Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking, Roman Mala'ebeh
Tz. 157
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Im August 2001 verabschiedete das Financial Accounting Standards Board (FASB) mit dem Statement of Financial Accounting Standard No. 114 (SFAS 144) Vorschriften zur Abbildung der Aufgabe von Geschäftsbereichen in den Jahresabschlüssen nach US-GAAP. Der Standard wurde durch die Kodifizierung der Accounting Standards Codification (ASC) ASC 205–20 und ASC 360–10 ersetzt. ASC 360–10 regelt unter anderem die Klassifizierung, Bewertung und der Ausweis von zur Veräußerung gehaltenen Vermögenswerten und Veräußerungsgruppen (vgl. Deloitte, October 2020, S. 92–97). ASC 205–20 enthält Regelungen zur Klassifizierung und Darstellung aufgegebener Geschäftsbereiche (vgl. Ernst & Young, April 2021, S. 26–31; Deloitte, October 2020, S. 83–91).
Durch IFRS 5 wurden weitgehende Anpassungen an US-GAAP Positionen erreicht. Dagegen wurde eine Angleichung zwischen den US-GAAP und IFRS bei der Wertminderung langfristiger Vermögenswerte, die genutzt werden, nicht weiterverfolgt, da in diesem Bereich noch erhebliche Differenzen zu konstatieren sind, die kurzfristig nicht hätten überwunden werden können (IFRS 5.IN4; IFRS 5.BC14).
Tz. 158
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Mit dem neu eingeführten Kriterium highly probable weicht das IASB terminologisch von US-GAAP ab, in dem der Begriff probable verwendet wird. Um zu verdeutlichen, dass hiermit eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % gemeint ist, wird der Begriff in ASC 360–10–45–9d) als likely to occur beschrieben. Das IASB betont jedoch, dass trotz der unterschiedlichen verwendeten Begriffe probable in US-GAAP und highly probable in IFRS 5, die Begriffe einen identischen Wahrscheinlichkeitsgrad aufweisen (IFRS 5.BC81; vgl. Tz. 32f.).
Tz. 159
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Langfristige Vermögenswerte, die gegen ähnliche Vermögenswerte getauscht werden sollen, fallen erst seit Inkrafttreten von SFAS 153 im Jahre 2005 (ersetzt durch ASC 845) unter die Kategorie held for sale. Der Tauschvorgang wird seitdem wie nach IFRS 5 behandelt.
Tz. 160
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Bei der Bewertung langfristiger Vermögenswerte und von Abgangsgruppen besteht bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich eine Übereinstimmung zwischen IFRS 5 und ASC 360–10. Währungsumrechnungsdifferenzen eines als held for sale klassifizierten ausländischen Tochterunternehmens bzw. at-equity-Investments sind nach IAS 21.49 bei der Ermittlung eines Wertminderungsbedarfs nicht zu berücksichtigen, während diese nach ASC 830–30–45–13f. dem Buchwert hinzugerechnet werden müssen (vgl. Deloitte, March 2008, S. 64; Herman/De Morais Sarmento, 2021, S. 1053). Bei der Folgebewertung und bei Planänderungen bestehen noch Differenzen in Bezug auf die Erfassung von Wertaufholungen.
Tz. 161
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Sofern es sich bei einer Abgangsgruppe um eine zahlungsmittelgenerierende Einheit handelt, sieht IFRS 5 anders als US-GAAP vor, zuerst einen der zahlungsmittelgenerierenden Einheit zugeordneten Geschäfts- oder Firmenwert vollständig abzuschreiben bevor die übrigen Vermögenswerte der zahlungsmittelgenerierenden Einheit wertberichtigt werden.
Tz. 162
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Bei Ausschüttungen von Sachwerten an Anteilseigner, sind Vermögenswerte gemäß US-GAAP zum Buchwert, ggf. vermindert um eine außerplanmäßige Abschreibung, zu bewerten. Da sich die Ermittlung eines Wertminderungsbedarfs zwischen US-GAAP und IFRS unterscheidet, kann es zu einem Bewertungsunterschied kommen.
Tz. 163
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Seit dem Accounting Standards Update No. 2014–8 (ASU 2014–8) von 2014 sind die Definitionen einer discontinued operation in IFRS 5 und ASC 205–20 prinzipiell ähnlich. Gemäß US-GAAP muss die Aufgabe eines Geschäftsbereichs mit einer strategischen Änderung verbunden sein, die bedeutende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und die finanziellen Ergebnisse eines Unternehmens hat (ASC 205–20–45–1B; vgl. auch FASB, April 2014, S. 14). Dies ist in IFRS lediglich eine implizite Annahme (vgl. PricewaterhouseCoopers, September 2015, S. 14–15). Darüber hinaus enthält US-GAAP zahlreiche Beispiele wie die Definition praktisch auszulegen ist. Ein Unterschied zwischen US-GAAP und IFRS besteht in der Definition component of an entity. Hieraus sind allerdings keine praktischen Auswirkungen zu erwarten (vgl. PricewaterhouseCoopers, September 2015, S. 14–16).
Tz. 164
Stand: EL 46 – ET: 03/2022
Allerdings hat der FASB mit der neuen ASU auch neue Angabevorschriften eingeführt, die einzeln bedeutende Bestandteile eines Unternehmens betreffen, die nicht für eine Berichterstattung als aufgegeben Geschäftsbereiche qualifizieren. Damit geht der FASB über die Vorschriften des IASB hinaus.
US-GAAP enthält Angabepflichten für den Abgang einzelner wesentlicher Unternehmensbestandteile (ASC 360–10–55–18A), die nicht als discontinued operation qualifizieren. Die erforderlichen Angaben gehen über die Anforderungen des IFRS 5 hinaus