Tz. 47

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

Gem. IFRIC 12.16 kommt das Modell des finanziellen Vermögenswerts zur Anwendung, wenn der Betreiber einen vertraglichen Anspruch auf einen Geldbetrag oder einen anderen finanziellen Vermögenswert hat. Nach diesem Modell wird die Dienstleistung, die sich auf die Errichtung der Infrastruktureinrichtung bezieht (Bauleistung), gem. IFRS 15 bilanziert. Die Gegenleistung, die der Betreiber für andere Dienstleistungen erhält, wird in Tz. 63ff. behandelt (vgl. Tz. 63ff.).

 

Tz. 48

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

IFRIC 12.19 schreibt vor, dass die an den Betreiber zu zahlende Gegenleistung während der Bautätigkeit nicht als Forderung, sondern als Vertragsvermögenswert zu klassifizieren ist. Eine Bilanzierung als Forderung kommt nach IFRS 15 erst dann in Betracht, wenn der Betreiber einen unbedingten Zahlungsanspruch hat, dh. nur noch der Zeitablauf erforderlich ist bevor die Zahlung fällig ist (IFRS 15.108). IFRIC 12.16 führt aus, dass der Betreiber dann einen unbedingten Zahlungsanspruch hat, wenn der Konzessionsgeber sich gegenüber dem Betreiber vertraglich zur Zahlung eines bestimmten oder bestimmbaren Betrags oder des Differenzbetrags (falls ein solcher existiert) zwischen den von den Nutzern für die öffentlichen Dienstleistung gezahlten Beträgen und bestimmten oder bestimmbaren Beträgen verpflichtet hat, auch wenn die Zahlung dieses Differenzbetrages davon abhängt, ob der Betreiber bestimmten Qualitäts- oder Effizienzanforderungen genügt. Eine Sichtweise wäre, dass die Regelungen in IFRIC 12.16 sich nur auf die Wahl des anzuwendenden Modells beziehen (Modell des finanziellen Vermögenswertes oder Modell des immateriellen Vermögenswertes), nicht aber auf die Wahl des Zeitpunkts, wann eine Umgliederung von einem Vertragsvermögenswert in eine Forderung zu erfolgen hat (vgl. PwC, 2021, Tz. FAQ 34.40.1; Ernst & Young, 2021, Chapter 25, Section 4.2). Nach dieser Sichtweise wäre der Zahlungsanspruch nicht unbedingt, wenn der Betreiber zunächst eine andere Leistungsverpflichtung im Vertrag erfüllen muss, bevor er einen Anspruch auf Zahlung durch den Kunden hat. Der Betreiber würde dann eine Forderung im Anwendungsbereich von IFRS 9 nur erfassen, wenn und soweit die Zahlung nicht von der künftigen Erbringung von Betriebsleistungen abhängig ist. Nach einer anderen Sichtweise ist IFRIC 12.16 so auszulegen, dass eine Variabilität in der Gegenleistung, die auf Qualitäts- oder Effizienzanforderungen oder die Verpflichtung des Betreibers zukünftige Betriebsleistungen zu erbringen, zurückzuführen ist, mit einem unbedingter Zahlungsanspruch im Sinne von IFRS 15 vereinbar sein kann (vgl. PwC, 2021, Tz. FAQ 34.40.1). Nach dieser Sichtweise wäre eine Umgliederung vom Vertragsvermögenswert in eine Forderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt als nach der zuerst genannten Sichtweise zulässig. Aufgrund der Art der Vertragsstrafen, die in Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen auferlegt werden, glauben wir, dass in der Praxis der Betrag, der dem Betreiber im Austausch für Bauleistungen geschuldet wird, oft über den Zeitraum, in dem die anderen Leistungsverpflichtungen des Vertrags durch den Betreiber erfüllt werden, und nicht bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bautätigkeit abgeschlossen ist, von einem Vertragsvermögenswert in eine Forderung umgegliedert wird (Ernst & Young, 2021, Chapter 25, Section 4.2.).

 

Tz. 49

Stand: EL 46 – ET: 03/2022

IFRS 9.5.1.1 schreibt vor, finanzielle Vermögenswerte beim erstmaligen Ansatz mit dem beizulegenden Zeitwert (zuzüglich oder abzüglich der Transaktionskosten) zu bewerten. Der bei der Berechnung des beizulegenden Zeitwerts zu verwendende Abzinsungssatz sollte den Zeitraum bis zur Fälligkeit der Zahlungen und das Kreditrisiko der Gegenpartei (der öffentlichen Hand) berücksichtigen. Eine Risikoadjustierung im Hinblick auf etwaige Vertragsstrafen sollte nicht erfolgen, da eine Forderung gemäß IFRS 15.108 ja auch nur dann erfasst werden kann, wenn ein unbedingtes Recht auf eine Gegenleistung besteht, dh. wenn lediglich der Zeitablauf bis zur Fälligkeit der Zahlung erforderlich ist. Jedwede Differenz zwischen der erstmaligen Bewertung des finanziellen Vermögenswerts nach IFRS 9 und dem entsprechenden Betrag der nach IFRS 15 als Vertragsvermögenswert erfassten Umsatzerlöse ist als Aufwand zu erfassen ist. Eine solche Differenz kann sich zB ergeben, wenn sich die Bau- oder Modernisierungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum erstrecken (wie dies bei vielen Infrastrukturprojekten der Fall ist) und sich die Marktzinssätze zwischen dem Zeitpunkt des Beginns der Bauleistungen und dem Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung der Forderung ändern. Auch können sich Differenzen insoweit ergeben als dass der beizulegende Zeitwert nach IFRS 9 auf marktüblichen Zinssätzen basiert, während aufgelaufene Zinsen, die als Teil des Vertragsvermögenswertes nach IFRS 15 erfasst werden, anhand des vertragsspezifischen Zinssatzes bestimmt werden. Dieser vertragsspezifische Zinssatz gemäß IFRS 15.64 muss der Kre...

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