Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser
Tz. 51
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Nutzungsdauer und Restwert sind mindestens jährlich zum Bilanzstichtag zu überprüfen (IAS 16.51). Wenn sich die Erwartungen von früheren Schätzungen erheblich unterscheiden, sind die entsprechenden Werte für die betrachtete Periode und für Folgeperioden gem. IAS 8 als Schätzungsänderung anzupassen. Das folgende Beispiel sieht in Fall a) die in Periode 4 bekannt werdende Nutzungsdauerverkürzung von 10 auf 5 Perioden vor. Fall b) geht von einer in derselben Periode bekannt werdenden Nutzungsdauerverlängerung auf 13 Perioden aus.
Tz. 52
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Beispiel:
Perioden |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
… |
Ursprünglicher Abschreibungsplan |
10 |
10 |
10 |
10 |
10 |
10 |
bis t = 10 |
Bisherige Abschreibungen |
10 |
10 |
10 |
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a) |
neue planmäßige Abschreibungen |
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35 |
35 |
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b) |
neue planmäßige Abschreibungen |
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7 |
7 |
7 |
bis t =13 |
Im Fall a), der Verkürzung der Nutzungsdauer, wird – wie im Beispiel dargestellt – ab dem Jahr der Änderung der Nutzungsdauer (4. Periode) der Restbuchwert auf die verkürzte Restnutzungsdauer (2 Perioden) planmäßig abgeschrieben (35 pa.). Dies entspricht IAS 8.36, wonach eine Schätzungsänderung prospektiv zu behandeln ist (s. a. IAS 8.38). Darüber hinaus stellt die Nutzungsdauerverkürzung ein Indiz dafür dar, dass gem. IAS 36 ein Wertminderungsbedarf bestehen könnte. Wird das Ereignis, das zur Neueinschätzung der Nutzungsdauer führt, dagegen erst nach dem Bilanzstichtag bekannt, handelt es sich nicht um einen werterhellenden, sondern einen wertändernden Umstand. Die Änderung der Nutzungsdauer ist daher erst im Folgeabschluss zu berücksichtigen.
Eine Behandlung der Schätzungsänderung dergestalt, dass in der Periode der Schätzungsänderung eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen wird auf jenen Wert, der sich ergeben hätte, wenn die Nutzungsdauerverkürzung bei erstmaliger Aufstellung des Abschreibungsplanes bereits bekannt gewesen wäre (cumulative-catch-up method), ist nach IAS 8.36 nicht zulässig (s. a. ADS Int 2002, Abschn. 3, Tz. 117f.; IFRS-Komm., Teil B, IAS 8, Tz. 122; für eine solche Vorgehensweise im HGB Leffson, 7. Aufl., 1987, S. 449; für § 7 EStG Moxter, 6. Aufl., 2007, S. 262; aA ADS, 6. Aufl., § 253 HGB, Tz. 423f.). Im Fall b), der Verlängerung der Nutzungsdauer, wird – wie im Beispiel dargestellt – ab dem Jahr der Änderung der Nutzungsdauer (4. Periode) der Restbuchwert auf die verlängerte Restnutzungsdauer (10 Perioden) planmäßig abgeschrieben (7 pa.). Gemäß einer anderen, im handelsrechtlichen Schrifttum diskutierten Methode ist der Restbuchwert ab dem Jahr der Veränderung jährlich mit dem Betrag abzuschreiben, der sich ergeben hätte, wenn der Vermögenswert von Anfang an auf die verlängerte Nutzungsdauer abgeschrieben worden wäre. Zugleich wird der Restbuchwert im Jahr der Verlängerung der Nutzungsdauer auf den Betrag erhöht, der sich ergeben hätte, wenn der Vermögenswert von Anfang an auf die verlängerte Nutzungsdauer abgeschrieben worden wäre. Zuschreibungen aufgrund einer Verlängerung der Nutzungsdauer sind nach den IFRS indes nicht erlaubt (vgl. auch Quick, in: MünchKommBilR IAS 16, Tz. 8; Nommensen, in: Beck IFRS-Handbuch, 6. Aufl., 2020, § 5. Sachanlagen, Tz. 110; Cairns, 2nd edition, 1999, S. 373). Mithin ist diese zweite Methode nicht zulässig.
Tz. 53
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Erhöhungen der voraussichtlichen Nutzungsdauer können mit nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verbunden sein; Verringerungen können auf technologische Änderungen oder Änderungen des Absatzmarktes zurückgehen. In beiden Fällen sind die Nutzungsdauer und die Abschreibungen in der gegenwärtigen Periode und allen künftigen Perioden anzupassen. Die Reparatur- und Instandhaltungspolitik kann ebenfalls die Nutzungsdauer oder den Restwert erhöhen. Jedoch widerspricht die Durchführung einer solchen Politik nicht der Notwendigkeit, abzuschreiben.
Tz. 54
Stand: EL 44 – ET: 06/2021
Wie Nutzungsdauer und Restwert ist die Abschreibungsmethode mindestens jährlich zum Bilanzstichtag zu überprüfen und ggf. gem. IAS 8 als Schätzungsänderung an den erwarteten wirtschaftlichen Nutzenverlauf anzupassen (IAS 16.61).