Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Isabel von Keitz
Tz. 38
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Der IASB hat in IAS 38.18 und IAS 38.21 für alle immateriellen Güter, die in den Anwendungsbereich von IAS 38 fallen (vgl. Tz. 4–13), ein Ansatzgebot bestimmt, wenn die drei folgenden Ansatzkriterien kumulativ erfüllt sind:
1) |
Das Gut ist ein immaterieller Vermögenswert (intangible asset) iSd. Definition des IAS 38.8–17; |
2) |
der künftige wirtschaftliche Nutzen aus dem immateriellen Vermögenswert fließt dem Unternehmen wahrscheinlich zu und |
3) |
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des immateriellen Vermögenswertes können verlässlich bestimmt werden. |
Für immaterielle Güter (intangible items), die mindestens eines der drei Aktivierungskriterien nicht erfüllen, besteht ein Aktivierungsverbot (IAS 38.68). Ausgaben für diese nicht aktivierungsfähigen immateriellen Güter sind direkt bei ihrem Anfall aufwandswirksam in der GuV zu erfassen (ausführlich vgl. Tz. 70–73).
Tz. 39
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die Ansatzvorschriften gem. IAS 38 entsprechen fast wortgleich den allgemeinen Ansatzvorschriften des alten Conceptual Framework (CF.4.38 (2010)) und auch denen für Sachanlagen gem. IAS 16. Im Unterschied zu IAS 16 wird in IAS 38 durch zahlreiche Vorschriften die Anwendung dieser allgemeinen Ansatzvorschriften für immaterielle Güter konkretisiert. Dies verdeutlicht, dass der IASB die Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten im Vergleich zu anderen, insbesondere materiellen, Vermögenswerten als mitunter problematischer einschätzt.
Für die Erläuterung der Anwendung der Ansatzkriterien differenziert der IASB zwischen den Zugangsarten
- separate Anschaffung (inkl. Tausch) (vgl. Tz. 41–45),
- Anschaffung im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses (vgl. Tz. 46–53) und
- Herstellung (vgl. Tz. 54–74).
Der IASB konkretisiert für jede der genannten Zugangsarten, ob und in welchen Fällen die Ansatzkriterien erfüllt sind. Vor allem für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte werden weitere Ansatzkriterien genannt, die kumulativ erfüllt sein müssen (vgl. Tz. 54–74). Für einzelne selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte bestimmt der IASB ein generelles Ansatzverbot (vgl. Tz. 70–73).
Tz. 40
Stand: EL 42 – ET: 11/2020
Die Frage, ob ein immaterielles Gut ansatzpflichtig ist, wird in der Systematik des IAS 38 – in Abhängigkeit der Zugangsart – über verschiedene Stufen geklärt (vgl. Abb. 1). Die allgemeinen Ansatzkriterien für (immaterielle) Vermögenswerte (erste Stufe) werden auf einer zweiten Stufe je nach der Zugangsart eines immateriellen Vermögenswertes konkretisiert. Auf einer weiteren dritten Stufe werden dann verschiedene selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte mit einem Ansatzverbot belegt. Diese stufenweise Konkretisierung der Ansatzvorschriften ergibt sich aus der konsequenten Anwendung der Ansatzvorschriften der jeweils vorgelagerten Stufe. Erklärte Absicht des IASB war es, hierdurch in IAS 38 einheitliche Ansatzvorschriften für alle immateriellen Vermögenswerte unabhängig von der Zugangsart zu bestimmen (IAS 38.BCZ40). Ob dem IASB dies gelungen ist, wird im Folgenden bei der Analyse der Ansatzkriterien differenziert für die Zugangsarten untersucht.
Abb. 1: Ansatz von immateriellen Vermögenswerten nach IAS 38