Prof. Dr. Andreas Barckow, Jens Berger
Tz. 277a
Stand: EL 52 – ET: 02/2024
Interbankensätze (kurz: IBOR, Interbank Offered Rates) wie zB der EURIBOR spielen auf den Finanzmärkten eine wichtige Rolle. Variabel verzinsliche Kredite oder auch derivative Finanzinstrumente wie Zinsswaps basieren häufig auf diesen Referenzzinssätzen. Die vergangenen Jahre waren jedoch geprägt von Marktmanipulationen und Liquiditätsrückgängen im unbesicherten Interbankenmarkt, was dazu geführt hat, dass diese Zinssätze immer mehr infrage gestellt wurden. Im Juli 2014 präsentierte der Financial Stability Board (FSB) auf Initiative der G20 schließlich Leitlinien, wie eine Reform dieser Zinssätze erfolgen sollte. Dies löste die Maßnahmen zur Erarbeitung und Einführung neuer, alternativer Referenzzinssätze aus (wie beispielsweise des EURSTR (Euro Short-Term Rate), der im Jahr 2020 den bisherigen Referenzzinssatz EONIA (Euro Over Night Index Average) abgelöst hat). Mit dieser sog. IBOR-Reform, dh. der marktweiten Ersetzung eines bestehenden Referenzzinssatzes durch einen alternativen Zinssatz, hat sich der IASB im Rahmen eines zweiphasigen Projekts, das zu Standardänderungen an IAS 39, IFRS 9 und IFRS 7 geführt hat, auseinandergesetzt:
- Phase 1: Fragestellungen zur Finanzberichterstattung im Zeitraum vor der Ablösung eines bestehenden Referenzzinssatzes durch einen alternativen Zinssatz;
- Phase 2: Fragestellungen, die die Finanzberichterstattung im Zeitpunkt der Ablösung eines bestehenden Referenzzinssatzes durch einen alternativen Zinssatz betreffen.
In Bezug auf die erste Phase zielen die Erleichterungsvorschriften (vgl. IAS 39.102A –102O, 108G) mit Blick auf das Hedge Accounting darauf ab, dass bilanzielle Sicherungsbeziehungen trotz der Erwartung, dass ein Referenzzinssatz abgelöst wird, fortbestehen können bzw. nicht dedesigniert werden müssen. Die Erleichterungsvorschriften sind so lange verpflichtend anzuwenden, wie die Unsicherheit in Bezug auf den Zeitpunkt und die Höhe der erwarteten Zahlungsströme infolge der IBOR-Reform existiert oder bis die Sicherungsbeziehung beendet wird.
Die Standardänderungen, die mit der zweiten Phase einhergingen (vgl. IAS 39.102P –102Z1, 108H), beschäftigen sich insbesondere mit dem Fortbestand einer Sicherungsbeziehung in den Fällen, wenn ein Finanzinstrument, das als Grundgeschäft oder als Sicherungsinstrument im Rahmen einer Sicherungsbeziehung designiert ist, modifiziert wird, um den bestehenden Referenzzinssatz durch einen alternativen Zinssatz zu ersetzen (vgl. ausführlicher zur IBOR-Reform Berger/Spieles, 2019, S. 491ff., Geisel/Merz, 2019, S. 2417ff. und Geisel/Spieles, 2020, S. 1323ff.).