Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 120
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Bei Anwendung des Neubewertungsmodells ergibt sich die Frage, wie die bisherigen kumulierten planmäßigen und ggf. außerplanmäßigen Abschreibungen/Zuschreibungen sowie die Bruttobuchwerte im Anlagenspiegel zu behandeln respektive darzustellen sind. Analog zu IAS 16.35 sind für immaterielle Vermögenswerte folgende zwei Möglichkeiten erlaubt (IAS 38.80), die im Rahmen des Annual Improvements Project 2010–2012 (vgl. Tz. 37) überarbeitet wurden:
- Der Bruttobuchwert wird zB unter Bezugnahme auf beobachtbare Marktdaten oder proportional zur Änderung des neuen Buchwertes (dem Neubewertungsbetrag) neu bestimmt und die kumulierten Abschreibungen werden als Differenz aus dem neu ermittelten Bruttobuchwert und dem Buchwert (dem Neubewertungsbetrag) ermittelt (Bruttomethode) oder
- die bisher kumulierte Abschreibung ist mit dem Bruttobuchwert zu verrechnen und der daraus resultierende Nettobetrag ist anschließend neu zu bewerten (Nettomethode). Bei der Nettomethode wird der Bruttobuchwert – anders als bei der Bruttomethode – nicht angepasst.
Der neue Buchwert der immateriellen Vermögenswerte ist bei beiden Möglichkeiten gleich. Die Unterschiede betreffen allein die Darstellung im Anlagenspiegel. Gleichwohl ist kritisch anzumerken, dass bei der Nettomethode dem Abschlussadressaten wichtige Informationen vorenthalten werden, um zB Rückschlüsse auf mögliche anstehende Ersatzinvestitionen ziehen zu können (vgl. Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 344). So sind bei der Bruttomethode im Anlagenspiegel die historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten sowie die kumulierten Abschreibungen entsprechend anzupassen. Bei der Nettomethode werden dagegen die bisherigen kumulierten Abschreibungen mit den bisherigen historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten verrechnet und anschließend bis zum Neubewertungsbetrag angepasst. Die kumulierten Abschreibungen betragen insofern bei der Nettomethode zum Zeitpunkt der Neubewertung null und werden erst in den Folgejahren wieder angesammelt (für die Darstellung der beiden Möglichkeiten anhand eines Zahlenbeispiels vgl. Kühle/Thiele, in: Internationales Bilanzrecht, IAS 38, Tz. 343f.). Aufgrund der Wortgleichheit der Vorschriften zur Behandlung der bisher kumulierten Abschreibungen für materielle und immaterielle Vermögenswerte kann hier auf die Kommentierung zu IAS 16 verwiesen werden (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 16, Tz. 34f.), zumal das Neubewertungsmodell für immaterielle Vermögenswerte kaum praktische Bedeutung hat (vgl. Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, 2017, S. 401; Ertel, IRZ 2016, S. 272).