Tz. 53

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Im framework 2010 wird ausgeführt, dass der erwartete Nutzenabfluss zur Erfüllung der Ansprüche anderer Parteien erfolgen muss. Demnach würden nur Außenverpflichtungen den Schuldbegriff des framework 2010 erfüllen. Dies ergibt sich allerdings nicht explizit aus der Definition der Schulden. Vielmehr wird die Forderung nach einer Verpflichtung gegenüber Dritten allein durch einen Nebensatz in F.4.17 (2010) erwähnt. Fraglich und unklar ist, ob diese Forderung auf alle Schulden respektive Rückstellungen übertragbar ist. Im framework 2010 wird mithin nicht abschließend und eindeutig bestimmt, ob allein Außenverpflichtungen unter den Schuldbegriff zu subsumieren und damit grundsätzlich passivierungsfähig sind, während Innenverpflichtungen keine Schulden darstellen und somit auch nicht passivierungsfähig sind (aA ua. Gantzkow/Gröner, DB 1998, S. 994, die bereits anhand des framework 2010 ein Passivierungsverbot für Innenverpflichtungen ableiten). Im framework 2018 wird mit dem zweiten Satz in F.4.29 (2018) hingegen klar gemacht, dass Schulden immer Verpflichtungen gegenüber einer anderen Partei sein müssen. Somit erfüllen nur Außenverpflichtungen den Schuldbegriff des ­framework 2018 (vgl. auch IFRS-Komm., Teil A, Kap. II, Tz. 77a).

 

Tz. 54

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In IAS 37 wird zwar in den drei Ansatzkriterien des IAS 37.14 nicht direkt gefordert, dass eine Verpflichtung gegenüber einem Dritten vorliegen muss. Allerdings ergibt sich diese Anforderung eindeutig aus den Erläuterungen bzw. Konkretisierungen zu dem ersten Ansatzkriterium in IAS 37.20. Demnach müssen die passivierungsfähigen Verpflichtungen gegenüber Dritten bestehen. Der Dritte bzw. der Gläubiger muss indes nicht namentlich bekannt bzw. genau identifizierbar sein. Vielmehr ist es ausreichend, dass der Kreis der Gläubiger identifiziert werden kann. Dabei kann gemäß IAS 37.20 im Extremfall die öffentliche Gesamtheit "Dritter" sein (vgl. auch ADS Int 2002, Abschn. 18, Tz. 32). Irrelevant für die Erfüllung dieses Kriteriums ist auch die Interessenslage der Dritten (vgl. Hachmeister/Zeyer, in: Thiele/von Keitz/Brücks (Hrsg.), IAS 37, Tz. 200)

 

Tz. 55

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Reine Innenverpflichtungen zählen somit nicht zu den Rückstellungen iSd. IAS 37. Allerdings können Innenverpflichtungen allein durch eine öffentliche Bekanntgabe des Unternehmens in eine ggf. passivierungspflichtige Außenverpflichtung münden. So stellt die Notwendigkeit der Reinigung von kontaminiertem Grund und Boden in Ermangelung gesetzlicher Vorschriften zunächst keine Außenverpflichtung dar. Durch eine öffentliche Verpflichtung, in der sich das Unternehmen zur Reinigung von kontaminiertem Grund und Boden verpflichtet, wird die nicht passivierungsfähige Verpflichtung gegenüber sich selbst (Innenverpflichtung) zu einer ggf. passivierungspflichtigen Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit ­(Außenverpflichtung). Es entsteht eine faktische Verpflichtung, deren Erfüllung sich das Unternehmen nicht mehr ohne Reputationsverlust entziehen kann (vgl. mit anderem Beispiel von Keitz/Grote/Hansmann, 2019, S. 312f.). Im Schrifttum (vgl. insb. Moxter, DStR 2004, S. 1059 und ihm folgend ua. Euler/Engel-Ciric, WPg-Sonderheft 2004, S. 149; Lüdenbach/Hoffmann, BB 2005, S. 2344ff.) wird bemängelt, dass die Bindungswirkung einer bloßen Mitteilung nicht mit der einer vertraglichen Verpflichtung vergleichbar ist. Insofern kommt der Anforderung der Unentziehbarkeit als Kriterium der Abgrenzung zwischen Innenverpflichtungen und Außenverpflichtungen eine große Bedeutung für die Rückstellungsbildung zu (ausführlich zur Anforderung der Unentziehbarkeit vgl. Tz. 48 ff.; vgl. auch Rüdinger, 2004, S. 62, der von einem entobjektivierten Außenverpflichtungsprinzip spricht).

 

Tz. 56

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Nicht passivierungsfähige Innenverpflichtungen können insofern durch ein die Unentziehbarkeit auslösendes Ereignis, welches den Anforderungen gem. IAS 37.10 und 37.17 (ausführlich hierzu vgl. Tz. 48 ff.) entspricht, in eine faktische Außenverpflichtung münden, die bei Erfüllung der sonstigen Ansatzkriterien dann rückstellungspflichtig ist. In Abbildung 2 werden die Abgrenzung und der Über­gang von rechtlichen Außenverpflichtungen, faktischen Außenverpflichtungen und Innenverpflichtungen graphisch dargestellt.

Abb. 2: Abgrenzung und Übergang rechtliche Außenverpflichtung/faktische Außenverpflichtung/Innenverpflichtung

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