veränderungen des zu zahlenden resp. empfangenen Zinses, bspw. ein Aufschlag auf den variablen Zins infolge einer Ratingverschlechterung des Schuldners, sind hingegen über die noch verbleibende Restlaufzeit zu verteilen (vgl. IFRS 9.B5.4.4 iVm. BCZ5.69f. und IG.B.26).
Tz. 98
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Effektivzinsberechnung führt bei variabel verzinslichen Instrumenten zu einer regelmäßigen Anpassung des Effektivzinses. Das liegt daran, dass sich die ihnen zugrunde liegende Verzinsung infolge der Veränderung des Marktzinsniveaus ebenfalls ändert und damit eine Veränderung in der Zahlungsstromreihe bewirkt. Für den Fall, dass der Buchwert bei Zugang in etwa dem Nennwert des Instruments entspricht, sind aus den regelmäßig erfolgenden Zinsanpassungen idR keine nennenswerten Auswirkungen auf den Buchwert zu erwarten (vgl. IFRS 9.B5.4.5).
Tz. 99
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Kommt es nach Zugang eines festverzinslichen Finanzinstruments zu einer Schätzungsänderung im Hinblick auf die aus dem Instrument zukünftig erwarteten Zahlungen, hat das Unternehmen dessen Buchwert entsprechend anzupassen und eine etwaige Anpassung im Periodenergebnis zu erfassen. Der Unterschiedsbetrag ergibt sich der Höhe nach durch erneute Diskontierung der noch ausstehenden, nun aber revidierten Zahlungsströme mit dem ursprünglichen Effektivzins (vgl. IFRS 9.B5.4.6).
Tz. 100
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Der Unterschied in der bilanziellen Behandlung von Zahlungsstromänderungen bei variabel und festverzinslichen Instrumenten erklärt sich aus dem Umstand, dass die Veränderung der Zahlungsströme bei einem variabel verzinslichen Finanzinstrument bereits in den Ausstattungsmerkmalen angelegt ist (ie. die Zahlungsreihe wird zu jedem Zinsanpassungstermin automatisch aktualisiert). Bei festverzinslichen Titeln ist die Zahlungsreihe dagegen bereits bei Vertragsabschluss eindeutig determiniert, so dass folglich alle auftretenden Änderungen unvorhergesehen sind und zu einer Anpassung des Buchwerts, nicht aber des Effektivzinses führen (vgl. Deloitte LLP 2018, S. 357f.; für eine Diskussion der Anwendung der Effektivzinsmethode auf Inflationsanleihen und Genussrechte s. ebenda, S. 358ff.; für eine Beispielrechnung s. stellvertretend Hofbauer, IRZ 2015, S. 399ff.).
Tz. 101
Stand: EL 37 – ET: 2/2019
Die Anwendung der Effektivzinsmethode führt im Vergleich zu einer linearen Erfassung von Zinsaufwendungen bzw. -erträgen anfänglich zu niedrigeren und im weiteren Verlauf zu höheren Beträgen. Dies liegt an der der Effektivzinsberechnung inhärenten Zinseszinsdarstellung. Dies sei anhand eines Beispiels verdeutlicht (s. a. IFRS 9.IG.B.26 sowie Deloitte LLP 2018, S. 365f.):
Beispiel 15 – Zinserfassung nach der Effektivzinsmethode (ohne Veränderung):
Sachverhalt: Ein Unternehmen erwirbt ein festverzinsliches Wertpapier über nominal 1.250 GE und einer Restlaufzeit von fünf Jahren. Die Schuldverschreibung hat einen beizulegenden Zeitwert von 980 GE. Beim Kauf fallen Transaktionskosten iHv. 20 GE an, so dass der Anschaffungspreis 1.000 GE beträgt. Der Titel ist mit einem Kupon von 4,7 % ausgestattet, woraus sich jährliche Zinszahlungen von 58,75 GE ergeben (1.250 × 0,047 = 58,75). Daraus ergibt sich die folgende Zahlungsreihe, die so zu diskontieren ist, dass der Effektivzins exakt den Anschaffungskosten von 1.000 GE entspricht:
Beurteilung: Der Effektivzins ergibt sich wie folgt:
Die Auflösung der Gleichung nach ieff ergibt einen Wert von 9,972 %. Über diesen bestimmen sich nun die Verteilung des Disagios sowie der zu erfassende Zinsertrag:
|
Fortgeführte AK zu Periodenbeginn |
Effektive Zahlungen |
Rechnerischer Zinsertrag |
Fortgeführte AK am Periodenende |
Periode |
(a) |
(b) |
(c) = (a) × 9,972 % |
(d) = (a) – (b) + (c) |
1 |
1.000,00 |
58... |