Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 225
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
IAS 12.68A ff. befasst sich speziell mit der Bildung latenter Steuern im Zusammenhang mit anteilsbasierten Vergütungen. Eine Steuerabgrenzung wird dann notwendig, wenn zwischen dem steuerlich abzugsfähigen Betrag und dem im IFRS-Abschluss erfassten Betrag zeitliche Verwerfungen (temporäre Differenzen) auftreten. Tritt der durch die Minderung der Bemessungsgrundlage verursachte Steuerminderungsanspruch erst später ein, führt dies zu einem künftigen Vorteil, der eine aktivische Steuerabgrenzung nach sich zieht (deferred tax asset).
Tz. 226
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Im Vordergrund der Ausführungen des IASB steht die Frage, ob die Steuerabgrenzung ergebniswirksam oder ergebnisneutral durchzuführen ist. In IAS 12 gelangt der IASB zu der Schlussfolgerung, dass die Steuerabgrenzung nur insoweit ergebniswirksam erfasst werden darf, als der erwartete Steuervorteil auf einer Vergütung beruht, die (auch) im IFRS-Abschluss ergebniswirksam erfasst wurde. Steuermindernde Leistungen des Unternehmens, die den im IFRS-Abschluss zu erfassenden kumulierten Aufwand für die anteilsbasierte Vergütung übersteigen, gelten nicht mehr als ergebniswirksamer Vorgang. Da die Ergebniswirksamkeit der Steuerabgrenzung vom zugrunde liegenden Sachverhalt abhängt (IAS 12.58; vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 12, Tz. 88ff.), ist der auf diesen Teilbetrag entfallende fiktive oder tatsächliche künftige Vorteil (Steuerminderungsanspruch) folgerichtig ergebnisneutral – ohne Berührung der Gewinn- und Verlustrechnung – zu behandeln. Dabei muss nicht nur im IFRS-Abschluss (während des Erdienungszeitraums), sondern auch für die Ermittlung der erwarteten Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage (ggf. bis zur Optionsausübung) mit Annahmen (Schätzungen) gearbeitet werden.
Anhang B zu IAS 12 enthält hierzu ein ausführliches Beispiel, das nachfolgend etwas verkürzt wiedergegeben wird.
Beispiel (vgl. IFRS 2.IG Beispiel 5):
Sachverhalt: Ein Unternehmen gewährt bestimmten Mitarbeitern zu Beginn des Jahres 1 Aktienoptionen. Der Erdienungszeitraum beträgt drei Jahre. Am Ende des fünften Jahres werden die Optionen ausgeübt. Der Steuersatz beträgt 40 %. Alle weiteren Informationen enthält die folgende Tabelle:
Jahr |
Vergütungsaufwand (EUR) |
Anzahl Optionen am Jahresende |
Innerer Wert je Option (EUR) |
Geschätzte zukünftige (bzw. tatsächliche; Jahr 5) Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage (EUR) |
Vergütungsaufwand kumuliert (EUR) |
1 |
188.000 |
50.000 |
5 |
50.000 × 5 × 1/3 |
83.333 |
188.000 |
2 |
185.000 |
45.000 |
8 |
45.000 × 8 × 2/3 |
240.000 |
373.000 |
3 |
190.000 |
40.000 |
13 |
40.000 × 13 × 3/3 |
520.000 |
563.000 |
4 |
0 |
40.000 |
17 |
40.000 × 17 |
680.000 |
563.000 |
5 |
0 |
40.000 |
20 |
40.000 × 20 |
800.000 |
563.000 |
Lösung: Der maßgebende Betrag für die Deckelung der ergebniswirksam zu erfassenden Steuerabgrenzung beträgt EUR 563.000; dieser Betrag entspricht dem insgesamt aufwandswirksam gebuchten Personalaufwand. Die Steuerabgrenzung, die über den Betrag von EUR 225.200 (= 563.000 * 0,4) hinausgeht, ist deshalb (ergebnisneutral) direkt gegen das Eigenkapital zu buchen.
Jahr |
Gewinn- und Verlustrechnung (EUR) |
Bilanz (EUR) |
|
Personalaufwand |
tatsächlicher Steueraufwand/ Steuerertrag (–/+) |
fingierter Steueraufwand/ Steuerertrag (–/+) |
Summe Steueraufwand/ Steuerertrag (–/+) |
Eigenkapital |
erwarteter Steuervorteil (deferred tax asset) |
1 |
188.000 |
– |
+ 33.333 (= 83.333 × 0,4) |
+ 33.333 |
– |
33.333 |
2 |
185.000 |
– |
+ 62.667 ((= 240.000 × 0,4) ./. 33.333) |
+ 62.667 |
– |
96.000 |
3 |
190.000 |
– |
+ 112.000 ((= 520.000 × 0,4) ./. 96.000) |
+ 112.000 |
– |
208.000 |
4 |
– |
– |
+ 17.200 ((= 680.000 × 0,4) ./. 208.000 ./. 46.800) |
+ 17.200 |
+ 46.800 |
272.000 |
5 |
– |
+ 225.200 (= 563.000 × 0,4) |
– 225.200 |
– |
– 46.800 + 94.800 |
– |
Summe |
563.000 |
+ 225.200 |
– |
225.200 |
94.800 |
– |
Tz. 227–230
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
(einstweilen frei)