Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 150
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Rückstellungen (provisions) sind gem. IAS 37.10 Schulden eines Unternehmens, die bzgl. ihrer Fälligkeit oder ihrer Höhe ungewiss sind. Rückstellungen sind generell im Abschluss eines Unternehmens zu erfassen, wenn aus einem vergangenen Ereignis eine gegenwärtige (rechtliche oder faktische) Verpflichtung des Unternehmens entstanden ist, die wahrscheinlich zu einem Abfluss von Ressourcen mit ökonomischem Nutzen zur Erfüllung der Verpflichtung führt, und die Höhe der Verpflichtung verlässlich schätzbar ist (IAS 37.14 sowie IAS 34.B3). Gemäß IAS 34.B4 sind Rückstellungen an Zwischenberichtsstichtagen nach den gleichen Kriterien zu erfassen und zu bewerten wie am Ende des Geschäftsjahres.
Tz. 151
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Für die Bildung einer Rückstellung muss demnach auch an Zwischenberichtsstichtagen eine rechtliche oder faktische Verpflichtung des Unternehmens zur Übertragung von Ressourcen vorliegen, die zu einem zuverlässig schätzbaren und wahrscheinlichen ökonomischen Nutzenabfluss führen wird. Die bloße Absicht oder auch die Notwendigkeit, bspw. künftig bestimmte Maschinen zu warten, verursacht gem. IAS 34.B2 keine Verpflichtung und reicht somit für die Bildung einer Rückstellung nicht (auch nicht an Zwischenberichtsstichtagen). Zum Beispiel dürfen Aufwendungen einer geplanten periodischen Wartung bestimmter Maschinen, die in einem späteren Quartal stattfinden soll, nicht im aktuellen Zwischenbericht vorgezogen werden, weil das Unternehmen rechtlich oder faktisch iSv. IAS 37 nicht zur Wartung dieser Maschinen verpflichtet ist. IAS 34.B7 enthält ein Beispiel für eine Rückstellungspflicht, die sich aus bedingten Leasingzahlungen ergibt. Bedingte Leasingzahlungen sind bspw. vom Leasingnehmer zu entrichten, wenn eine zuvor vereinbarte Bedingung eintritt. Least ein Unternehmen eine Fertigungsanlage, kann bspw. vereinbart werden, dass der Leasingnehmer eine bestimmte Leasingzahlung zu leisten hat, wenn er mit dieser Fertigungsanlage einen bestimmten jährlichen Mindestumsatz erwirtschaftet. Der Leasingnehmer hat im aktuellen Zwischenbericht eine Rückstellung für diese Leasingzahlung zu bilden, sofern bereits zum Zwischenberichtsstichtag erwartet wird, dass die vereinbarte Umsatzgrenze bis zum kommenden Abschlussstichtag – bspw. durch Extrapolation der bisherigen Umsatzerlöse des Jahres auf das gesamte Geschäftsjahr – überschritten wird (aA Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Komm., 17. Aufl., § 37, Tz. 34, die für eine unterjährige Aufwandsabgrenzung eintreten, oder Peemöller, in: Handbuch International Financial Reporting Standards 2011, 7. Aufl., Abschn. 21, Tz. 40, der eine erstmalige Berücksichtigung favorisiert, sofern die Jahresbezugsgröße erreicht wurde).
Tz. 152
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Die Bewertungen einzelner Rückstellungsarten – wie Rückstellungen für Umweltbelastungen oder Gewährleistungen – basieren häufig auf speziellen Berechnungen externer Gutachter. Aus Zeit- und Kostengründen können an Zwischenberichtsterminen idR keine neuen Bewertungsgutachten eingeholt werden. Daher reicht es an Zwischenberichtsstichtagen gem. IAS 34.C3 idR aus, die zuvor am Abschlussstichtag gebildeten Rückstellungen zu aktualisieren und nicht – wie an Abschlussstichtagen üblich – neu zu berechnen. Ergeben indes aktuelle Schätzungen des Unternehmens, dass der zurückgestellte Betrag nach oben oder nach unten zu korrigieren ist, so sind bereits gebildete Rückstellungen auch an Zwischenberichtsstichtagen erfolgswirksam anzupassen (IAS 34.C3).
Tz. 152a
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen hat ein Unternehmen gem. IAS 19.8 den Barwert der Leistungsverpflichtung (IAS 19.66) sowie den fair value des Planvermögens (IAS 19.113) zu bestimmen und anschließend zu saldieren, um die Nettoschuld aus einem leistungsorientierten Plan zu bestimmen (hierzu ausführlicher vgl. IFRS‐Komm., Teil B, IAS 19, Tz. 112 und 145). Für die Ermittlung des Barwertes der Leistungsverpflichtung wird die Zuhilfenahme von Versicherungsmathematikern empfohlen (IAS 34.C4). Im Rahmen der Zwischenberichterstattung ist es indes gem. IAS 34.C4 häufig ausreichend, die versicherungsmathematische Bewertung des vorangegangenen Abschlussstichtages durch Extrapolation fortzuschreiben, soweit bspw. keine Planänderungen vorgenommen werden.