Dr. Stefan M. Schreiber, Prof. Dr. Dirk Simons
Tz. 129
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Optionsprogramme sehen regelmäßig Ausübungsbedingungen vor, die sich in marktbezogene und andere Leistungsbedingungen sowie Dienstbedingungen unterscheiden lassen (vgl. Tz. 45). Da die Optionsempfänger ihre Optionen nicht oder nicht vollständig finanziell vergüten, dienen die Ausübungsbedingungen primär dazu, die Leistungserbringung durch die Gegenseite, dh. die Optionsberechtigten, sicherzustellen. In diesem Sinne vertritt ein Teil der Literatur die Auffassung, dass die Ausübungsbedingungen den beizulegenden Zeitwert der Optionen nicht reduzieren dürften. Im Gegensatz dazu vertreten andere Beiträge die Auffassung, Ausübungsbedingungen seien wertmindernd zu berücksichtigen, weil durch die im Vergleich zu herkömmlich gehandelten Optionen zusätzlichen Bedingungen die Wahrscheinlichkeit einer Ausübung vergütungshalber gewährter Optionen reduzieren würden. Darüber hinaus bezöge das bilanzierende Unternehmen bereits im Gewährungszeitpunkt diese gestiegene Ausfallwahrscheinlichkeit in sein Vorteilhaftigkeitskalkül ein (IFRS 2.BC172ff.). Aus deutscher Perspektive ist festzuhalten, dass das Aktienrecht neben einer mindestens vierjährigen Dienstbedingung auch Leistungsbedingungen einfordert. Daraus kann gefolgert werden, dass die Ausübungsbedingungen als Gegenleistung für den erforderlichen Bezugsrechtsausschluss angesehen werden können (vgl. auch Ramscheid, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl., § 24, Tz. 3). Weiterhin ist die Bewertungsrelevanz von Rückforderungsvereinbarungen (Clawback-Klauseln) zu hinterfragen. Dabei ist festzustellen, dass Clawback-Klauseln keine (zeitlich nachverlagerten) Ausübungsbedingungen sein können. Eine potentielle Rückabwicklung anteilsbasierter Vergütungen hat somit keinen Einfluss auf die Bewertung der Optionen (vgl. Baumeister, BFuP 2022, S. 51f.).
Tz. 130
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Es gilt eine modifizierte Bewertung im Gewährungszeitpunkt (modified grant date method). Dabei wird eine Zuordnung der verschiedenen Ausübungsbedingungen zum Mengen- oder zum Wertgerüst des Optionsprogramms vorgenommen. Während die marktbezogenen Ausübungsbedingungen bewertungsrelevant sind, beeinflussen nicht marktbezogene Leistungsbedingungen und Dienstbedingungen das Mengengerüst, dh., die Anzahl Optionen, deren Ausübung erwartet wird (IFRS 2.19–21). Diese Anzahl ist im Zeitablauf angesichts neuer Informationen zu revidieren.
Tz. 131
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Faktoren, die lediglich aus Sicht des individuellen Optionsempfängers wertrelevant sind, aber nicht von Kapitalmarktteilnehmern zur Optionspreisfindung herangezogen würden, keine Berücksichtigung bei der Bewertung finden (IFRS 2.B10).
Tz. 132
Stand: EL 50 – ET: 06/2023
Die modifizierte Bewertung im Gewährungszeitpunkt eröffnet erhebliche bilanzpolitische Spielräume, da durch die Gestaltung der Ausübungsbedingungen die Höhe des zu verrechnenden Personalaufwandes beeinflussbar ist. Dabei erstreckt sich der Spielraum nicht nur auf die Wahl des Modells, sondern auch auf die Vorgabe der Parameterwerte in den einzelnen Modellen. Kleine und leicht argumentierbare Schätzungsänderungen können zu starken Veränderungen des Wertansatzes führen (vgl. Pirchegger, RIW 2005, S. 352; Coller/Higgs, FAJ 1997, S. 32). Der IASB nimmt dieses Problem zur Kenntnis, schließt sich jedoch aus pragmatischen Überlegungen der Vorgehensweise des FASB an. Betrachtet man das Zusammenspiel von Leistungsbedingungen und Ausübungszeitraum, so werden Schätzfehler verringert (Kanne/Uhrig-Homburg, A&F 2020, S. 379ff.).